Die widerspenstige Braut (German Edition)
dem Regen lauschen.«
Er ergriff ihre Hand, sodass sie nicht sofort gehen konnte. Dann betrachtete er sie von oben bis unten. Er musterte das helle Kleid, den venezianischen Schal und den Hals, der jene Perlenkette niemals wieder getragen hatte. Schließlich sah er ihr in die Augen.
»Verity, in deinem Ankleidezimmer gibt es eine Tür. Sie führt in einen schmalen Flur. Hast du sie bemerkt?«
»Ja. Es ist ein seltsamer kleiner Gang ohne Zweck, aber er hat ein Fenster mit einer hübschen Aussicht.«
»Dieser Flur hat einen sehr wichtigen Zweck. Er verbindet unsere Gemächer.«
Einen Moment lang ging sie gedanklich den Grundriss der Zimmer durch. Sie hatte gedacht, dass seines viel weiter entfernt liegen würde.
»Verity, ich möchte, dass du die Tür an deinem Ende des Ganges heute Nacht unverschlossen lässt.«
»Ja, natürlich.« Sie war nicht überrascht. Sie hatte keine Ahnung, wie oft diese Dinge vorkamen, doch sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit gewesen war, bis es wieder so weit war.
Er küsste ihre Hand und ließ sie los. Sie ging hinauf, um sich auf eine weitere körperliche Vereinigung vorzubereiten.
Hawkeswell erwartete zwar, dass die Tür wahrscheinlich unverschlossen sein würde, aber bei Verity wusste man nie. Also war er zufrieden, als sich die Klinke problemlos herunterdrücken ließ.
Sie hatte sich in den letzten Tagen so seltsam benommen. Ihr Verhalten war sehr förmlich geworden, ganz so, als ob sie nun, wo die Rolle der Gräfin unausweichlich war, ihre Erziehung zur Etikette wiederaufleben ließe und die Tage damit verbringen würde, sie zu üben. Sie hatte sich während der Besuche ihrer ländlichen Nachbarn hervorragend geschlagen und sich selbst von Tante Julias herrischem Auftreten nicht einschüchtern lassen. Doch leider behandelte sie ihn mit der gleichen kühlen Distanz.
Seine Begierde war in den letzten sechs Tagen immer stärker geworden. Verity saß ihm bei den Mahlzeiten steif gegenüber und hob ihre Gabel in einem bedächtigen, eingeübten Ritual an den Mund, doch ein Teil seiner Gedanken beschäftigte sich allein mit erotischen Betrachtungen. Nun, während er in der Dunkelheit ihres Schlafgemachs herumtappte und sich daran zu erinnern versuchte, wie die Möbel standen, tobte in ihm ein Sturm, der herausbrechen wollte.
Er wartete darauf, dass sich seine Augen an die Beleuchtung anpassten, doch der Raum blieb eine tiefschwarze Leere. Plötzlich kam ihm in den Sinn, dass sie dies geplant haben und Möbel in den Weg gestellt haben könnte, damit er darüber stolperte. Bei der Vorstellung, sie könne eine solche Rache ausgeheckt haben, musste er schmunzeln, doch er kehrte trotzdem in sein Zimmer zurück, um eine Lampe zu holen.
Das Licht offenbarte ihm, dass ihn keine Fallen erwarteten. Verity lag in ihrem Bett, und ihr dunkles Haar ergoss sich über die weiße Decke, die über ihr lag.
Er rief sich ins Gedächtnis, dass das Ziel der heutigen Nacht darin bestand, ihr Vergnügen zu verschaffen, und er etwas gutzumachen hatte. Eheliche Rechte hin oder her, langfristig war es weiser, darauf zu achten, dass sie diesen Teil ihrer Ehe nie als unangenehme Pflicht ansah. Während er sich dem Bett näherte, kämpfte er gegen eine Erektion an, die so hart war, dass es ihn selbst erstaunte.
Sie war kaum mehr als ein Schatten unter dieser Decke. Ihre Augen waren geschlossen, doch ihre dichten Wimpern flatterten. Er stellte die Lampe auf einem Tisch ab, zog seinen Morgenmantel aus und ging zum Bett.
Zu seiner Überraschung öffnete sie auf einmal die Augen. Sie beobachtete ihn, musterte ihn. Sie hatte ihre Unschuld erst vor sechs Tagen verloren, und doch betrachtete sie seine Nacktheit mit der freimütigen Neugier einer geübten Kurtisane.
Er schlüpfte unter die Bettdecke, streckte seine Hand nach ihr aus und wurde erneut überrascht.
»Du bist bereits nackt.«
»Genau wie du.«
»Ja. Aber …«
»Hätte ich in meinem Kleid auf dich warten sollen? Oder in einem Nachthemd? Niemand erklärt einem diese Dinge, zumindest nicht mir. Das letzte Mal hast du mein Lieblingskleid zerrissen. Meine Zofe kann zwar gut mit Nadel und Faden umgehen, aber sie wird es nicht mehr genauso wie vorher hinbekommen. Wenn ich einen Fehler gemacht habe, tut es mir leid, aber ich dachte, dass ich meine Garderobe vor deiner Ungeduld schützen könnte.«
»Deine Lösung ist sowohl praktisch als auch willkommen.« Er zog ihre weiche Wärme nah an seinen Körper. »Dieses Mal wird es keine Ungeduld
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