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Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Titel: Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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können.
    Die Klabauter beförderten sie mitsamt dem Netz durch die Öffnung. Jolly stolperte und verhedderte sich dabei noch schlimmer in den Maschen. Mit einem Fluch stürzte sie eine Schräge aus glattem Gestein hinunter. Über sich hörte sie die Schreie der beiden Klabauter, die sie gestoßen hatten. Als sie für einen Moment benommen liegen blieb, sah sie Aina allein in dem offenen Spalt stehen.
    »Verzeih ihnen«, sagte das Mädchen verärgert. »Sie sind grobschlächtige Kreaturen. Ich habe sie für ihre Rohheit bestraft.«
    Jolly sah nicht, was Aina mit den Klabautern angestellt hatte, aber da beide verschwunden waren, konnte sie es erraten. Die Kaltblütigkeit ihrer Gegnerin erschreckte sie aufs Neue.
    Sie zerrte sich das Netz vom Gesicht, damit Aina den Hass in ihren Augen sehen konnte. »Wie lange soll ich hier bleiben?«
    »Nicht lange. Die Schlacht um Aelenium wird bald entschieden sein. Danach werden wir die Siedlungen an der Küste überrennen, und dann… nun, wir werden sehen.«
    »Wie hat er es geschafft? Ich meine, wie hat dich der Mahlstrom auf seine Seite gezogen?«
    Aina legte erneut den Kopf schräg, wie sie es oft tat, wenn sie sich über etwas wunderte. »Du begreifst noch immer nicht, oder?«
    Jollys Magen krampfte sich zusammen. »Dann erklär es mir.«
    »Nicht jetzt.« Kopfschüttelnd trat Aina zurück und gab ihren Kreaturen ein Zeichen. »Ich komme wieder. Dann reden wir.«
    Ein Knirschen verriet, dass die Hebel abermals angesetzt wurden. Der Spalt wurde enger.
    »Und Munk?«, brüllte Jolly. Ihre Beine strampelten das Netz ab, aber es war zu spät, um jetzt noch nach oben zu laufen. »Was ist mit Munk?«
    Aina machte eine Handbewegung, und der Felsblock verharrte für die Länge einiger Atemzüge. »Munk?«, fragte sie mit ehrlichem Erstaunen. »Aber ich bin doch seine Freundin!«
    Sie lachte nicht, lächelte nicht einmal, als sie zurücktrat und den Spalt endgültig freigab. Die Ernsthaftigkeit in ihren blassen Zügen entsetzte Jolly mehr als alles andere, das in diesen Augenblicken geschah.
    Sie rief Ainas Namen, doch es war zu spät. Die Felskugel rollte vor die Öffnung. Im letzten Moment schoss etwas Leuchtendes durch den Spalt. Dann versiegelte der Felsblock mit einem dumpfen Rumpeln die letzte Lücke und blieb tonnenschwer liegen.
    Ruhe kehrte ein. Von draußen drangen keine Geräusche durch das Gestein, und auch um Jolly herum rührte sich nichts. Sie blinzelte Tränen fort, die ihr mehr vor Wut als aus Furcht in die Augen stiegen. Verschleiert richtete sich ihr Blick auf die Hand voll Leuchtfische, die über ihr schwebte wie ein glühender Insektenschwarm.
    »Ihr?«, fragte sie schwach, aber nicht einmal darüber konnte sie sich freuen. Stattdessen blickte sie über ihre Schulter, in die einzige Richtung, die ihr jetzt noch offen stand.
    Da war eine lang gestreckte Höhle, deren Ende sie nicht ausmachen konnte.
    Mit bebenden Knien rappelte sie sich auf und sah ein letztes Mal zu der versperrten Öffnung empor. Die Formation der Fische explodierte, für einen Moment schwirrten sie wild durcheinander und bildeten dann über Jollys Kopf einen dicht gedrängten Ball aus Licht.
    Jolly hätte ihre Hilfe nicht benötigt. Die Quappensicht wirkte auch im Inneren des Berges.
    Erst zögernd, dann immer entschlossener, machte sie sich auf den Weg, tiefer in die leblose Stille des Klabauternestes.

Zwei Giganten

    Der Herr der Klabauter zog seine Kreise um die Stadt. Nicht weit unter der Oberfläche, von oben gerade noch als Schatten zu erkennen, glitt er durch das aufgepeitschte Wasser. Griffin lenkte den Rochen hinter ihn, etwa fünf Mannslängen oberhalb der Wellen, und folgte seinem Kurs. So nah bei ihm war der Regen aus toten Fischen eine widerliche, oft auch schmerzhafte Angelegenheit - abgesehen davon, dass er Griffins Sicht behinderte. Die schuppigen Leiber glitzerten und blendeten im Licht der aufgehenden Sonne.
    Ismael hinter ihm hörte gar nicht mehr auf zu fluchen. Jedes Mal, wenn er eine der Büchsen hob, fiel ein Fischkadaver auf den Lauf und drückte ihn nach unten. Einen gezielten Schuss abzugeben war inmitten dieses stinkenden Chaos unmöglich.
    »Ich weiß wirklich nicht, ob das eine gute Idee war«, brüllte der Schütze über den Lärm.
    »Die Furcht vor ihrem Meister ist es, die die Klabauter vorwärts treibt.« Griffin wich mit dem Kopf den peitschenden Armen eines Oktopus aus, der vor ihm vom Himmel fiel. Mit der linken Hand wischte er den Kadaver vom Leib des

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