Die widerspenstige Braut (German Edition)
schwindendes Vermögen im Laufe der letzten Generationen wider.
Doch gewisse Räume des Hauses bestärkten Verity in dem Gedanken, dass es dennoch angenehm sein würde, hier zu leben. Die Bibliothek mochte vielleicht, wie Hawkeswells Tante Julia vorgeschlagen hatte, einer Renovierung bedürfen, aber Verity mochte die Bezüge und dunklen Holztöne sowie die schönen großen Fenster, die zum Platz hinausgingen.
Im Kontrast dazu erschien der Salon mit seinen teuer aussehenden, filigranen Möbeln und dem streng klassischen Dekor kühl und unpersönlich. Sie vermutete, dass der Salon in den letzten Jahren nicht oft benutzt worden war. Sie bezweifelte, dass Hawkeswell viel Besuch bekam. Wenn seine Freunde vorbeischauten, empfing er sie wahrscheinlich eher in dieser gemütlichen Bibliothek oder oben in seinen Gemächern.
»Hier ist der Garten«, sagte Hawkeswell, während er eine der vielen Doppeltüren der langen Galerie öffnete, die gleichzeitig als Tanzsaal diente. »Versprich mir, dass du mich nicht tadeln wirst!«
Verity trat auf eine schöne große Terrasse hinaus, die aus grob behauenem Marmor zu bestehen schien. Vor ihr erstreckte sich der große Garten bis zu einer Steinmauer, die ein paar Gebäude verdeckte. Sie nahm an, dass dort die Kutschen untergebracht wurden.
»Oje!«
»Du meinst, der Gärtner ist nicht der beste?«
»Er ist vollkommen unfähig. Die Eiben sind ruiniert und alle Hecken schlecht beschnitten. Ich befürchte, er hat keinerlei Ahnung von Landschaftsbau und Gartenpflege.«
»Dann vertraue ich darauf, dass du ihn zurechtstutzt.«
Sie ging die Treppe hinunter und stellte sich mitten in diese botanische Katastrophe. »Ich bin nicht sicher, ob ich das kann. Es ist so viel, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen soll.«
»Dann hol dir so viel Hilfe, wie du benötigst! Entlasse den Gärtner und stell einen neuen ein! Meinetwegen auch drei. Das überlasse ich dir.«
Sie betrachtete die Reihen alberner kleiner Blumenbeete, die die Wege auflockern sollten. Das gesamte Anwesen brauchte ein neues Aussehen.
Sie beendeten die Führung vor ihren Gemächern. Wie bei ihren Zimmern in Greenlay Park waren auch diese hier vor nicht allzu langer Zeit mit neuen Stoffen ausgestattet worden. Sie fragte sich, ob vielleicht gar nicht Hawkeswell, sondern Colleen und Tante Julia in beiden Häusern dafür gesorgt hatten.
Und doch schien es ihm wichtig zu sein, dass alles ihren Gefallen fand. Er beobachtete, wie sie den Bettvorhang berührte und zum Fenster hinaussah. Als sie die Schranktüren und Schubladen im Ankleidezimmer öffnete, folgte er ihr.
Auf der anderen Seite des Zimmers erblickte sie eine Tür. »Ein weiterer seltsamer Gang?«
Getreu seiner Ankündigung hatte er jenen Gang in Greenlay Park nach dem ersten Mal jede Nacht benutzt. Verity hatte auf ihn zu warten begonnen. Manchmal sah sie ihn dann wie in jener ersten Nacht: nackt, erregt und mit düsterem, angespanntem Blick auf sie zukommen. Jedes Mal hatte sie ein Kribbeln verspürt, und ihre Brüste waren vor Erwartung ganz empfindlich geworden.
»Hier gibt es keinen solchen Gang. Die Ankleidezimmer liegen direkt nebeneinander.« Er öffnete die Tür, um ihr sein Gemach zu zeigen, mitsamt Schränken und Tischchen und ein paar Stühlen. Ein Diener, der gerade einen Mantel aufhängte, hielt inne und verbeugte sich. »Dies ist Mr Drummund. Er ist mein Kammerdiener, und das schon seit … Wie lange sind Sie jetzt bei mir, Drummund?«
»Ich habe die Ehre, Ihnen seit zwölf Jahren zu dienen, Sir. Seit Sie auf der Universität waren.« Drummund schien von der Aufmerksamkeit gerührt zu sein.
»Er hatte von Anfang an alle Hände voll zu tun«, bemerkte Hawkeswell. »Aber in den letzten fünf Jahren ungefähr ist das Leben ziemlich langweilig geworden, nicht wahr, Drummund?«
»Es ist keineswegs langweilig, Sir.« Er wandte sich wieder dem Mantel zu. »Sie haben Post. Ich wollte sie gleich nach Surrey schicken lassen.«
Hawkeswell betrachtete die Briefe. Verity kehrte in ihre eigenen Gemächer zurück, wo auch auf sie Post wartete. Sie war an diesem Morgen gekommen.
Es war ein Brief von Audrianna, in dem stand, dass sie und Lord Sebastian ebenfalls in die Stadt zurückkehren würden. Bei dem beruhigenden Gedanken, dass eine ihrer lieben Freundinnen bald wieder in der Nähe sein würde, seufzte Verity erleichtert auf.
Hawkeswell tauchte den Federkiel ein und unterschrieb den Stapel Dokumente, den ihm Thornapple vorgesetzt hatte. Mit jeder
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