Die Welt ohne uns
Zeiten vollbrachte. Wir werden die Früchte ihrer Arbeit ernten, solange es unsere Zivilisation gibt.«
Wenn wir eines Tages verschwunden sind, werden sich die Worte dieses visionären amerikanischen Präsidenten, der ein Nationalparksystem ins Leben rief und den nordamerikanischen Imperialismus institutionalisierte, als prophetisch erweisen. Doch lange nachdem die Wände des Culebra-Cut eingestürzt sind, wird ein letztes überlebensgroßes Monument der Roosevelt'schen panamerikanischen Vision noch erhalten sein.
1923 erhielt der Bildhauer Gutzon Borglum den Auftrag, die größten amerikanischen Präsidenten in Porträts zu verewigen, die es in jeder Hinsicht mit dem Koloss von Rhodos, jenem längst untergegangenen Weltwunder der Antike, aufnehmen können. Seine Leinwand war eine riesige Felswand in South Dakota. Zusammen mit George Washington, Gründungsvater des Landes, Thomas Jefferson, Verfasser der Unabhängigkeitserklärung und Grundgesetze, und Abraham Lincoln, dem Befreier und Einiger, wurde auf Verlangen Borglums auch Theodore Roosevelt porträtiert, der die Meere verbunden hatte.
Für das nachmalige US-amerikanische Nationaldenkmal wurde der Mount Rushmore ausgewählt, ein fast 1600 Meter hohes Felsmassiv aus feinkörnigem präkambrischem Granit. Als Borglum 1941 an einer Gehirnblutung verstarb, hatte er mit den Torsen der Präsidenten noch kaum begonnen. Doch ihre Gesichter waren unauslöschlich in Stein gehauen; auch das Gesicht seines persönlichen Helden Teddy Roosevelt konnte er noch vollenden, es wurde 1939 offiziell enthüllt.
Sogar Roosevelts Erkennungszeichen, den Kneifer, hatte er in Stein verewigt – einem Gestein, das sich vor 1,5 Milliarden Jahren gebildet hat und zu den widerstandsfähigsten auf dem Kontinent gehört. Nach Ansicht der Geologen erodiert der Granit von Mount Rushmore alle 10000 Jahre nur um zweieinhalb Zentimeter. Bei diesem Verfallstempo werden zumindest Spuren von Roosevelts achtzehn Meter hohem Abbild, Mahnmal seines Kanalbaus, noch während der nächsten 7,2 Millionen Jahre vorhanden sein, vorausgesetzt, es findet kein Asteroideneinschlag und kein größeres Erdbeben in diesem seismisch ruhigen Zentrum des Kontinents statt.
13 Welt ohne Krieg
Kriege können irdische Ökosysteme zugrunde richten, wie Vietnams vergiftete Dschungel belegen. Doch ohne chemische Kampfstoffe erweist sich Krieg überraschend häufig als Rettung der Natur. Als in den achtziger Jahren während Nicaraguas Contra-Krieg der Raubbau an Schalentieren und Nutzholz an der Miskitoküste unterbrochen wurde, haben sich die Hummerbestände und die dezimierten Karibischen Kiefern beeindruckend schnell erholt.
Das dauerte weniger als ein Jahrzehnt. Und in lediglich 50 Jahren ohne Menschen ...
Der Hang ist dicht vermint, das ist der Grund, warum Ma Yong-Un eine besondere Vorliebe für ihn hat. Oder vielmehr hat er eine besondere Vorliebe für die majestätischen Eichen, koreanischen Weiden und Traubenkirschen, die überall dort wachsen, wo Landminen die Menschen am Betreten des Geländes hindern.
Ma Yong-Un, der internationale Kampagnen für einen koreanischen Umweltverband, die Korean Federation of Environmental Movement, koordiniert, steuert seinen propangasbetriebenen Kia-Van durch den watteähnlichen Novembernebel. Mit von der Partie sind der Umweltschützer Ahn Chang-Hee, der Feuchtgebietsspezialist Kim Kyung-Won sowie die Tierfotografen Park Jong-Hak und Jin Ik-Tae. An einem Kontrollpunkt der südkoreanischen Armee schlängelt sich der Wagen durch ein Labyrinth aus schwarzgelben Betonbarrieren, bevor er in das Sperrgebiet hineinfährt. Die Wachen – zur Tarnung in winterlichem Arbeitszeug – legen ihre M16 beiseite, um die Gruppe der Umweltschützer zu begrüßen. Seit sie vor einem Jahr zuletzt hier waren, hat man ein Schild aufgestellt, das diesen Checkpoint zugleich als Umweltposten ausweist, der dem Schutz der Mandschurenkraniche dient.
Während sie auf ihre Papiere warten, notiert Kim Kyung-Won die Sichtung mehrerer Grauspechte, zweier Schwanzmeisen und den glockenhellen Gesang eines Chinabülbüls im dichten Gebüsch rund um den Kontrollpunkt. Als ihr Van nun den Hang hinaufklettert, erhaschen sie noch einen Blick auf zwei Ringfasanen und mehrere Blauelstern, wunderschöne Vögel, die außerhalb Koreas kaum noch anzutreffen sind.
Die Naturschützer befinden sich jetzt in einem fünf Kilometer tiefen Geländestreifen, der unmittelbar unterhalb von Südkoreas Nordgrenze
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