Die Welt ist eine Bandscheibe (German Edition)
wenn ich bis drei gezählt habe, verwandelst du dich in Pommes!«
O Gott. Das wollte ich nicht sagen, ich wollte sagen: »Du schmeckst auch als Obst gut, bleib, wie du bist.«
Zu spät, ich hatte »Pommes« gesagt. Fast automatisch wanderten meine Augen von Ananas und Mango zu den Schnitzeln mit Pommes Mayo.
»Hey, Dickie, glubsch nich so auf mein Essen, das macht mich nervös«, sagte mein siebzehnjähriges Dreckschwein, Verzeihung: Sohn, und schirmte seinen Teller mit dem linken Arm ab.
»Mama, ich glaub, unser Dickie setzt jetzt gleich zum Sprung an.«
»Quatsch«, log ich, »jedem das Seine. Ich habe meinen gesunden Obstsalat, ihr habt euer ungesundes, dekadentes Schnitz… Schnitz… Schnitzel.«
Meine Sau, Verzeihung: Frau, mischte sich nun ein.
»John, was ist los? Hast du dich verschluckt? Soll ich klopfen?«
»Nein, nein, alles in Ordnung, hab nur ’n Frosch im Hals«, erwiderte ich und beugte mich vor, als würde ich mich vom Frosch (Schenkel!) befreien wollen. Dabei passierte es: Ohne mein Zutun, ohne dass mein Gehirn das Kommando dafür gegeben hätte, landete ich mit meiner Nase in den Pommes meiner Frau.
Das war der dritte Tag.
Am vierten Tag, irgendwann zwischen Obstschüssel Nummer zehn und Nummer zwölf, begann das, wovor mich meine Freundin Linda gewarnt hatte: Ich entwickelte Aggressionen gegenüber bestimmten Obstsorten. Mein größtes Hassobjekt waren Kiwis. Eigentlich wollte ich eine Kiwi in meinen Salat schnippeln, aber ohne es zu wollen, hatte ich sie in der Hand zerquetscht. Überhaupt nahm ich nur noch wenig von meiner Umwelt bewusst wahr. Den Installateur zum Beispiel, der unsere Toilette reinigen musste, weil ich eine komplette Ananas darin versenkt hatte, griff ich mit einer Gabel an. In seiner grünen Kluft hatte ich ihn mit einem Obstbauern verwechselt. Ich versuchte daraufhin, mein Aggressionspotential durch den Kauf neuer Obstsorten herunterzuschrauben: Brombeeren, Johannisbeeren, Sternfrucht, Grapefruit, Papaya … Zu spät. Mein Körper verlangte nach Fleisch. Mein Bauch röhrte wie ein Hirsch angesichts einer Herde alleinerziehender Bambi-Mütter. Aber noch war ich nicht am Ende, noch war da ein Hauch Willen in mir, den ich dann auch zu nutzen verstand: Nach vier Tagen Obst-Obst-Obst stellte ich mich auf die Waage – und siehe da: Ich hatte ein halbes Kilo abgenommen.
Ein
halbes
Kilo.
Immerhin, es hätte ja auch weniger sein können. Tatsächlich hab ich auch die restlichen drei Tage Obstdiät überstanden, indem ich einfach gar nichts mehr gegessen habe. Am Ende war ich ein ganzes Kilo leichter.
Mein Fazit? Mono-Diäten sind nichts für mich. Weder Obst-, Reis- noch Kartoffel- oder Ananasdiäten. Man nimmt ab, ja, aber ich will den friedlichen Dicken nicht gegen einen aggressiven Dünnen tauschen. Außerdem machen Mono-Diäten einsam. Du triffst Freunde auf einer Grillparty, und der Gastgeber fragt dich: »Wurst oder Steak?« Und du sagst entgegen deiner Gewohnheit nicht: »Erst mal beides«, sondern: »Nein, danke, ich hab mir einen leckeren Obstsalat mitgebracht!« So etwas macht vielleicht schlank, aber verdammt einsam. Nein, ich werde mir eine neue Diät suchen müssen …
Warum eigentlich nicht die »Brigitte-Diät«? Brüste hab ich ja schon.
Werbung
Auch wenn ich unter den diskret vorgetragenen Anfeindungen meiner engsten Umgebung (»He, Dickie, wo ist die Tonne Chips, die wir gestern gekauft haben?«) ein wenig leide, so bin ich doch eigentlich gut dran. Sogar als übergewichtiger Amerikaner. Und das, obwohl ich in Amerika ja gar nicht als übergewichtig gelten würde. Dort würden meine Bauchringe glatt als Sixpacks durchgehen.
Hier in Deutschland aber bin ich dick, habe kaum Haare auf dem Kopf und trage ein Doppel- bis Dreifachkinn – und werde trotzdem in Ruhe gelassen. Auf jeden Fall von der Werbung.
Bei Frauen ist das anders. Die werden von der Werbung tagtäglich schönheitstechnisch gefoltert. Wenn du eine Frau bist, musst du eigentlich der Überzeugung sein, dass nichts stimmt: Haare, Haut, Gesicht, Figur, alles ist irgendwie daneben, irgendwie nicht richtig, denn Frauen in der Werbung sind immer hübsch, schlank und gutaussehend. Egal, ob sie für ein Parfüm werben, für eine Geldanlage oder für eine überflüssige Versicherung.
Männer in der Werbung sind in der Regel Allerweltsmänner. Sie sind gerne etwas älter, wirken seriös langweilig, haben einen Bauchansatz, wenig Haare oder heißen Jörg Pilawa, Thomas Gottschalk oder Dieter
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