Die Welt der Sookie Stackhouse (German Edition)
Tod.«
Einer von Quinns Begleitern stellte sich neben ihn. Die beiden wirkten wie ein Paar wundersamer Buchstützen. Quinns Freund war ein enorm großer Mann, kohlrabenschwarz und mit kurzen Dreadlocks. Er sah aus wie ein exotisches Wildtier, und das war er natürlich auch. Desinteressiert blickte er mich einen Augenblick an, dann wanderte sein Blick weiter zu den traurigen Kadavern in den Zwingern und dem überall hingespritzten Blut. Die Blutlachen begannen an den Rändern bereits einzutrocknen.
Quinn streckte mir seine Hand entgegen, und gemeinsam richteten wir uns wieder auf.
»Ich verstehe nicht, wie jemand unseren Brüdern so etwas antun kann«, bemerkte der Schwarze in einem harten, klaren Englisch, aber mit schwerem Akzent.
»Wegen der Hochzeit heute«, sagte ich. »Bernie Merlottes jüngerer Sohn heiratet.«
»Aber ein jüngerer Sohn kann seine Gestalt doch gar nicht verwandeln. Nur der ältere.« Sein Akzent klang irgendwie französisch, was das ganze Gespräch noch surrealer machte.
»Das scheinen die Leute hier nicht zu wissen«, erwiderte ich. »Oder vielleicht ist es ihnen auch einfach egal.«
Das dritte Wergeschöpf, eine Frau, lief draußen an den Zwingern entlang und umrundete das ganze Gelände. Sie versuchte die Fährte des Schützen aufzunehmen. Oder der Schützen. Tränen rannen ihr über die Wangen, was ihrem Geruchssinn nicht gerade förderlich sein würde. Sie war ebenfalls wütend. Ihre angespannte Schulterpartie sprach eine deutliche Sprache.
»Schatz, ich weiß nicht, ob diese Hochzeit ohne weiteren Ärger vonstatten gehen wird«, sagte Quinn. Seine große Hand ergriff meine. »Ich habe dir so viel zu sagen, aber das wird wohl noch eine Weile warten müssen.«
Ich nickte. Der Hochzeitstag von Craig Merlotte und Deidra Lisle hatte definitiv einen traurigen Anfang genommen. »Alles, was die Familie Merlotte unglücklich macht, macht mich unglücklich. Wie kommt es eigentlich, dass du hier bist?« Ich versuchte, meinen Blick nicht zu den bemitleidenswerten, leblosen Kreaturen wandern zu lassen.
»Ich habe im Online-Forum der Zweigestaltigen nach Infos über die Gegend um Shreveport gesucht«, erklärte Quinn. »Sam postet dort gelegentlich, und manchmal kommuniziere ich auch mit den Mitgliedern des Reißzahn-Rudels.« Das Reißzahn-Rudel war Alcide Herveaux’ Rudel. »Dort hat jemand gepostet, dass du mit Sam nach Wright fährst, und ich kenne hier Trish und Togo. Texas gehört zu meinem Gebiet, weißt du.« Quinn arbeitete für Special Events, eine Tochterfirma des Unternehmens E(E)E, das in ganz Amerika Veranstaltungen organisierte. Special Events richtete in der Welt der Supras Übergangsriten aller Art aus, wie Vampirhochzeiten oder Feste zur ersten Verwandlung junger Zweigestaltiger. »Ich wusste, dass Trish außerhalb von Wright eine Ranch hat. Also beschloss ich, die Gelegenheit zu ergreifen, dich mal ohne den Untoten zu treffen.« Damit war Eric gemeint. »Ich bin nach Dallas geflogen, und dort haben die beiden mich abgeholt. Es ist uns gelungen, deine Spur aufzunehmen. Ich wollte nicht, dass dir unterwegs irgendetwas passiert. Aber ich hätte mir lieber Sorgen darüber machen sollen, was passieren wird, wenn du in Wright bist.«
»Diese Stadt ist voller Hass«, warf der Schwarze namens Togo ein.
»Das stimmt leider.« Ich sah hinauf in sein Gesicht, die breite Nase, die hohen Wangenknochen, die glänzende Haut. Er war ziemlich außergewöhnlich. Und in dieser Umgebung hier fiel er auf wie ein Paradiesvogel in einer Schar von Zaunkönigen … nicht, dass er irgendwas Vogelartiges an sich gehabt hätte.
Das dritte Wergeschöpf in ihrem Bunde hatte den Streifzug beendet und tauchte jetzt neben uns auf. »Ich bin Trish Pulaski«, sagte die Frau. »Sie müssen Sookie sein. Oh, bei Gott und all seinen Engeln! Wer kommt bloß auf die Idee, armen dummen Hunden etwas anzutun, um seinen Standpunkt deutlich zu machen?« Sie war reizend, und außerdem war sie deutlich über fünfzig. Ihr dickes, lockiges Haar war schon völlig grau, doch sie trug keine Brille, und ihre Augen strahlten leuchtend blau in einem braun gebranntenGesicht. Und ihre engen Jeans ließen keinen Zweifel daran, dass sie bestens in Form war. Sie dachte nicht an sich selbst oder ihre Gefährten, sondern war außer sich vor Wut und Schmerz. Und erst in diesem Moment begriff ich, dass das Tierheim ihr spezielles Projekt war, dass sie Geld gesammelt hatte, um es bauen zu lassen. Sie kam jeden Tag her und fütterte
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