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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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sie ausgelacht und ihr gesagt, dass die Veränderungen wohl bereits hinter mir lägen, doch sie schüttelte nur den Kopf. Die Umwandlung, erklärte sie mir, sei erst der Beginn einer langen Reise.«
    Lucian hatte ihr gesagt, dass ihre Prophezeiung von einst in Erfüllung gegangen war. Eine Frau hatte ihm den Tod gebracht. Doch wieder hatte die Alte nur den Kopf geschüttelt. Der Tod ist etwas anderes , hatte sie gesagt. Du befindest dich lediglich auf einer anderen Stufe deines Daseins. Die Frau, die dir den Tod bringt , wird erst später in dein Leben treten. So viel er Alexandra auch über den Fluch, die Umwandlung und seine Existenz danach erzählt hatte, war dies ein Teil, den er ihr bewusst verschwieg.
    »Sie sagte mir, dass ich einer Frau begegnen würde – meine Seelenverwandte und zugleich mein Schicksal«, fuhr er fort und beobachtete Alexandra dabei verstohlen. Sie saß wie erstarrt auf der Bettkante und lauschte seinen Worten. Wie würde sie reagieren, wenn sie wüsste, was ihre Bestimmung ist? »Die Alte forderte mich auf, die Augen zu schließen und mich zu konzentrieren. Ich war so gebannt, dass ich ihrer Aufforderung nachkam. Sie summte eine eigenartig monotone Melodie und wiegte sich dazu im Takt, dann sagte sie: Kannst du sie sehen, Lucian? Ich schüttelte den Kopf, da griff sie nach meiner Hand und plötzlich sah ich etwas.« Er richtete den Blick auf die Jägerin. »Ich sah Sie ,Alexandra. Locken, schwarz wie Ebenholz, die Augen dunkel und tief wie zwei Brunnen, in denen man Gefahr läuft zu versinken, wenn man zu lange hineinblickt. Die Haut hell, die Züge voller Anmut. Glauben Sie mir, ich –«
    »Sie faseln wie ein Narr, der von einem Schatz träumt!«, sagte sie grob und wandte den Blick ab. »Dabei vergessen Sie, dass ich nicht annähernd so perfekt bin, wie Sie mich zu beschreiben versuchen.«
    »Ich versuche nichts, Alexandra.« Dass es ihm gelungen war, sie in Verlegenheit zu bringen, erstaunte ihn. »Ich sage lediglich, wie ich sie gesehen habe – und heute noch sehe. Sie trugen eine Hose und denselben schwarz-roten Gehrock, der jetzt zum Trocknen nebenan hängt. Eine ausgesprochen ungewöhnliche Gewandung für die damalige Zeit.« Selbst heute war eine Frau in Hosen kein alltäglicher Anblick. »Mehr noch als über Ihre Gewandung, wunderte ich mich jedoch über Ihre Waffen – ein kostbarer silberner Dolch und ein längliches Gerät, wie ich es nie zuvor gesehen hatte und das erst weit später erfunden werden sollte.«
    »Die Pistole?«
    »Mit zwei Läufen.« Das Bild, das die Zigeunerin ihm gezeigt hatte, ähnelte Alexandra nicht nur – es war das genaue Abbild der Jägerin gewesen. »Die Alte wusste, dass ich zum Vampyr werden würde, ebenso wie sie wusste, dass ich Ihnen begegnen würde.«
    »Worin soll nun dieses Schicksal bestehen?«
    »Das wusste sie nicht.« Es gab Dinge, die besser unausgesprochen blieben. »Vielleicht hat es sich bereits erfüllt, als wir Andrej und seine Brut vernichteten, womöglich liegt es auch noch vor uns.«
    Wenn du glaubst, auf ewig Unsterblichkeit erlangt zu haben, wird dir die Liebe dieser Frau den Tod bringen , hatte die Zigeunerin ihm prophezeit. Doch zu diesem Zeitpunkt war es längst um ihn geschehen gewesen. Seit jenem Abend, an dem er Alexandras Bild zum ersten Mal gesehen hatte, sehnte er den Tag herbei, an dem sie endlich in sein Leben treten würde. Über die Jahrhunderte war ihr Bild niemals verblasst. Sie war ihm so vertraut geworden, als wäre sie jeden einzelnen Tag an seiner Seite gewesen. Sein Herz gehörte ihr. Bedingungslos. Wenn ihre Liebe ihn vernichten sollte, dann wollte er nichts anderes. Im Augenblick jedoch war er wohl kaum in Gefahr. Alexandra war so weit davon entfernt, ihn zu lieben, wie seine Seele vom Himmel.
    »Ich hatte keine Ahnung, dass es noch Jahrhunderte dauern sollte, bis ich Ihnen endlich begegnen würde, doch ich habe Sie nicht einen einzigen Tag vergessen.«
    Alexandra sprang auf. Sie wankte, doch als Lucian nach ihr griff, schlug sie seine Hand zur Seite. »Hören Sie auf damit!«, fuhr sie ihn an. »Sie wissen nichts über mich! Sie bilden sich ein, mich zu kennen, weil Sie mein Bild in Ihren Träumen sehen. Aber das ist nur ein Bild . Eine Illusion! Etwas Lebloses, das Sie mit Ihren eigenen Vorstellungen und Wünschen erfüllt haben. Das bin ich nicht!« Dieses Mal wich sie seinem Blick nicht aus. »Es ist nur ein Traum, an den Sie sich klammern«, fuhr sie ruhiger fort und schüttelte den Kopf. »Ich kann

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