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Die Weltreligionen. Vorgestellt von Arnulf Zitelmann

Titel: Die Weltreligionen. Vorgestellt von Arnulf Zitelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnulf: Zitelmann
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waren jedoch nicht so optimistisch wie Lichtenberg, Goethe oder Steiner. Und Buddha schon
     gar nicht, der davon ausging: Wenn etwas schief gehen kann, dann passiert es auch! Damit muss der Mensch rechnen. Er ist zum
     Leiden geboren, seine einzige Hoffnung bleibt die Wiedergeburt unter verbesserten Bedingungen – oder das endgültige Erlöschen
     im Nichts.
    Bei Buddha befindet sich der Mensch im freien Fall durch das Samsara, den endlosen Kreislauf der Geburten. Hier wird das Leben,
     nicht der Tod gefürchtet. Der Lebensprozess gleicht einem grauenvollen Ineinander von Schlachthaus und Gebärhaus: ein »Höllenschlund,
     der seine Geburten frisst, seinen Fraß gebärt«, wie es der Philosoph Ernst Bloch treffend ausdrückte. Dantes mittelalterliche
     Höllen, die er in seiner
Göttlichen Komödie
entwarf, sind Urlaubsorte verglichen mit dem jenseitigen Strafvollzug, den die buddhistischen Lehren verkünden. Deshalb suchte
     Siddharta nach der großen Lösung. Die kleinen Fluchten durch die Verbesserung der Wiedergeburten, die ihm seine asketischen
     Lehrer anboten, genügten ihm nicht.
    Siddharta brauchte die große Lösung, weil er die Welt entzaubert hatte. Das Eine in dem Vielen gab es nicht. Nur das Viele
     war real. Kein Fixpunkt bot den Menschen einen Halt in dem fließenden Prozess des Werdens. Keine Weltseele, in die sich die
     Einzelseele einbetten konnte, nichts was die Welt innerlich zusammenhielt. Er hatte es probiert, aber eine Erlösung in der
     Welt existierte |56| nicht. Ihre unerbittliche Endlosigkeit ließ keine Hoffnung, dem Ringen und Schlingen zu entkommen.
    Das kann nicht die ganze Wahrheit sein! Etwas außerhalb des Furchtbaren muss es doch geben! Siddharta protestierte und suchte
     nach einem Ausweg. Er fand ihn in der dritten Nachtwache unter dem Bodhi-Baum: das weltlose, gegenweltliche Nirwana, unbefleckt
     vom Werden und Gewordensein. Ein einziges zur Ruhe und zum Ende kommen. Der Kreislauf des Stirb und Werde war durchbrochen.
     Buddha war erwacht. »Vernichtet ist die Wiedergeburt, gelebt ist der heilige Wandel. Getan ist, was zu tun war, damit ich
     nicht wiederkomme.« Die Welt ist ein langer Irrtum, der Mensch passt nicht in sie hinein, niemals und nirgends. Das einzig
     reale, dem Menschen entsprechende Gegenüber ist das Nichts, das Nirwana-Nichts.
    »Woher das Sanfte und das Gute kommt«
    Der Erleuchtete hätte sein Durchbrucherlebnis für sich behalten können. Aber er fasste es in Worte und zog damit hinaus in
     die Welt, bewegt vom Mitleid und vom Erbarmen mit allem, was lebt und strebt. Und er lehrte: Die Welt ist Erleiden. Immer
     ist der Mensch Objekt, niemals Subjekt, niemals Herr seiner selbst, alle Ichheit ist Illusion.
    »Dies ist die große Wahrheit vom Leiden: Geburt ist Erleiden, Krankheit ist Erleiden, Alter ist Erleiden, mit Unliebem vereint
     sein ist Erleiden, von Lieben getrennt sein ist Erleiden, nicht erlangen, was man begehrt, ist Erleiden, kurzum, die fünf
     Gegenstände des Ergreifens sind Leiden. ...
    Dies ist die große Wahrheit von der Entstehung des Erleidenmüssens: Es ist der Durst, der von Wiedergeburt zu Wiedergeburt
     führt, Freude und Begierde, die hier und dort ihr Ziel finden: Sinnendurst, Werdensdurst, Vergänglichkeitsdurst. Dies ist
     die große Wahrheit von der Aufhebung des Erleidenmüssens: Die Aufhebung des Durstes durch völlige Vernichtung des Begehrens,
     den Durst aufgeben, sich seiner entäußern, sich von ihm lösen und befreien. Dies ist die große Wahrheit vom Weg zur Aufhebung
     des Erleidenmüssens, der Große Achtteilige Weg: rechte Begriffe, rechte Entscheidung, rechtes Reden, rechtes Verhalten, rechte
     Lebensführung, rechte Zielsetzung, rechtes Überdenken, rechtes Sich-Versenken.«
    Mit dieser Botschaft trat Buddha in Benares zum ersten Mal an die Öffentlichkeit. Dort stieß er auf fünf Asketen, die ihn
     von früheren Begegnungen her |57| kannten. Zunächst verweigerten sie ihm den Gruß, denn sie waren ehemals in Unfrieden voneinander geschieden. Dann aber, überwältigt
     von Siddhartas strahlender Heilsgewissheit, hießen sie ihn als Freund willkommen. Dieser jedoch verbat sich die vertrauliche
     Anrede: »Man redet den Tathagata, einen so Gekommenen, nicht mit Namen und als Freund an! Ein Heiliger ist der Tathagata,
     der vollkommen Erwachte!« Dann erklärte er ihnen die Vier Großen Wahrheiten und den Achtfachen Pfad, den Heilsweg zum Nirwana.
     Die Worte der Frohbotschaft, die Buddha den ersten Jüngern

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