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Die Welt der grünen Lady

Die Welt der grünen Lady

Titel: Die Welt der grünen Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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trug.
    Mitleid überwog meine Vorsicht. Ich kniete neben ihm nieder und zerrte an seiner massigen Schulter, bis es mir gelang, ihn auf den Rücken zu rollen. Seine Augen waren geschlossen, und er atmete flach. Der Blutfleck auf seinem Verband war trocken.
    Jetzt war ich ihm nahe genug, um zu erkennen, daß seine restlichen Kleiderlumpen aus normalem Stoff waren, und auf einem Stückchen befand sich ein eingewebtes Abzeichen – ein Abzeichen, das mir bekannt war! Dieses kaum noch menschliche Wesen trug die Insignien der Aufsichtsbehörden!
    Dieses Abzeichen war eine Verbindung zur normalen Vergangenheit, die sogleich meine Entschlossenheit, die Gefahren dieses Landes zu meistern, stärkte.
    Er bewegte sich, und seine tief in den Höhlen hegenden Augen sahen mich an. Ich war nicht einmal sicher, ob er mich verstehen würde, aber ich mußte es wissen.
    »Du bist von der Aufsicht – wer?« Ich glaube, ich hätte es aus ihm herausgeschüttelt, hätte er mir nicht geantwortet.
    »Jorth Kosgro, Erster Scout, Fünfundzwanzigste Division, Argol-Sektor …«
    Nur eines davon bedeutete mir etwas – Argol-Sektor. Wenn er dort draußen operiert hatte, konnte er sehr wohl nach Dylan gelangt sein. Aber warum? Dylan war seit über hundert Jahren auf den Sternkarten verzeichnet, und die Scouts wurden immer hinausgeschickt ins Unbekannte. Hatte man ihn nicht aus irgendeinem administrativen Grund dorthin beordert, war er sehr weit entfernt von dort, wo er sein sollte.
    »Ich bin von Dylan hierhergekommen. Wie bist du hierhergelangt?« Wenn er diese Frage beantworten konnte, fand sich vielleicht ein Hinweis für unsere Rückkehr. Von seiner Bemerkung, daß man die Großen der Folke überlisten könnte, die Möglichkeit zur Rückkehr zu enthüllen, hielt ich nicht viel. Ich wollte Fakten.
    »Jorth Kosgro, Erster Scout, Fünfundzwanzigste Division, Argol-Sektor …« wiederholte er mechanisch.
    Ich wurde ungeduldig. »Jorth Kosgro!«
    Er starrte mich an, und ich hatte das Gefühl, daß er mich gar nicht richtig sah. Entmutigt setzte ich mich neben ihn. Vielleicht waren es die Auswirkungen seiner Verletzung, vielleicht war er auch so stark verändert, daß sein Gedächtnis gelitten hatte. Ich wünschte, irgendwo wäre Wasser, um es ihm ins Gesicht zu spritzen und ihn damit vielleicht zu sich zu bringen …
    Aber – er hatte die Nahrung haben wollen, die ich bei mir trug … Ich öffnete meinen Vorratsbeutel. Ich hatte noch drei Schokoblocks und den Rest des Pakets mit Waffeln übrig. Und noch etwas – eine Tube mit Taubeeren-Marmelade, dazu bestimmt, auf die Waffeln verteilt zu werden, und eine Tube mit Fleischextrakt zu dem gleichen Zweck. Ich wählte jetzt die Fleischtube, da der Extrakt am meisten stärken würde.
    Ich legte meinen Arm unter seinen zottigen Kopf, hob ihn etwas hoch, so daß er an meiner Schulter lehnte, und drückte ihm etwas von der weichen Paste in den geöffneten Mund. Nicht viel, aber, doch genügend – ich mußte unbedingt mit meinem kleinen Vorrat haushalten.
    Er schluckte, obgleich es ihn anzustrengen schien. Dann versuchte er, sich aufzusetzen, und ich stützte ihn. Er krümmte sich plötzlich zusammen, hielt sich den Bauch und hatte den Mund vor Schmerz verzerrt.
    »Es macht nichts …«, brachte er schließlich mühsam heraus. »Es wird … bald vorbei … sein.«
    Mir kam es jedoch sehr lange vor, bis er sich endlich aufrichtete und es ihm besser zu gehen schien. Schweißtropfen glitzerten auf seinem behaarten Gesicht, und er hob seine Hand, um sie fortzuwischen.
    Dann blickte er auf meine Nahrungsmittel, und ich bedeckte sie rasch mit der Hand. Er hatte etwas davon bekommen – aber mehr nicht.
    »Du hast recht.« Seine Stimme klang fester. »Es darf nicht vergeudet werden.« Dann wandte er mit sichtlicher Anstrengung den Kopf und deutete auf den Blütenzweig. »Laß mich den Notus … halten …« Fast widerwillig betrachtete er den Zweig.
    Ich wußte nicht, was er damit wollte, aber vielleicht hoffte er auf eine ähnliche Wirkung, wie ich sie erfahren hatte. Ich atmete den lieblichen Duft ein und reichte ihm den Zweig.
    Er wandte seinen Kopf so heftig ab, als fände er den Duft, der mir so angenehm war, ekelhaft. Ich sah, wie sehr er sich zwingen mußte, seinen Kopf zu dem Zweig hinunterzubeugen und tief einzuatmen. Er hustete und bekam fast einen Erstickungsanfall, während er rasch wieder ausatmete. Dann hob er langsam die Hand und nahm den Zweig, wie jemand, der eine glühende Kohle anfaßt. Und

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