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Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Titel: Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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mehr dort draußen. Ich habe keine Ahnung, was geschähe, wenn sich der Mahlstrom von einer Minute zur nächsten schließen würde. Falls die Mission der Quappen Erfolg hat und es irgendwelche unmittelbaren Folgen für uns hätte, werden wir es wohl auf die eine oder andere Weise bemerken, denkst du nicht auch?«
    Griffin nickte nachdenklich, doch in Wahrheit waren seine Gedanken schon anderswo: draußen über dem Meer, über einem brüllenden Abgrund aus rotierenden, schäumenden Wassermassen. Und bei einem Mädchen, das dem allen allein gegenüberstand.
    Der Hauptmann ließ ihn am Boden absteigen und lenkte seinen Rochen gleich wieder empor in die Lüfte.
    Griffin winkte ihm nach, dann wandte er sich der Hand voll Rochen zu, die mit ausgebreiteten Schwingen am Nordrand des kleinen Platzes lagen. Ihre Reiter waren tot oder verwundet, und nicht wenige der Tiere waren durch Klabauterlanzen oder Pistolenschüsse verwundet worden.
    Er wählte einen Rochen aus, der bis auf ein paar Kratzer unverletzt war, tätschelte ihm den flachen Schädel und stieg in den Sattel.
    »Hier, fang!«, rief einer der Hortknechte, die sich um die Tiere kümmerten. Er warf Griffin einen Säbel zu. »Wir haben keine Schützen mehr am Boden. Du wirst allein zurechtkommen müssen.«
    Griffin schob den Säbel in eine Scheide am Sattel. Mit einem Pfiff und einem geflüsterten Kommando ließ er den Rochen in einem engen Halbkreis aufsteigen. Staub wölkte unter ihm empor, als die weiten Schwingen die Luft über dem Boden aufpeitschten.
    Augenblicke später war er auf dem Weg zur anderen Seite der Stadt. Von oben warf er einen letzten Blick auf seine fechtenden Freunde auf dem Wall. Zuletzt zog er den Rochen herum, flog hinaus über das Wasser und ritt über das zerfasernde Dach des Nebelrings wie über eine Wiese aus weißem Gras, bis er unter sich die offene See liegen sah.
    In weiter Ferne verschleierte Dunst den Horizont wie ein graues Gebirge, dessen Gipfel sich dauernd verschoben, aufstiegen und wieder absackten, auseinander flossen und erneut an Form gewannen. Die Ausläufer des Mahlstroms würden Aelenium bald erreichen.
    »Flieg so schnell du kannst«, rief er dem Rochen zu, aber eigentlich war es mehr eine Aufforderung an sich selbst. »Bring mich zum Mahlstrom.«
    Soledad durchbohrte einen Piraten mit dem Säbel, als er den Wall erklomm und siegesgewiss die Klinge schwenkte.
    Was für ein Dummkopf!, dachte sie bitter. Es ist eine Armee von Dummköpfen, die uns besiegen wird. Das machte die Niederlage noch schmerzlicher, ganz gleich, dass der Ausgang derselbe blieb.
    Walker und Buenaventure kämpften auf dem Kamm des Walls, als wären sie eben erst frisch in die Schlacht geeilt. Dabei waren sie so erschöpft wie Soledad selbst, und was sie an Kraft aufbrachten und den Gegnern entgegenwarfen, war nichts als ein letztes Aufbäumen.
    Viele Verteidiger waren gefallen, erst im Kampf mit den Klabautern und nun in der Schlacht gegen Piraten und Kannibalen. Teile des Walls, so hieß es, waren bereits überrannt, drüben auf der anderen Seite der Stadt. Graf Aristoteles, der dort die Verteidigung angeführt hatte, war erschlagen worden, und mit ihm mehrere menschliche Mitglieder des Rates. Es war nur eine Frage der Zeit, wann die ersten Feinde den Gipfel erklimmen und die Fluchthallen im Kern stürmen würden. Mit Aeleniums Frauen und Kindern würden auch die letzten Hoffnungen sterben. Was für einen Sinn machte es, auf dem Wall für den Sieg zu fechten, wenn jene, für die man kämpfte, von den barbarischen Horden getötet wurden?
    Das alles war so vollkommen anders als die Geschichten, die Soledad früher von glorreichen Schlachten gehört hatte. Nichts von alldem hier hatte mit Ehre zu tun, mit Stolz oder gar mit Heldenmut.
    Soledad fühlte sich nicht wie eine Heldin, wenn sie einen Gegner erschlug, nur wie jemand, der eine weitere Minute oder zwei gewonnen hatte; sie bezweifelte, dass es ihren Feinden anders erging. Die Kannibalen, die von Gerüchten und Legenden aller Menschlichkeit entkleidet worden waren, erwiesen sich letztlich als gewöhnliche Männer, die für ihre Sache kämpften und fielen.
    Gewiss, sie waren schrecklich anzusehen mit ihrer Bemalung und den grausamen Trophäen, die um ihre Schultern und Hüften baumelten. Doch in gewisser Weise ähnelten sie den Klabautern, denn auch sie wurden von anderen in die Schlacht getrieben.
    Tyrone hatte die Oberen der Stämme auf seine Seite gezogen, hatte an ihren Ritualen teilgenommen,

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