Die widerspenstige Braut (German Edition)
sie diese Anrede hörten. Audrianna warf ihrem Ehemann einen Blick zu. Sebastian gab vor, ihn nicht zu bemerken. Hawkeswell war über den kleinen Beweis froh, dass er scheinbar doch einen Verbündeten hatte.
»Ich habe mit meinem Vater in seinem Haus in der Nähe seiner Eisenhütte gelebt und auf den Feldern dahinter gespielt. Er bemerkte viele Jahre lang nicht, dass ich heranwuchs, daher genoss ich eine Kindheit, die länger war als die vieler anderer Mädchen.«
»Und als er es bemerkte?«, fragte Sebastian.
»Tat er das, was jeder Vater mit einer mutterlosen Tochter tun würde. Er engagierte eine Gouvernante.« Sie verzog widerwillig ihr Gesicht und wirkte dabei einen Augenblick lang wieder wie jenes Mädchen.
»Und da begann zweifellos der Drill«, sagte Hawkeswell.
»Mit dreifacher Stärke, um die verlorene Zeit wettzumachen«, gab Verity zu. »Sie nahm ihre Aufgabe, mich zu erziehen, äußerst ernst, und belehrte mich täglich nicht nur, wie sich die bessere Welt benimmt, sondern auch darüber, wie die gesellschaftlichen Konsequenzen der Sünde aussehen.«
»Ich hätte deinem Vater eine Menge Geld ersparen können«, sagte Audrianna. »Es gibt Ratgeber für weniger als einen Schilling, die all das erklären. Du erinnerst dich an diese Bücher, nicht wahr, Sebastian? Die deine Mutter mir gegeben hat?«
Sebastian blickte schicksalsergeben gen Himmel und hoffte darauf, von den Erinnerungen an die Beleidigungen seiner Mutter befreit zu werden. Audrianna lachte. Verity ebenfalls, zum ersten Mal seit drei Tagen.
Ihre Augen leuchteten auf dabei. Auf einer Wange formte sich ein kleines Grübchen. Es war ein sehr weibliches Lachen, aber nicht albern oder schrill. Es war ein sanfter und sehr hübscher Klang.
»Jedenfalls war ich nicht die beste Schülerin«, sagte Verity und kehrte zu ihrer Erzählung zurück. »Ich gebe zu, dass ich ihr manchmal ein wenig das Leben schwer gemacht habe. Wenn ich den Unterricht zu schrecklich fand, schlich ich mich in Katys Haus, wo ich etwa eine Stunde lang wieder Kind sein durfte.«
»Du hast die Lektionen vielleicht gehasst, aber du hast sie trotzdem verinnerlicht«, erwiderte Audrianna. »Selbst Celia nahm an, dass du eine geborene Dame bist, und sie lässt sich nicht leicht täuschen.«
»Ich nehme an, dass sie sich von mir überhaupt nicht hat täuschen lassen«, sagte Verity. »Sie hat sicherlich gemerkt, dass ich lediglich Schullektionen zitiere und nicht von den Überzeugungen und dem Wissen meiner eigenen Welt sprach.«
Hawkeswell entging nicht, wie Verity das einfließen ließ. Wieder einmal erinnerte sie ihn daran, dass sie »nicht zueinanderpassten«, wie sie es nannte. Es ließ ihn darüber nachdenken, ob sie vielleicht befürchtete, von der Gesellschaft oder ihm selbst immer als die unpassende Ehefrau angesehen zu werden.
Das musste unangenehm für sie sein. Selbst in diesem Moment, während sie hier mit Sebastian und ihm saß, musste es für sie eine Anstrengung sein, jedes Wort und jede Geste zu proben, bevor sie sprach oder sich bewegte.
»Haben Sie Ihren Brief an Katy geschrieben?«, fragte er. »Sie war viele Jahre lang Mr Thompsons Haushälterin«, erklärte er Sebastian und Audrianna.
»Ja, er ist fast fertig. Ich würde ihn morgen gerne aufgeben, Audrianna.«
»Natürlich. Gibt es sonst jemanden, dem du gerne schreiben würdest?«
Verity dachte kurz darüber nach. »Auf jeden Fall Mr Travis. Es gibt Dinge, die ich gerne wissen würde und über die ich mir Gedanken mache. Er wird meine Fragen ehrlich beantworten. Doch ich werde noch so lange warten, bis ich genau weiß, wie meine Situation aussieht.«
Deine Situation sieht so aus, dass du verheiratet bist. Dieser kleine Ausrutscher ihrerseits war der offensichtlichste Hinweis darauf, dass sie immer noch glaubte, die Situation verändern zu können. Er würde ihr sehr nachdrücklich erklären müssen, dass sie mit dieser Vorstellung ihre Zeit verschwendete.
»Wer ist Mr Travis?«, fragte Audrianna.
»Er ist der Leiter der Eisenhütte und der einzige Mann, dem mein Vater das vollständige Geheimnis der Metallbohrdrehbank anvertraute, die er erfunden hatte. Er ist sicherlich noch immer dort. Bertram kann ihn nicht losgeworden sein.«
»Ein gefährliches Risiko«, sagte Sebastian. »Was, wenn Mr Travis etwas zustößt? Der komplette Geschäftszweig müsste eingestellt werden.«
Verity ließ sich von einem Diener noch etwas Tee einschenken. »Ich sagte, dass er der einzige Mann war, dem mein Vater
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