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Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Titel: Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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Subprime-Immobilienmarkts reden; zu viele riskante Kredite haben dazu geführt, dass überhaupt keine Kredite mehr vergeben werden, weil keiner weiß, worin die Vermögenswerteder einzelnen Banken bestehen. Milliarden von Pfund schwere Derivate, die vielleicht nicht das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben sind, wurden verkauft und immer wieder weiterverkauft. Fälle von Hypotheken kommen ans Licht, die durch nichtexistierende Immobilien gesichert waren, Hypotheken an Personen, die nicht existieren, Hypotheken im Namen von Personen, die längst tot sind. Es scheint, als hätten es alle so eilig gehabt, an Geld zu kommen, dass sich keiner die Mühe gemacht hat, genauer hinzusehen. Serge hört mit distanziertem Interesse zu. Alles klingt so zwielichtig und bedeutungslos.
    Bilder von letzter Nacht schwirren ihm durch den Kopf. Was ist in dem anderen Zimmer passiert? Er versucht sich zu erinnern. Irgendwas mit einem Hund.
    »Was hätten Sie gern zum Frühstück, mein Lieber? Weetabix oder Flakes?«
    Klingt wie Hundefutter.
    »Ich bin nicht sehr hungrig, danke, Juliette.«
    Im Fernsehen haben sie den G20-Gipfel abgehakt. Zwölf Bergleute in Rumänien verunglückt. Israel riegelt den Gaza-Streifen ab. Britney Spears wegen gefährlichen Fahrverhaltens verurteilt. Was für eine hässliche Unordnung in der Welt.
    Sie beugt sich vor und schaltet den Fernseher ab. »Ein Wunder, dass Sie keine Alpträume hatten, bei laufendem Fernseher die ganze Nacht.«
    »Vielleicht ... Juliette, haben Sie je ...?«
    »Und noch was – warum nennen Sie mich die ganze Zeit Juliette?«
    »Ich dachte ...«
    »Ich heiße Margaret, mein Lieber. Das habe ich Ihnen doch gesagt. Erinnern Sie sich nicht?«
    Juliette ist also ihr »Künstlername«.
    »Und Sie heißen George, haben Sie gesagt. Schöner Name. Wie der Heilige.«
    Serge nickt schweigend. Er hat durchaus Sympathie übrig für den heiligen Georg, den Schutzheiligen von Doncaster, aber er kann sich nicht erinnern, dass er seinen Namen angenommen hat. Er erinnert sich überhaupt nicht an das Gespräch.
    Sie nimmt eine schwere schwarze Tasche mit einem gepolsterten Schulterriemen. »Ich muss los, Hausbesuch. Kommen Sie eine Weile allein zurecht, George?«
    »Klar.«
    »Ich lasse Beastie hier. Manchmal regt er sich auf, wenn ich arbeite. Er ist so besitzergreifend. Du böser Junge.«
    Beastie bellt und wedelt mit dem Schwanz.
    »Wenn Sie Lust haben, mit ihm G-A-S-S-I zu gehen, können Sie einen hübschen Rundgang zum Smithfield Market und zu St. Paul’s machen. Aber vergessen Sie nicht die Hundetüte. Manche Leute regen sich sonst schrecklich auf, das können Sie sich gar nicht vorstellen. Ich meine, es ist doch nur der Lauf der Natur, oder nicht?«
    »Mhm.«
    »Und wenn Sie Hunger haben, bedienen Sie sich.« Sie zeigt zur Küche, dann verschwindet sie. »Auf Wiedersehen, George! Bye-bye, Beastie! Bye!«
    Als sie fort ist, geht er in die Küche und setzt Wasser auf. Jetzt hat er doch Hunger, auch wenn sein Gesicht immer noch pulsiert. Er öffnet den Kühlschrank, aber es sind nur die ranzigen Reste eines Currygerichts darin, zwei vertrocknete Toastbrötchen und eine Monsterwurst in einer Plastikhülle. Die nimmt er heraus. Sie sieht anders aus als alle Würste, die er kennt – eigentlich wie ein riesiger Penis in einem riesigen Kondom. Er schneidet sich eine Scheibe ab. Der Geschmack ist fad, leicht fleischig, leicht chemisch. Die Konsistenz ist gummiartig. Er muss sich überwinden, herunterzuschlucken. Beastie ist ihm in die Küche gefolgt und schnüffelt gierig am offenen Kühlschrank,seine Nase zittert, und mit dem wedelnden Schwanz peitscht er gegen Serges Bein.
    »Geh weg, Beastie.«
    Der Schwanz hört zu wedeln auf, und Beastie knurrt. Serge hält sich die Monsterwurst unter die Nase. Der Geruch ist nicht angenehm. Dann sieht er in verblassten Buchstaben den Aufdruck auf der Plastikhaut: »Top Dog Hunde-Dinner.« Ach so. Er erinnert sich an seine erste Begegnung mit dem Hund auf dem Platz vor St. Paul’s – Doros erbitterte Wut, Beasties entschlossener Haufen, Juliettes gedemütigter Abgang. Das hier erklärt die Verdauungsprobleme der armen Kreatur. Doch als er die Wurst gerade zurück in den Kühlschrank legen will, schnappt sie ihm der Pudel mit einem plötzlichen Sprung, den er ihm nicht zugetraut hätte, aus der Hand und schleppt sie ins andere Zimmer. Bis Serge ihn hinter dem Sofa aufgespürt hat, ist von der Wurst nicht mehr übrig als die abgekaute Plastikhaut.
    Er feuchtet

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