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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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das Nervensystem. Denn der bloßen Irritabilität, wie sie in der Muskelfaser liegt und an sich purer Wille ist, sind alle Richtungen gleichgültig: also bestimmt sie sich nach keiner, sondern verhält sich wie ein Körper, der nach allen Richtungen gleichmäßig gezogen wird; er ruht. Indem die Nerventhätigkeit als Motiv (bei Reflexbewegungen als Reiz) hinzutritt, erhält die strebende Kraft, d.i. die Irritabilität, eine bestimmte Richtung und liefert jetzt die Bewegungen. – Diejenigen äußeren Willensakte jedoch, welche keiner Motive, also auch nicht der Verarbeitung bloßer Reize zu Vorstellungen im Gehirn, daraus eben Motive werden, bedürfen, sondern unmittelbar auf Reize, meistens innere, erfolgen, sind die Reflexbewegungen, ausgehend vom bloßen Rückenmark, wie z.B. die Spasmen und Krämpfe, in denen der Wille ohne Theilnahme des Gehirns wirkt. – Auf analoge Weise betreibt der Wille das organische Leben, ebenfalls auf Nervenreiz, welcher nicht vom Gehirn ausgeht. Nämlich der Wille erscheint in jedem Muskel als Irritabilität und ist folglich für sich im Stande, diesen zu kontrahiren; jedoch nur überhaupt : damit eine bestimmte Kontraktion, in einem gegebenen Augenblick, erfolge, bedarf es, wie überall, einer Ursache, die hier ein Reiz seyn muß. Diesen giebt überall der Nerv, welcher in den Muskel geht. Hängt dieser Nerv mit dem Gehirn zusammen; so ist die Kontraktion ein bewußter Willensakt, d.h. geschieht auf Motive, welche, in Folge äußerer Einwirkung, im Gehirn, als Vorstellungen, entstanden sind. Hängt der Nerv nicht mit dem Gehirn zusammen, sondern mit dem sympathicus maximus ; so ist die Kontraktion unwillkürlich und unbewußt, nämlich ein dem organischen Leben dienender Akt, und der Nervenreiz dazu wird veranlaßt durch innere Einwirkung, z.B. durch den Druck der eingenommenen Nahrung auf den Magen, oder des Chymus auf die Gedärme, oder des einströmenden Blutes auf die Wände des Herzens: er ist demnach Magenverdauung, oder motus peristalticus , oder Herzschlag u.s.w.
    Gehn wir nun aber, in diesem Hergang, noch einen Schritt weiter zurück; so finden wir, daß die Muskeln das Produkt und Verdichtungswerk des Blutes, ja gewissermaaßen nur festgewordenes, gleichsam geronnenes oder krystallisirtes Blut sind; indem sie den Faserstoff (Fibrine, Cruor) und den Färbestoff desselben fast unverändert in sich aufgenommen haben ( Burdach , Physiologie, Bd. 5, S. 686). Die Kraft aber, welche aus dem Blute den Muskel bildete, darf nicht als verschieden angenommen werden von der, die nachher, als Irritabilität, auf Nervenreiz, welchen das Gehirn liefert, denselben bewegt; wo sie alsdann dem Selbstbewußtseyn sich als Dasjenige kund giebt, was wir Willen nennen. Zudem beweist den nahen Zusammenhang zwischen dem Blut und der Irritabilität auch dieses, daß wo, wegen Unvollkommenheit des kleinen Blutumlaufs, ein Theil des Blutes unoxydirt zum Herzen zurückkehrt, die Irritabilität sogleich ungemein schwach ist; wie bei den Batrachiern. Auch ist die Bewegung des Blutes, eben wie die des Muskels, eine selbstständige und ursprüngliche, sie bedarf nicht ein Mal, wie die Irritabilität, des Nerveneinflusses, und ist selbst vom Herzen unabhängig; wie dies am deutlichsten der Rücklauf des Blutes durch die Venen zum Herzen kund giebt; da bei diesem nicht, wie beim Arterienlauf, eine vis a tergo es propellirt, und auch alle sonstigen mechanischen Erklärungen, wie etwan durch eine Saugekraft der rechten Herzkammer, durchaus zu kurz kommen. (Siehe Burdachs Physiologie, Bd. 4, § 763, und Rösch »Ueber die Bedeutung des Bluts«, S. 11 fg.) Merkwürdig ist es zu sehn, wie die Franzosen, welche nichts, als mechanische Kräfte kennen, mit unzureichenden Gründen auf beiden Seiten, gegen einander streiten, und Bichat den Rücklauf des Blutes durch die Venen dem Druck der Wände der Kapillargefäße, Magendie dagegen dem noch immer fortwirkenden Impuls des Herzens zuschreibt (Précis de physiologie par Magendie, Vol. 2, p. 389). Daß die Bewegung des Blutes auch vom Nervensystem, wenigstens vom cerebralen, unabhängig ist, bezeugen die Fötus, welche (nach Müllers Physiologie) ohne Gehirn und Rückenmark, doch Blutumlauf haben. Und auch Flourens sagt: Le mouvement du coeur, pris en soi, et abstraction faite de tout ce qui n'est pas essentiellement lui, comme sa durée, sa régularité, son énergie, ne dépend ni immédiatement ni coinstantanément, du système nerveux central, et conséquemment c'est

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