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Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Titel: Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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du mir deinen verrätst.«
    »Kangusta«, brüllte der Schlund. »Kangusta die Grosssse!«
    »Kangusta . Und du kannst dich nicht selbst befreien?«
    »Nein, nein, nein.«
    »Wie soll ich dir helfen?«
    »Reisssss den verfluchten Berg ein! Den ganzen verfluchten Berg!«
    »Dazu bin ich zu klein. Und wenn du es schon nicht kannst .«
    Kangusta stieß ein Fauchen aus, das in der Grotte eine starke Strömung erzeugte. Die Leuchtfische, die sich angstvoll an Jolly schmiegten, wurden durcheinander gewirbelt.
    »Ich stecke fesssst!«
    »Das kann ich sehen.«
    »Er hat mir das angetan. Hat meine Brut dazu angestachelt, sich gegen die eigene Mutter zu wenden .«
    Die Bestie mochte schwerfällig wirken, aber Jolly hütete sich, sie zu unterschätzen. Ein gefangener Koloss, gewiss - aber da war auch Durchtriebenheit in ihrer Stimme, der Unterton einer grausamen Verschlagenheit.
    »Gibt es denn einen Weg hier hinaus?« Das war plump und womöglich verfrüht, aber sie konnte die Gegenwart dieser Scheußlichkeit nicht länger ertragen. »Einen Weg, auf dem wir zusammen entkommen können?«
    Ein Grollen drang aus dem Maul. Es klang wie Lava, die aus einem Vulkan emporschießt.
    Sie lacht, durchfuhr es Jolly entsetzt. Sie lacht mich aus.
    »Ich kann dich sehen, kleines Tier. Du bisssst wie sie. Wie das, was sie einmal waren.«
    Jolly hatte bereits begonnen, nach einer zweiten Öffnung in den Grottenwänden Ausschau zu halten, als Kangustas Worte sie aufrüttelten. »Wen meinst du?«, fragte sie, nun nicht mehr ganz so entschlossen wie zuvor.
    »Sie! Sie! Die kleinen Tiere, die gekommen sind… Kleine Tiere wie du. Und dann… Und dann…« Sie verstummte, aber das Maul stand noch immer sperrangelweit offen.
    »Was ist dann passiert?«
    »Warum stellst du solche Fragen, kleines Tier?« Sie sprach es kleinesssss aus, und es klang schmatzend und schauderhaft. »Du solltest es wissen. Bist wie sie.«
    »Wie viele sind damals hergekommen?«
    »Eines und zwei kleine Tiere. Erst eins. Später zwei.«
    Damit bestand kaum noch Zweifel, dass sie von Aina und den beiden anderen Quappen sprach, die vor Urzeiten angetreten waren, den Mahlstrom zu bezwingen. Möglicherweise war nicht alles, was das Mädchen gesagt hatte, gelogen gewesen.
    Kangustas Stimme wurde leiser und lauernd. »Du musst mir helfen, kleines Tier. Dann vielleicht… ja, vielleicht erzähl ich dir alles.« Allesssss, sagte sie.
    »Ich bin zu schwach. Ich kann den Berg nicht zerstören.«
    »Dann finde einen Weg, es zu tun.«
    »Ich habe keine Macht dazu.«
    »Macht?« Wieder dieses grollende, steinern klingende Gelächter. »Oh, die hast du gewiss. Ich habe es gesehen, damals. Habe gesehen, wie die Tiere gekämpft haben. Ihn eingesperrt haben. Hab’s gesehen.«
    Damals musste Kangusta schon hier gefangen gewesen sein. Wie also konnte sie irgendetwas dort draußen mit angesehen haben?
    »Ich sehe vieles«, sagte die Klabautermutter, als wollte sie auf Jollys unausgesprochene Frage antworten. »Kann durch die Felsen blicken, schmecke es im Wasser. Alles, was geschieht. Habe geschmeckt, wie das andere kleine Tier dich hier eingesperrt hat mit mir. Oh ja.« Ihre Stimme wurde dumpfer, tiefer.
    »Und ich schmecke dich, kleines Tier. Mmmmmm.«
    Im Grau der Quappensicht bemerkte Jolly es beinahe einen Augenblick zu spät - etwas zuckte aus dem Schlund der Klabautermutter empor, ein warziger Strang aus schwarzem Muskelfleisch!
    Gerade noch gelang es ihr, der gewaltigen Zunge auszuweichen. Die Spitze klatschte neben ihr gegen die Felsen, tastete zuckend und zitternd über das Gestein und zog sich dann mit einem knallenden Peitschenlaut zurück.
    Wutgebrüll stieg aus dem Leib Kangustas auf, dann schoss die Zunge erneut hervor, so lang wie ein Toppmast, aber nicht sehr viel breiter. Vermutlich war dies der einzige Körperteil, den die Klabautermutter noch frei bewegen konnte.
    Das Geschrei des Ungeheuers ebbte ab, die Zunge verschwand.
    Jolly musste sich zwingen, nicht in Panik zu fliehen. Stattdessen blieb sie weiter unter der Decke, gerade außerhalb der Reichweite der Zunge. »So schließt man keinen Handel«, sagte sie mit belegter Stimme. Sie zitterte am ganzen Körper und hoffte, dass Kangusta es nicht bemerkte.
    »Kleines, wendiges, schnelles Tier!«, donnerte es aus dem Maul. »Kleines, zartes, schmackhaftes Tier!«
    »Sag mir, welcher Weg nach draußen führt, und ich werde für dich tun, was ich kann.« Die Leuchtfische waren aus ihrem Blickfeld verschwunden, schwebten jetzt

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