Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Titel: Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
Vom Netzwerk:
je zuvor. »Siehst du die Karre da draußen, Jackie? Weißt du, wie viel das Ding gekostet hat? Fünfzig Mille. Wie soll ich das Baby jetzt abzahlen?«
    Er hüpft von einem Fuß auf den anderen. Seine Jeans sehen aus, als würden sie ihm jeden Moment von den Hüften rutschen.
    »Ich hab dir doch gesagt, dass ich meinen Job verloren hab. Ich habe noch Schulden bei meinem Handyvertrag.«
    »Ich muss meinen Laden am Laufen halten, Jackie. Ich habe Ausgaben.« Er tritt gegen einen der Kartons, hinterlässt eine Delle in der Pappe. »Hast du etwa vor abzuhauen? Mich in der Scheiße sitzen zu lassen?«
    »Lass mir eine Verschnaufpause, Trev. Nur ein paar Wochen.«
    »Du bist ein schlimmes Mädchen, Jackie.«
    Clara sieht zwar seinen Blick nicht, aber sie hört die Drohung in seiner Stimme.
    »Und ich stehe auf schlimme Mädchen. Ich hab dich schon immer scharf gefunden, Jackie.«
    Er streckt die Hand aus. Jackie weicht zurück.
    »Sei nicht so ein Wichser, Trev.«
    Jetzt eilt Clara auf den Flur, um ihr zu helfen.
    Trevs Augen glitzern, als er sie wiedererkennt. »Wow! Da ist ja auch die sexy Lehrerin!«
    »Herrgott noch mal!«
    »Lass die Finger von meiner Mam! Und von meiner Freundin. Oder ich zeig’s dir!« Jason plustert sich unter seinem riesigen T-Shirt auf.
    »Du kleiner Scheißer? Dass ich nicht lache. Siehst du das hier?« Er macht den Reißverschluss seiner Jacke auf, packt Jason am Ohr und zieht seinen Kopf ans Label. »Echt Versatsche. Und jetzt verpiss dich, solange ich mich mit den Ladys unterhalte.«
    »Aua! Lass los!«
    »Hören Sie sofort auf!«, bellt Clara mit derselben Stimme, mit der sie auf dem Schulhof die Raufbolde anschreit. »Sie vergreifen sich an einem Minderjährigen!«
    Sie packt ihn am Ärmel. Er zieht den Arm weg. Mit einem Ratschen reißt der Ärmel ab.
    »Jetzt sieh dir an, was du gemacht hast! Weißt du, wie viel das Ding gekostet hat?« Sein Gesicht wird lila wie eine Sturmwolke, und seine Pickel leuchten wie glühende Nadelköpfe.
    »Sieht aus wie echt Schund.« Clara wirft den Ärmel auf den Boden und stampft darauf herum.
    Es klingelt an der Tür.
    Niemand rührt sich.
    Aber wer immer es ist, er hat einen Schlüssel, ein Knacken ist zu hören, und im nächsten Moment geht die Tür auf und Megan kommt herein: roter Lippenstift, rote Stöckelschuhe, roter Schirm. Sie sieht viel selbstbewusster und farbenfroher aus, als Clara sie von der Kommune in Erinnerung hat.
    »Was ist hier los? Jason hat mich angerufen.« Sie wendet sich an Mr. First Class Finance. »Egal was du zu verkaufen hast, Tricky, sie will es nicht.«
    »Wow, jetzt auch noch die Glämmer-Omma! Ich bin dabei!«
    »Verpiss dich, Schmarotzer!« Megan sticht mit dem Schirm nach ihm.
    Das Ganze fängt an, richtig Spaß zu machen. Clara packt ihn am anderen Ärmel und zieht.
    Megan zerrt an seinem Gürtel. »Runter mit der Buxe!«
    »Oh ja! Drei Weiber auf einmal! Aber passt auf mein Hemd auf, das ist Ralph Lauren! Ich nehm die Omma zuerst.«
    »Du dreckiger Scheißhaufen!«, schreit Jason. »Vorsicht, Oma!«
    Er nimmt Anlauf, bückt sich und rammt den gesenkten Kopf Trev in den Schritt. Trev heult auf und sinkt in die Knie.
    »Gut gemacht, Jason«, schnurrt Megan. Sie zwinkert Clara zu. »Der Doncaster-Kuss.«
    Clara lächelt nervös.
    Es klingelt.
    Jason macht auf, und Stadtrat Loxley kommt herein, in einem grauen Anzug und mit stählerner Miene. Er sieht sich mit Luchsaugen um.
    »Jemand hat bei mir im Büro angerufen«, sagt er. »Wie kann ich helfen?«
    Clara sieht ihm einen Moment in die Augen und zuckt überrascht mit den Schultern.
    Mr. First Class Finance hebt den Kopf. »Dad ...«
    »Halt den Mund«, zischt der Stadtrat. »Ich bin nicht dein Vater. Verstanden? Ich hab dich gewarnt ...«
    »Oh, vielen Dank, Sir, dass Sie gekommen sind, Sir!« Jackie wirft ihm die Arme um den Hals. Der oberste Knopf ihrer Bluse springt auf.
    Es klingelt.
    Der Stadtrat rückt sich die Krawatte zurecht, Jackie richtet sich die Bluse, Megan wickelt sich den Gürtel um die Hand. Trev stopft die abgerissenen Ärmel in die Tasche. Clara hält die Luft an, als Jason die Tür aufmacht.
    Auf dem Gehweg steht ein massiger, fett gewordener Muskelmanninklusive Tätowierungen und Netzhemd. Er schiebt eine Transportkarre. Auf der Transportkarre steht ein riesiger nagelneuer weißer Herd. Hinter dem Muskelmann und dem Herd steht Mr. Philpott. Er hat einen Strauß rote Rosen in der Hand.
    »Schöne Nymphe!«
    Er tritt vor und hält Jackie die Rosen hin.

Weitere Kostenlose Bücher