Die Welt ist eine Bandscheibe (German Edition)
Bohlen. Männer müssen nicht gut aussehen. (Okay, beim Jörg sind die Meinungen geteilt.)
Es gab und gibt Ausnahmen. Ich erinnere mich an den Sixpack-Bauarbeiter im schweißbefleckten T-Shirt, der beim ungelenken Cola-Schlucken von irgendwelchen (natürlich hübschen) Sekretärinnen beobachtet wurde. Das war ’ne harte Zeit für Männer wie mich, als dieser ungelernte Schulabbrecher dauernd über die Bildschirme flimmerte. Das aber hat sich zum Glück wieder gelegt. Heute dominieren zwar unattraktive, aber äußerst solide wirkende Männer die Werbebreaks. Kein Mann muss mit seinem Doublechin, Hängebauch, seiner pickeligen Haut oder Glatze hadern, schließlich sehen die im Fernsehen genauso scheiße aus. Aber: Diese unattraktiven Männer legen ihr Geld erfolgreich an, schließen supergeile Versicherungen ab oder moderieren RTL -Shows.
Wäre ein Mann allerdings eine Frau, dann müsste er sagen: »O Gott, meine Glatze! Sie glänzt wie bekloppt. Ich muss sie abpudern, brauche ein Toupet oder wenigstens eine neue Versicherung.« Weil der Mann aber ein Mann und keine von der Werbung geprügelte Frau ist, denkt er: »Hey cool, coole Glatze! Glänzt genau wie bei Detlef D. Soost! Und so bekloppt tanzen kann ich auch.«
Nein, das denkt er nicht.
Niemand will so tanzen.
Aber es gibt natürlich auch unter uns Männern welche, die mit ihrem Aussehen hadern: schwule Männer. Schwule Männer sind wie Hetero-Frauen, nur schlimmer! Ich weiß es. Ich kenne mich aus. Ich bin zwar nicht schwul, aber als Comedian und Mensch im Unterhaltungsgeschäft kriegt man – backstage – so einiges mit.
»Sag mal, Schätzchen, hast du den Thomas gesehen? Boah, ich sag dir, der sieht so fett aus. Unfassbar.«
»Ja, nicht? Total unappetitlich ist der geworden!«
Und wer trägt die Schuld, dass viele Frauen und schwule Männer unter Komplexen leiden? Hab ich’s schon gesagt? Hab ich. Richtig, die Werbung! Sie hat sich so heftig auf die Frauen eingeschossen, auf ihre Haare, ihre Haut, ihre Figur, ihr Gewicht, dass fast alle Frauen inzwischen überzeugt sind: »Bei mir stimmt nichts, gar nichts!« Und schwule Männer denken: »Bei uns auch nicht!«, während dicke, glatzköpfige Hetero-Männer denken: »Gott sei Dank, wir haben keine Probleme!«
Bei dem Thema »Frauen und Gewicht« ist meine Frau das beste Beispiel.
»John, guck dir meinen Hintern an! Der wird immer dicker.« Ich schaue mir den Hintern meiner Frau an und sehe – nichts. Also, ich sehe schon was, aber keinen zu dicken Hintern.
»Ich sehe nix«, sage ich also folgerichtig und wahrheitsgemäß und führe weiter aus: »Wenn du mal einen dicken Hintern sehen willst, dann stell dich hinter mich!«
Das tröstet sie nicht, im Gegenteil: »Bei dir ist das ja auch egal, du bist ein Mann.«
Ha! Da haben wir es wieder. Beim Mann darf der Arsch ruhig dick sein, bei der Frau muss er Idealmaßen entsprechen. Idealmaße, die von der Werbung vorgegeben werden: Frauen haben lange, schlanke Beine, Frauen haben einen runden, festen Po, und Frauen haben keinen Bauchansatz. Zwar gibt es Ausnahmen wie Vera int Veen, die Menschennachstellerin von RTL , aber alle anderen Werbefrauen haben Idealmaße, egal ob sie 20 oder 60 Jahre alt sind.
Ich habe eine Freundin, die vielleicht ein Kilo zu viel Fett am Bauch spazieren trägt und deshalb behauptet: »Das ist meine Problemzone.« Gleichzeitig kenne ich ein Dutzend Männer, deren ganzer Körper eine einzige Problemzone darstellt, die aber diesen Körper durch die Gegend tragen, als sei er das Untergestell von Brad Pitt!
Ich denke, es wird Zeit für Werbung, in der ein Mann mit Hängebauch sich darüber beschwert, dass er einen Hängebauch hat: »Ich hab schon alles versucht, aber das Ding geht nicht weg. Ich sehe aus wie ein Schwein vor der Schlachtung, nein, ich fühle mich wie ein Schwein vor der Schlachtung. Aber damit ist jetzt Schluss, ich nehme …«
Nur dann würden dicke Männer auch im realen Leben spüren, was Frauen ständig durchmachen, dass eben ein Hängebauch scheiße aussieht, selbst mit bester Geldanlage. Oder man würde einen Bauarbeiter in der Werbung zeigen, einen fetten verschwitzten, der offen gesteht: »Ich bin mit meinem Hängebauch überhaupt nicht zufrieden!« Dann käme ein Kumpel dazu: »Ja, Heinz-Dieter, und schwabbeln tut er auch!« Und ein Dritter würde ergänzen: »Du, ich kenn das. Ich konnte meine Füße schon nicht mehr sehen, geschweige denn meinen Lolli. Aber ich tu jetzt was gegen meine Problemzone:
Weitere Kostenlose Bücher