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Die Weltenwanderer

Die Weltenwanderer

Titel: Die Weltenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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Seite.
    Der Krieg war beendet, der Hass auf den ehemaligen Gegner wurde jedoch in beiden Völkern von Generation zu Generation weitergetragen.
    Die Rhan nahmen die Erkenntnisse zum Anlass, ihr Staatswesen neu zu ordnen. Hatte es vor dem Krieg lediglich das Tribunal als einziges Staatsorgan gegeben, wurde jetzt eine Gewaltenteilung mit gegenseitiger Überprüfung eingeführt.
    Gerichtshof war immer noch das Tribunal, Regeln wurden nunmehr aber vom Hohen Rat beschlossen, der dafür jedoch zwei Zustimmungen benötigte: der des gewählten Rhanlords, der das höchste Amt Rhanmarús innehatte, und der der Ehrwürdigen Mutter Oberin. Diese Dame stand einem Orden vor, der über die Wahrung von Sitten und Gebräuchen wachte.
    Die Einhaltung der Regeln wurde von den Boten überwacht, der Schutz der Rhan oblag den Ringlords.
    Erik sah versonnen aus dem Fenster. Das klang alles so neu nicht. Ob es im Universum wohl auch einen bewohnten Planeten gab, der noch keinen Krieg gesehen hatte? Unwillkürlich hatte er damit begonnen, den Ball zu kneten. Das erinnerte ihn wieder daran, dass er ja üben sollte. Er hielt ihn auf der Handfläche, starrte ihn an und versuchte an die Luft um ihn herum zu denken.

    Ob ihm das gelungen war, hätte er nicht mehr sagen können, als ein Klopfen ihn weckte. Den Kopf auf dem Schreibtisch hörte er Adrians Stimme.
    »Hey, Erik! Kommst du mit nach unten?«
    »Jaaaa!« Er gähnte, rubbelte mit beiden Händen im Gesicht herum und ging zur Tür. Er wäre beinahe über den Stoffball gestolpert, der mitten im Zimmer lag, und hob ihn auf.
    Mit einem Schulterzucken murmelte er: »Genau hierhin wollte ich dich haben. Du bist mir nicht aus der Hand gefallen, als ich eingeschlafen bin, und über den Boden gekullert. Stimmt’s?«
    Er warf den Ball auf einen Sessel und schloss sich Adrian an.
    Im Kaminzimmer lernte er einige der jüngeren Bewohner Waldsees kennen, die sich zu Doppelkopf-, Billard-, Dart- oder Gesprächsrunden eingefunden hatten. Es wurde geredet, gelästert, gelacht und gestritten. Er selbst wurde von allen freundlich bis desinteressiert begrüßt.
    Adrian zog ihn zu einem Vierertisch und fluchte ausgiebig darüber, dass Mädchen immer zu spät kommen mussten. Mittendrin rauschte Frau Meise durch den Raum und nickte grüßend in alle Richtungen.
    Adrian grinste ihn an und erklärte: »Sie kontrolliert, ob das Rauchverbot eingehalten wird. Es gibt hier auch ein Raucherzimmer für Leute ab achtzehn, das allerdings nur von Hartgesottenen benutzt wird. Kaum hat man sich nämlich eine Zigarette angezündet, schon kommt eine vorwurfsvoll blickende Luise Meise und reißt sämtliche Fenster auf, damit der Qualm sich nicht in die Polster setzt. Wenn du hier mal aus Versehen das Mobiliar abfackelst, ist das nicht so schlimm, aber lass dich bloß nicht mit einem Glimmstängel erwischen.«
    Erik zuckte die Achseln. »Da besteht keine Gefahr. Ich finde Rauchen doof. Was ich dich aber fragen wollte: Wieso wohnst du auch im Herrenhaus? Lebt deine Familie nicht in Waldsee?«
    »Meine Familie? Die Geschichte kennt hier jeder. Da kann ich sie dir auch gleich selbst erzählen.«
    Das erste Mal, seit Erik Adrian kennen gelernt hatte, überzog Ernst dessen Gesicht, und die Stimme klang nahezu bitter, als er fortfuhr: »Ich weiß nicht einmal, ob ich noch eine habe. Zumindest weiß ich nicht, ob meine Eltern sich noch an mich erinnern. Hab seit Monaten nichts von ihnen gehört.»
    Seine Stimme wurde immer heiserer, als er weitersprach: »Erst wohnten wir in Kiel, dann erbte meine Mutter ein Haus in Waldsee, und wir zogen um. Mein Vater war Außendienstmitarbeiter einer Versicherung und ständig unterwegs. Dann wurde er durch den Aufkauf seiner Gesellschaft durch eine größere arbeitslos. Ausgerechnet er: der Topvertreter der alten Firma! Er versank in Selbstmitleid, trank Unmengen Alkohol. Dann traf er bei einer Sauftour irgendeinen Typen von einer sonderbaren Kirchengemeinde und sah sich von jetzt auf gleich zum Prediger berufen. Ich war zuvor nie in einer Kirche gewesen, plötzlich sollte ich ständig beten. Mein Vater war ein mäßiger Larvator. Weißt schon, diese Geistmagier mit ihrem Telepathiekram. Er konnte gut reden. Geld floss, und er wurde so etwas wie ein Wanderprediger. Ich bekam das alles nicht so schnell auf die Reihe und störte damit den Geld-Glaubens-Segen. Meine Eltern wollten nur das Beste für mich, wozu offensichtlich nicht gehörte, mit ihnen durch die Lande zu reisen. Also gaben sie mich beim

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