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Die Welt ohne uns

Die Welt ohne uns

Titel: Die Welt ohne uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Weisman
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empfanden.
    »Die Hirten«, schreit Western, um den Motorenlärm zu übertönen, »sind notgedrungen zu Pseudo-Nomaden geworden. Sie verhalten sich ähnlich wie die Gnus.« Die Massai lassen ihre Rinder während der Regenzeit in den kurzen Grassavannen und bringen sie zu den Wasserlöchern zurück, wenn die Trockenzeit beginnt. Im Laufe eines Jahres leben die Massai des Amboseli-Parks durchschnittlich in acht verschiedenen Siedlungen. Diese Wanderbewegung hat nach Westerns Überzeugung die Landschaft Kenias und Tansanias buchstäblich zum Vorteil der wild lebenden Tiere gestaltet.
    »Sie lassen ihr Vieh weiden und zurück bleiben Waldgebiete für die Elefanten. Im Laufe der Zeit machen die wieder Grasland daraus. So entsteht ein Mosaik aus Gras-, Wald- und Buschland. Das ist der ganze Grund für die Vielfalt der Savanne. Gäbe es reine Wald- und Grasgebiete, wiese die Tierwelt hier nur Wald- und dort nur Grasarten auf.«
    1999 schilderte Western diesen Vorgang dem Paläoökologen Paul Martin, dem Vater der Over-Kill-Theorie zur Erklärung des Massensterbens im Pleistozän, während sie durch Südarizona fuhren. Sie suchten gemeinsam die Orte auf, wo vor 13 000 Jahren die einheimischen Mammute erlegt worden waren. Mit einem Blick auf das Gewirr von Mesquitebäumen, die von den ansässigen Viehzüchtern gar zu gern verbrannt würden, fragte Martin: »Glauben Sie, das hier könnte Elefanten als Lebensraum dienen?« Wie kämen Afrikanische Elefanten in dieser Wüste zurecht? Wären sie in der Lage, die schroffen Granithänge emporzuklettern, um Wasser zu finden? Oder fänden sich Indische Elefanten besser zurecht, weil sie mit den Mammuten enger verwandt sind?
    »Sie wären sicherlich besser als Bulldozer und Herbizide zur Vernichtung der Mesquitebäume geeignet«, meinte Western zustimmend. »Elefanten würden es viel billiger und einfacher erledigen, außerdem würden sie den Boden für Grassämlinge düngen.«
    »Genau«, sagte Martin, »so wie es die Mammute und Mastodonten getan haben.«
    »Klar«, erwiderte Western. »Warum nicht eine ökologische Ersatzart verwenden, wenn die ursprüngliche nicht mehr vorhanden ist?« Seither setzt sich Paul Martin dafür ein, in Nordamerika wieder Elefanten einzuführen.
    Im Gegensatz zu den Massai sind amerikanische Viehzüchter allerdings keine Nomaden, die für die Elefanten regelmäßig Nischen freimachen. Doch immer häufiger bleiben auch die Massai und ihre Rinder jetzt an Ort und Stelle. Was dabei herauskommt, zeigt der öde, überweidete Boden, der den Amboseli National Park umgibt. Angesichts der Immobilienmakler und der Zuwanderer von rivalisierenden Stämmen, die Zäune errichteten und Grenzsteine setzten, bleibt den Massai nichts anderes übrig, als Besitzrechte zu erwerben und auf ihrem Land zu bleiben. Angesichts dieser neuen Form der Landnutzung dürfte sich die Vegetation, so Western, nach dem Verschwinden der Menschen nicht so leicht erholen.
    »Das ist ein echtes Dilemma. Wenn man die Elefanten in einen Nationalpark sperrt und davor Vieh weiden lässt, erhält man zwei vollkommen verschiedene Lebensräume. Drinnen gehen alle Bäume verloren, sodass Grasland entsteht. Draußen entwickelt sich dichtes Buschland.«
    Während der siebziger und achtziger Jahre gerieten die Elefanten in eine globale Konfrontation zwischen der wachsenden Armut Afrikas, die in Kenia mit der höchsten Geburtenrate der Erde verbunden war, und dem Wirtschaftsboom der sogenannten Tigerstaaten in Asien. Dieser Aufschwung nährte ein unersättliches Verlangen nach Luxusgütern, unter anderem auch nach Elfenbein, schlimmer noch als zu den Zeiten des Sklavenhandels.
    Als der Preis, 20 Dollar pro Kilogramm, um das Zehnfache gestiegen war, verwandelten Elfenbeinwilderer Orte wie Tsavo in eine Müllhalde für Elefantenkadaver mit herausgebrochenen Stoßzähnen. In den achtziger Jahren waren mehr als die Hälfte der 1,3 Millionen Afrikanischen Elefanten tot. Nur 19000 blieben in Kenia übrig, eingepfercht in Schutzzonen wie Amboseli. Internationale Verbote des Elfenbeinhandels und Anweisungen, gegen Wilderer rücksichtslos mit der Waffe vorzugehen, mäßigten das Gemetzel, konnten es aber nicht beenden, vor allem nicht das Abschlachten von Elefanten außerhalb der Parks unter dem Vorwand, Felder und Menschen zu schützen.
    Verschwunden sind die Akazien, die einst Amboselis Sümpfe säumten, niedergetrampelt von der viel zu dichten Dickhäuterpopulation. In dem Maße, wie die Nationalparks zu

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