Die Welt ist eine Bandscheibe (German Edition)
schlimmsten war es mal im Parkhaus am Kölner Flughafen. Marita und ich kamen von einem Drei-Tage-Trip aus Venedig zurück. Eine unvergessliche Reise zum Hochzeitstag. Allein auf dem Markusplatz habe ich 73 totgetretene Tauben gezählt – 14 davon wurden von venezianischen Täuberichen posthum begattet (Nekrophilie ist unter Tauben offenbar eine bevorzugte Sexualpraxis).
Auf jeden Fall zogen wir mit unseren Rollköfferchen ins weiter entfernt gelegene und damit billigere Parkhaus, acht Stockwerke mit ungefähr 5000 Parkplätzen pro Etage. Und ich begann zu suchen. Keinen blassen Schimmer, in welcher Etage, geschweige denn, wo ich auf der Etage die Karre abgestellt hatte.
»John, sag bitte nicht, dass du nicht mehr weißt, wo du geparkt hast!«
»Doch, weiß ich das. Natürlich! Ich weiß nur nicht mehr, ob es im dritten oder vierten Stock war.«
Das war gelogen. Selbstverständlich hatte ich keine Ahnung, auf welcher Etage der Wagen stand, aber nach einer halben Stunde wusste ich zumindest, dass es weder die dritte noch die vierte war. Das wusste nun auch meine Frau.
»Aber du bist dir sicher, dass es
dieses
Parkhaus war?«
»Wieso? Du warst doch dabei, als ich den Wagen abgestellt hab.«
»John, du hast mich am Flughafen-Eingang abgesetzt,
bevor
du zum Parkhaus gefahren bist«, und die fremde Frau, die behauptet, meine Frau zu sein, schüttelte den Kopf. »Also manchmal glaub ich wirklich, du hast Alzheimer.«
Vielleicht ja, aber noch nicht richtig, denn plötzlich fiel mir ein, dass ich den Wagen zwischen zwei Porsche Turbos geparkt hatte. Einem weiß und einem auffällig gold lackierten. Ich weiß noch, dass ich beim Einparken dachte: Ist das hier ein Ärzte-Parkhaus? Mit dieser in meinem Hirn gespeicherten Information war es ganz einfach: Ich musste nur nach zwei Porsches gucken, und nach gut 75 Minuten fand ich meinen Wagen dann schließlich auch.
Am Kassenautomaten traf ich meine Frau wieder, im Gespräch mit einem Mitfünfziger: »Du, John, der Herr hier sucht sein Auto. Ein goldener Porsche, hast du den zufällig auf deiner Parkhaus-Expedition gesehen?«
»Einen goldenen Porsche? Nein, tut mir leid, hab ich nicht gesehen.«
Und wenn doch, dann hab ich’s wohl vergessen.
Armbeschwerden – links!
Ich mag meine Arme. Beide. Besonders aber den linken. Nicht etwa, weil ich Linkshänder bin, nein, ich bin wie die große Mehrheit der Erdbevölkerung Rechtshänder, und das auch noch mit Blutgruppe »Null Resus Positiv«. Wenn ich nicht aus Versehen und genetisch bedingt rote Haare hätte, was mich in diesem Fall zu einem Mitglied einer Minderheit macht, wäre ich ständig Teil einer Mehrheit. Als US -Amerikaner gehöre ich ohnehin einer mächtig großen Volksgruppe an, die zudem im Verlaufe ihrer Geschichte gelernt hat, mit unterschiedlichsten Mitteln Mehrheiten zu formen, auch wenn vorher keine da waren.
Was das alles mit meinem linken Arm zu tun hat? Nicht viel, eigentlich sogar gar nichts, außer vielleicht, dass mir mein linker Arm besonders am Herzen liegt, auch wenn ich ihn wie die Mehrheit der Bevölkerung eher selten benutze. Meist ist sein ganzer Sinn, zusammen mit der linken Hand die Gabel zu halten, während meine rechten Gliedmaßen die in den Mund zu schiebenden Portionen zurechtschneiden.
Im Alltag nehme ich meinen linken Arm also kaum wahr, er ist einfach da, und das war’s dann auch schon. Trotzdem ist mein linker Arm etwas Besonderes. Wenn ich ihn mal bewusst wahrnehme, dann ist die »Kacke aber voll am Dampfen« – wie es mein Freund, der Rentner Heinz, so passend formuliert.
Alles begann damit, dass mir mein linker Arm weh tat. Über Wochen.
»Scheiße!«, sagte ich zu meiner Angetrauten, »mein linker Arm schmerzt!«
»Tja, dann fehlt eigentlich nur noch die rechte Pobacke, dann haste ja alles durch«, antwortete sie mitleidlos, ging zur Arbeit und ließ mich allein – mit meinem Schmerz. Ich meine, wenn mein Knie weh tut oder mein Nacken schmerzt, okay, das ist ärgerlich, aber »shit happens!« Da weiß ich: Das sind meine alternden Knochen, mein gestresstes Gewebe, meine eingequetschten Nerven. Aber Schmerzen im linken Arm? Das riecht nach Endzeit, da denkt man (also ich denke) nur noch:
SHIT ! I’M GOING TO DIE !
Weil meine Frau kein Mitleid zeigte, versuchte ich es bei Freunden.
»Mir tut ständig mein linker Arm weh, besonders wenn ich spazieren gehe.«
»Dann geh nicht spazieren!«, rieten meine falschen Freunde, und mein Sohn – der semientwickelte Mensch –
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