Die Welt in mir (German Edition)
Gefühlschaos, wusste ich nicht, ob ich aufstehen wollte. Doch letztendlich wollte
ich Antworten, die ich nur bekam, wenn ich mich zusammenriss. „Komm, Clara. Du
schaffst das doch! Es sind nur zwei Kerle in einem Raum“, sprach ich zu mir
selbst, atmete tief durch und stand auf.
Nachdem ich mir die Kleider
glatt gestrichen und die Haare geordnet hatte, so gut es eben ging, setzte ich
mich in Bewegung. Bevor ich die Tür öffnete, hielt ich noch einmal kurz inne, schloss
die Augen, atmete ein und wappnete mich für das Gefühlschaos, das mich erwartete.
Als ich aus der Tür kam, wartete
Josh schon am Tisch auf mich. Er hatte uns Rührei gemacht und ich merkte, dass
mir der Magen knurrte. Als ich auf den Tisch schaute, erkannte ich, dass nur
für zwei gedeckt war. Ich steuerte auf den eingedeckten Platz zu und setzte
mich. Den Blickkontakt vermied ich. Warum genau, wusste ich nicht.
„Keine Sorge. Alex ist
gegangen. Wir hielten es für das Beste, wenn nur einer von uns erst einmal bei
dir ist, um die Sache zu erklären. Und da Alex zu einem, nennen wir es mal,
aufbrausenden Temperament neigt, fiel die Wahl auf mich, der dir erklären wird,
was hier los ist. Ich hoffe, dass ist für dich in Ordnung. Wir wollen ja nicht,
dass du noch einmal bewusstlos wirst“, erklärte er mir und lächelte sein ‚Traummann’-Lächeln.
Zwar verfehlte sein Lächeln wie
immer nicht seine Wirkung auf mich, dennoch fühlte ich in mir auch eine kleine
Enttäuschung, dass Alex nicht mehr da war. Sein Temperament hatte ich bereits
kennengelernt, aber ich hatte nie Angst vor ihm. Aber sicherlich hatten die
beiden recht, dass ich in ihrer Gegenwart weder klar denken noch lange bei
Bewusstsein bleiben konnte. Statt Josh zu antworten, schob ich mir wortlos eine
Gabel in den Mund.
Und offenbar war er ganz froh
darüber, dass ich etwas aß. Auch er schwieg und aß ebenfalls seine Portion. Ab
und an trafen sich unsere Blicke über den Teller hinweg; ein wohliger Schauer
breitete sich über meine Haut aus.
Nach dem Essen ließ sich das
Gespräch nicht weiter vermeiden, und nachdem ich solange auf die Folter
gespannt worden war, wollte ich nun endlich wissen, was hier los war. Es wäre
wirklich toll, zu wissen, dass ich doch nicht den Verstand verlor.
Josh bemerkte allem Anschein
nach, dass ich mir den Kopf zerbrach und wusste, dass er dies beenden konnte,
wenn er mit der Wahrheit rausrückte.
„Bereit für einen weiteren
Versuch?“, fragte er, und ich nickte, um ihm zu zeigen, dass ich gewillt war,
mehr zu erfahren. „Gut. Ich habe dir ja bereits gesagt, dass du etwas
Besonderes bist und Alex und ich dich beschützen“, er schaute mich dabei
eindringlich an.
Ich nickte erneut, weil ich ihn
nicht unterbrechen wollte, auch wenn mir tausend Fragen durch den Kopf gingen.
Doch die Unruhe in mir hielt sich trotz meiner Verwirrung in Grenzen und ich konnte
nicht umhin, mich zu fragen, ob es an dem Mann mir gegenüber lag. Jetzt glaubte
ich auch, zu verstehen, warum Josh die Aufgabe übernahm und nicht Alex. Wäre er
hier gewesen, hätte er mich zweifellos zur Weißglut getrieben. Doch anstatt
weiterhin über ihn nachzudenken, dass ich offenbar im Begriff war, zu glauben,
dass die beiden Männer Einfluss auf mich hatten, richtete ich meine
Aufmerksamkeit voll und ganz wieder auf Josh. Immerhin sollte ich mich auf
seine Worte konzentrieren.
„Es ist so: Wie bei allem auf
der Welt gibt es immer zwei Gegensätze. Schwarz und weiß, heiß und kalt, gut
und böse, und da kommst du ins Spiel.“
„Ich verstehe nicht ganz. Was
habe ich damit zu tun? Ich habe wirklich noch nie ein Verbrechen begangen, wenn
ihr das glaubt. Okay, als Kind habe ich mal Buntstifte aus einem Laden
mitgenommen, ohne sie zu bezahlen. Aber ich wollte nicht klauen, wirklich
nicht“, versuchte ich, mich zu verteidigen. Aber wofür überhaupt? Ich verstand
immer noch gar nichts, und Josh konnte mit meinen Worten ganz offensichtlich
auch nichts anfangen, weil er mich fragend anschaute.
„Nein, es hat nichts mit
irgendeinem Diebstahl zu tun. Ich bin nicht von der Polizei oder so. Okay, ich
versuche es anders. Dass es das Gute und das Böse auf der Welt gibt und die
Grenzen da manchmal fließend sind, ist klar. Doch das Gute und das Böse halten sich
die Waage. Sie sind sozusagen im Gleichgewicht, und dafür bist du in meiner
Welt verantwortlich.“
Was hatte ich damit zu tun?
Langsam glaubte ich, dass nicht ich diejenige war, die spann, sondern dass Alex
und Josh sie
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