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Die Weltenwanderer

Die Weltenwanderer

Titel: Die Weltenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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rauskommt.«
    »Nein! Nicht! Ich ergebe mich doch.« Die Stimme überschlug sich fast.
    Van Rhyn demgegenüber klang wie ein Grundschullehrer, der die einfachsten Zusammenhänge erneut erklären musste, als er erwiderte: »Du hattest deine Gelegenheit. Dir ist bestimmt geläufig, dass Gefangene sich nicht mehr ergeben können. Die ...«
    »Bitte nicht! Ich ... bitte ... Ihr könnt nicht ...« Hände zuckten, Schnodder wurde geräuschvoll hochgezogen, während im Radio ein Mann ein Schwarzwaldmädel besang.
    »Jetzt auch noch Gewinsel von einem erwachsenen Kerl! Aus euch ist wirklich ein elender Haufen geworden.«
    Er sah in die aufgerissenen Augen, zwinkerte und tröstete: »Hab nur Spaß gemacht. Sollte ich dich erneut irgendwo einfangen müssen, werde ich mein Experiment durchführen. Verstanden, Marú?«
    Ein Fingerschnippen, und sein Gegner sackte zusammen. Der Kopf knallte auf den Tisch.
    Sofort umschlang van Rhyn seinen linken Arm, stieß ein paar Mal geräuschvoll die Luft aus, krümmte sich und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Vorsichtig schälte er sich aus seiner Jacke, die jetzt zwei Löcher aufwies, und riss seinen blutigen Ärmel ab, während er fluchte: »Himmel, tut das weh. Ganz großes Kino! Für eine lässige Geste lässt du den Arm auch noch auf den Tisch knallen. Wie blöd kann man sein? ... Himmel!«
    Allein das Bloßlegen der Wunde brachte ihn zum Schwitzen.
    Die Kugel hatte ihn nur gestreift, dafür aber den halben Unterarm der Länge nach aufgerissen. Es sah übel aus, rot-schwarz und ausgefranst, außerdem brannte es wie Feuer. Blut verschmierte den Arm und tropfte auf den Boden.
    Als erwachsener Mann verdrängte er heldenhaft den stärker werdenden Wunsch, ein wenig zu winseln, zog stattdessen die Luft zwischen zusammengepressten Zähnen ein.

    Er suchte in Schränken nach Stoffservietten oder -decken, fand nur zerschlagenes Porzellan, verstreutes Besteck und Papierservietten. Lauthals schimpfte er über die moderne Wegwerfgesellschaft und entdeckte endlich vergilbte Servietten aus Leinen mit gehäkelter Spitze. Die Spitze passte nicht wirklich auf den schwarzbehaarten Arm. Trotz der Schmerzen musste er grinsen, verband die Wunde und verknotete den Stoff mit Hand und Mund.
    Nicht zum ersten Mal ärgerlich darüber, dass Selbstheilung grundsätzlich nicht zu den Fähigkeiten der Rhanmarú zählte, machte er sich auf die Suche nach dem Badezimmer. Er hegte die Hoffnung, dort ein Schmerzmittel zu finden, fand im Spiegelschrank auch Tabletten, die sich gegen Kopfschmerzen sowie Menstruationsbeschwerden empfahlen.
    Mit den Worten: »Hab ich nun grad beides nicht, aber schaden kann’s kaum«, warf er zwei Pillen ein.
    Er setzte sich auf den Wannenrand und wühlte sein Handy aus der Hosentasche. Leichter wäre es gegangen, hätte er sich noch einmal kurz erhoben, darauf kam er jedoch im Augenblick nicht. Während das Freizeichen ertönte, schweifte sein Blick umher: vergoldete Wasserhähne zu schwarzen Fliesen. Ein goldener Schwan zierte die Kacheln über der Badewanne. Eine präparierte Eule hockte auf dem Fensterbrett.
    »Meine Güte! Was manche Leute schön finden«, murmelte er und schüttelte den Kopf.
    Die Verbindung war da. »Bin fertig, Henry. Waren aber vier statt drei. Zählt beim nächsten Mal besser nach! ... Nein, passiert ist nichts Aufregendes. Der Rest liegt bei euch. Ich verschwinde. Sieh zu, dass wir möglichst schnell ein »Abgeschlossen« unter den Fall setzen können! ... Ja, danke ... ich dir auch. Bis dann!«
    Das Handy verschwand in der Hosentasche.
    Menstruationsbeschwerden und Schusswunden mussten Gemeinsamkeiten haben. Er fühlte sich jedenfalls etwas besser und ging zurück ins Esszimmer. Genauso vorsichtig wie beim Ausziehen, streifte er seine Jacke über. Frustriert sah er auf die Männer am Boden.
    »Manchmal wünschte ich mir eure Gesinnung. Dann wärt ihr tot, und ich hätte keine Mühe mehr mit euch.«
    Er überlegte kurz, ob er seine Gefangenen mit einem Reisezauber nach Waldsee schaffen sollte, entschied sich aber dagegen. Er wollte nicht schon wieder sämtliche Wetterstationen in Alarmbereitschaft versetzen. Offensichtlich führte der Zauber zu abnormen Temperaturschwankungen. Die wiederum konnten zu umfangreichen Untersuchungen führen, die es besser zu vermeiden galt.

    Zur selben Zeit an anderem Ort:
    Düfte nach Bratwurst, Waffeln und gebrannten Mandeln hingen noch in der Luft. Kinderkarussells, Stände zum Dosenwerfen oder Losbuden waren längst

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