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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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Richtige zu tun. Für ihre Kinder. Und für den Mann, den sie bislang einfach »mein Ehemann« genannt hatte und der jetzt nur noch »der liebe William« hieß.
    Es schien zu funktionieren. Bis zum Halloween-Wochenende, als (wie sie es später selbst ausdrückte) »die Hölle losbrach«.
    Zuerst war Lillys Katze verschwunden. Sie hatte überall gesucht, hatte in der ganzen Stadt Zettel aufgehängt, die Nachbarn angerufen. Die Kinder waren außer sich, besonders ihre Tochter, die den schwarzen Kater, dem sie den Namen Reynaldo gegeben hatte, als Teil ihrer Verkleidung hatte mitnehmen wollen. Aber am Halloweenabend war die Katze immer noch nicht aufgetaucht, deshalb weigerte sich ihre Tochter, das Kostüm zu tragen, das Lilly für sie gemacht hatte, und wollte überhaupt nicht mehr zum Süßigkeiten-Betteln gehen, bis Lilly mit ihr in die Stadt fuhr und ein anderes kaufte.
    An Halloween hatte es unablässig geregnet, daher gab Lilly den Kindern statt Papiertüten Kissenhüllen für ihre Süßigkeiten mit. Aber ihre Tochter war immer noch klein, so dass ihre Kissenhülle zu tief hing und über den Gehsteig schleifte, während sie von Haus zu Haus gingen. Die Kinder wollten alleine um Süßigkeiten bitten, ohne ihre Mutter, denn sie würden sowieso nur zu den Nachbarn gehen und Gingerbread Hill nicht verlassen. Lilly verbot ihnen das. Ständig passierten schreckliche Dinge mit Kindern: Rasierklingen in Äpfeln, Entführungen. Keine Stadt war immun dagegen, nicht einmal Marblehead. Sie hatte sie immer an Halloween begleitet, und sie wollte mitkommen. Sie hatte sogar ein Kostüm für sich ausgesucht – zumindest ein halbes. Sie trug zwar normale Jeans, aber von der Hüfte an aufwärts war sie Schneewittchen, beziehungsweise die Disney-Version der berühmten Schönheit. Ihre Verkleidung bestand aus einer schwarzen Perücke mit einer roten Schleife, einem halblangen pinkfarbenen Cape und einer blauen Bluse mit Puffärmeln. In der Hand hielt sie einen Apfel.
    Sie war sogar ganz aufgeregt. Aber als die Kinder Lilly in ihrer Verkleidung sahen, bereit, sie zu begleiten, weinten sie. »Wir sind doch keine Babys mehr!«, protestierten sie. Und so lief Lilly nur hinter ihnen her, hielt sich im Schatten, sah zu, wie sie bei den Nachbarn anklopften, und aß schließlich ihren Apfel, den sie von Haus zu Haus trug. Das Kerngehäuse warf sie bei einem Nachbarn auf den Kompost.
    Als sie nach Hause zurückkehrten, war es längst über die übliche Bettzeit hinaus, doch William war immer noch auf der Arbeit. Sie hatte gehofft, die Kinder so lange wachhalten zu können, dass er sie noch in den Kostümen sehen würde, aber am nächsten Tag war Schule. Sie nahmen ein Bad. Lilly brachte sie zu Bett. Als sie die Treppe hinunterging, hörte sie ein Geräusch aus dem Keller. Sie glaubte, es sei der Wind, der an den Doppelfenstern rüttelte, die sie kürzlich eingebaut hatten. Es wäre nicht das erste Mal. Das Haus hatte ein Souterrain, das sie vor ein paar Jahren renoviert hatten. Leider schlossen die neuen Fenster oft nicht richtig. Zwei hatte sie schon von Adam reparieren lassen. Sie hatte vorgehabt, ihn wegen dieses letzten Fensters anzusprechen, doch sie war vor der Trennung nicht dazu gekommen.
    Als William später an diesem Abend nach Hause kam, war Lilly nicht da. Die Kinder schliefen. Um Mitternacht rief er die Polizei und meldete sie vermisst. Es hieß, er müsse achtundvierzig Stunden warten, bevor sie sich einschalten dürften. Sie ließen ihn an ihren Informationen nicht teilhaben, aber die Polizisten konnten sich gut vorstellen, wo sie wohl steckte.
    Lilly kam erst zwei Tage später wieder nach Hause. Sie war missmutig und niedergeschlagen. Sie wollte nichts essen. Sie hatte mehrere blaue Flecke. So oft man sie auch fragte, sie verriet partout nicht, wo sie gewesen oder was geschehen war.
    Nachdem man in der Notaufnahme ihre Verletzungen versorgt hatte, ließ Zee Lilly für zweiundsiebzig Stunden in ein psychiatrisches Krankenhaus in Boston zwangseinweisen.
    Aus Lillys Dreitagesaufenthalt wurden drei Wochen. Zee besuchte sie jeden zweiten Tag. Einmal tauchte Zee an einem Wochenende auf, als Lilly nicht mit ihr rechnete. Lilly war im Aufenthaltsraum, vor sich ein Buch. Statt zu lesen, starrte sie aus dem Fenster.
    Zee blieb stehen und betrachtete sie. Lilly schaute auf einen roten Bauarbeiter-Pick-up, der draußen auf dem Parkplatz stand, den Motor im Leerlauf. Zee erkannte ihn sofort. Einmal hatte sie nach einer Sitzung mit Lilly

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