Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier
lachte.
Einige der Piraten fielen in sein Gelächter ein, doch ein paar von ihnen musterten Soledad erwartungsvoll.
»Ich kann nicht verlangen, dass ihr mir mehr Aufmerksamkeit schenkt, als mir in dieser Runde zusteht«, ergriff sie wieder das Wort. »Ihr sollt alles erfahren - doch erst, nachdem ich durch einen Sieg über Kenndrick bewiesen habe, dass ich würdig bin, vor euch zu sprechen.«
Der Geisterhändler beugte sich zu Walker hinüber.
»Ein kluger Plan«, flüsterte er anerkennend.
»Einer, der sie um Kopf und Kragen bringen wird«, entgegnete Walker.
»Das ist nur ein alberner Trick«, rief Kenndrick in den Kreis der Antillen-Kapitäne. »Sie täuscht euch, indem sie euch den Mund wässrig macht.«
»Nein«, sagte Rouquette und ließ Soledad dabei nicht aus den Augen. »Sie hat Recht.«
Einige Kapitäne murmelten, andere nickten.
Kenndrick beugte sich aufgebracht vor. »Aber sie…«
»Sie ist Scarabs Tochter«, unterbrach ihn der Ratsälteste, »du selbst hast das bestätigt. Andererseits hast du uns ein gutes Angebot unterbreitet, Kenndrick, auch dem gebührt unsere Anerkennung. Wohl keiner von uns hätte dir einen solchen Plan zugetraut. Und wenn es stimmt, dass Tyrone dabei auf unserer Seite stehen wird, werden wir nicht zögern, uns der Sache anzuschließen.«
»Wovon redet er?«, flüsterte Walker und starrte Rouquette an, als könnte er die Antwort von seinen Zügen ablesen.
Der Geisterhändler schwieg, aber in seiner Miene lag eine Besorgnis, die sich jetzt nicht mehr allein auf Soledad richtete.
Tyrone war augenscheinlich noch nicht auf Saint Celestine eingetroffen. Doch falls es Kenndrick tatsächlich gelungen war, ein Bündnis mit ihm einzugehen, dann hatte der Piratenkaiser hier im Rat der Antillen-Kapitäne die besseren Karten.
»Aber«, sprach Rouquette weiter, »auch wenn wir mit dir ein Bündnis eingehen würden, bedeutet das nicht, dass wir unsere Ohren vor der gerechten Forderung der Prinzessin verschließen können.«
Galliano schenkte ihm ein beipflichtendes Nicken, und nach und nach stimmten die übrigen Kapitäne zu.
Ob es ihr Ehrgefühl war, das Rouquette mit seinen Worten ansprach, oder nur ihre Vorfreude auf einen Zweikampf, blieb ungewiss.
»Das ist lächerlich!« Kenndrick schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich komme hierher, verspreche euch sagenhaften Reichtum und einen Sieg über die Spanier, und ihr verlangt, dass ich mich einem Duell stelle mit… mit einem halben Kind!« Er spuckte über den Tisch hinweg in Soledads Richtung.
»Wenn du ablehnst«, sagte Galliano und lächelte listig, »könnte das bedeuten, dass an ihren Vorwürfen etwas Wahres ist. Bedenke das, Kenndrick.«
Soledad nutzte die Gelegenheit und schlug in dieselbe Kerbe. »Ich sage euch, er ist ein Feigling! Aus dem Hinterhalt morden, das kann er. Aber ihr hört es selbst: Er hat nicht mal den Mumm, sich einer Frau im Kampf zu stellen.«
Kenndrick sprang auf. Offenbar sah er jetzt seine Position gefährdet. »Dies hier ist weder der Ort noch die Zeit, um -«
»Es ist nicht an dir, darüber zu urteilen«, sagte einer der anderen Kapitäne, ein Mann mit feuerrotem Haar und gezackten Narben auf beiden Wangen.
»Du bist Gast hier im Rat. Uns bleibt es vorbehalten, die Rechtschaffenheit der Prinzessin zu beurteilen, nicht dir.«
Erneut wurde zustimmendes Gemurmel laut.
»Damit ist es entschieden«, rief Rouquette in die Runde. »Kenndrick muss die Herausforderung der Prinzessin annehmen. Der Kampf wird hier und jetzt ausgetragen. Gibt es Einwände?«
Kenndrick sah aus, als hätte er sogar eine ganze Menge davon, presste aber verbissen die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf.
Soledad ließ sich ihren Triumph nicht anmerken. Sie nickte Rouquette zu, nahm aus dem Augenwinkel wahr, dass Galliano ihr anzüglich zuzwinkerte, und baute sich selbstbewusst vor Kenndrick auf.
»Hier und jetzt«, wiederholte sie finster.
Rouquette hob eine Hand und brachte die Männer abermals zum Schweigen. »Da Kenndrick zu diesem Kampf herausgefordert wurde, obliegt ihm die Wahl der Waffen.«
Kenndrick stemmte sich mit geballten Fäusten auf die Tischplatte. Seine Blicke durchbohrten Soledad wie Stahlklingen. Dann lächelte er.
»Enterhaken.«
Der Kannibalenkönig
»Dieser Mistkerl!«, fluchte Walker und hatte Mühe, sich nicht auf Kenndrick zu stürzen. Einer der Wächter hatte noch immer eine Pistole auf ihn gerichtet. »Er weiß ganz genau, dass sie mit einem Enterhaken keine Chance gegen ihn
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