Die Weltenwanderer
Gewicht zu verleihen und Erik ins Grübeln zu bringen. Was er ja auch geschafft hat.«
»Das könnte durchaus sein«, gab Adrian zu. »Klingt gar nicht so abwegig.«
Holly sprang plötzlich auf. »Hat es gerade acht geschlagen? Anna, wir müssen gehen. Ich schreib morgen ’ne Englischarbeit. Meine Mutter rastet aus, wenn ich zu spät heimkomme.«
Als die Jungen kurze Zeit später das Zimmer verließen, konnte Adrian es sich nicht verkneifen, einem Mitglied aus Ralfs Mannschaft mitzuteilen, dass ihr Team nunmehr komplett sei. Seine Reaktion darauf war derart heftig, dass Erik sich danach tatsächlich vorstellen konnte, dass Annas Vermutung richtig war.
Endlich im Bett, ließ er den Tag Revue passieren. Er war ein Magier, dessen Vorfahren einst von einem fremden Planeten gekommen waren. Es war schon verwunderlich, wie selbstverständlich, eher noch nebensächlich alle, die er bisher kennen lernen durfte, ihre Gaben hinnahmen. Vielleicht war es anders, wenn man mit diesem Wissen aufwuchs. Und wenn man mit seiner Magie lediglich eine Kerze entzünden konnte, war sie in der Tat bedeutungslos.
Zu gern hätte er gewusst, wie weit er es als Magier bringen würde. Aeneas hatte gesagt, er hätte »ganz schön Power«. Das klang vielversprechend und ließ seine Zukunft in einem interessanteren Licht erscheinen. Nur kurz dachte er an die Computerwarnung und die Bibliothek. Die merkwürdigen Vorkommnisse hatten wohl ganz simple Hintergründe.
Er seufzte wohlig. Es gab noch einen weiteren Grund für sein Wohlbefinden: Er war verliebt. Zumindest nahm er an, verliebt zu sein, denn dieses Gefühl war ihm neu, fühlte sich aber gut an. Ein seltsames Flattern in der Magengegend suchte ihn heim, und wohlige Schauer überliefen ihn, sooft er an Holly dachte. Sie war so natürlich, so hübsch und so niedlich. Sie war ...
Vertreiben lassen würde er sich nicht. Er wollte mit Holly zum Mittelpunkt des Universums reisen. Junge, Junge, klang das gut!
----
6
Leona kauerte mit angezogenen Beinen auf einer Matratze. Obwohl sie sich in eine Decke gehüllt hatte, zitterte sie vor Kälte. Ihr kam es vor, als wäre sie schon Wochen in diesem Kellerverlies, in das kein Lichtschein fiel.
Die nackte Glühlampe, die von der Decke hing, brannte dafür Tag und Nacht und beschien den kleinen Tisch, an dem sie essen konnte. Wollte sie auf die Toilette, musste sie klopfen. Ein Mann brachte sie dann zu einem Badezimmer, das nur über einen Luftschacht verfügte. Doch nicht einmal aus einem Fenster wäre ihr die Flucht gelungen. Nicht mit ihrem verstauchten Knöchel!
Selbst Bully hätte sie einholen können.
Drei Männer sah sie abwechselnd. Da sie sich nicht vorgestellt hatten, hatte sie ihnen selbst abwertende Namen gegeben. So wirkten sie weniger fremd und bedrohlich. Den großen Glatzkopf nannte sie »Bully«, den Brillenträger »Blindschleiche«, den sonnenbankgebräunten Schönling »Babyface«.
Bully mit seiner schwarzen Kleidung und den Tätowierungen an den Unterarmen hatte ihr zunächst die größte Furcht eingeflößt, sich aber schnell als der Netteste erwiesen. Er hatte ihr sogar ein Kissen und Zeitschriften gebracht. Blindschleiche sprach kein Wort, Babyface ging in seiner Rolle als Bewacher auf und ließ keine Gelegenheit verstreichen, ihr zu drohen.
Ihre Gedanken glitten zu Erik. Ob es ihm gut ging? Hatte sie das Richtige getan?
Nur Fehler hatte sie in der letzten Zeit begangen. Sie schniefte und rubbelte sich mit der Decke übers Gesicht.
Sie hätte ihm längst die Wahrheit sagen müssen. Oder doch nicht? Hatte sie Eriks Situation verbessert oder verschlimmert? Sie wusste es nicht.
Sie hätte auf alle Fälle auf die Benzinanzeige achten müssen. Selbst der treueste Wagen konnte nicht ohne Sprit fahren. Wäre sie nicht in Gedanken ganz bei Erik gewesen, hätte sie der langsam vorbeifahrenden Limousine mehr Aufmerksamkeit geschenkt, sie nicht erst bemerkt, als es schon zu spät war. Ihre Flucht zu Fuß war nach ihrem Sturz von der Böschung kurz gewesen. Das bisschen Magie, das sie besaß, hatte ihr nicht weitergeholfen. Jetzt saß sie hier und wusste nicht einmal, was die Männer mit ihr vorhatten. Niemand sagte ihr etwas. Sie ging längst nicht mehr davon aus, dass es Ordnungshüter von Xerxas waren. Warum sollten die sie hier in einem Keller festhalten? Nur, wer waren sie dann?
Noch fester wickelte sie die Decke um sich und zitterte trotzdem.
Am nächsten Nachmittag lernte Erik bei einer Teambesprechung im Übungsraum
Weitere Kostenlose Bücher