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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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Rütteln. Rufe wurden laut, gefolgt von mehreren dumpfen Schlägen, als hätte Gavril seinen Bruder angegriffen und in einen Kampf verwickelt. Alexandra setzte sich auf das Sims und schwang die Beine nach draußen. An den Fensterrahmen geklammert, blickte sie nach unten. Es ist ganz leicht ,sagte sie sich. Tatsächlich wäre es das gewesen – im Vollbesitz ihrer Kräfte. Im Augenblick jedoch war sie nicht in der Verfassung für eine Kletterpartie. Es zu versuchen, grenzte an Wahnsinn! Sie würde abstürzen und sich den Hals brechen! Wenn sie es jedoch nicht versuchte, würde Vladimir sie töten. Dieses Mal gab es niemanden, der sie retten konnte.
    Alexandra schloss die Augen, atmete tief durch und sammelte ihre Kräfte. Als sie sicher war, dass es nicht besser werden würde, öffnete sie die Augen wieder und ließ sich aus dem Fenster gleiten. Die Hände noch immer an den Rahmen geklammert, tasteten ihre Füße auf der Suche nach Halt über die Außenmauer. Sie fand einen schmalen Mauervorsprung. Der Regen schlug ihr entgegen und das Mauerwerk war nass und rutschig. Nur widerwillig ließ sie den Fensterrahmen los und suchte nach einer Möglichkeit, sich festzuhalten. Womöglich hätte sie noch länger gezögert, hätte das Poltern an der Tür nicht kurz darauf erneut eingesetzt.
    Obwohl der Stein schlüpfrig war, fand sie in regelmäßigen Abständen Spalten im Mauerwerk, in die sie einen Fuß setzen oder an denen sie sich festhalten konnte. Sie klammerte sich so fest an den Stein, dass ihre Finger schmerzten. Die Wunde pochte immer heftiger und ihre Beine drohten den Dienst zu versagen. Dennoch zwang sie sich, weiterzuklettern.
    Mit jedem Tritt kam der Garten unter ihr ein Stück näher. Sie kam nur langsam voran und hielt immer wieder erschrocken inne, wenn ihr Fuß oder ihre Hand abzurutschen drohte. Außer Atem und mit heftig pochendem Herzen presste sie sich gegen die Mauer und wünschte sich, einfach stehen bleiben zu können. Einzig das dröhnende Hämmern an der Tür, das durch das offene Fenster an ihr Ohr drang, trieb sie voran.
    Immer öfter musste sie neuen Atem schöpfen. Die Muskeln in ihren Armen waren mittlerweile so verkrampft, dass es ihr kaum gelang, sie überhaupt noch zu bewegen. Schon die Hand zu öffnen und wieder zuzupacken, war fast ein Ding der Unmöglichkeit.
    Alexandra hatte etwas mehr als die Hälfte der sechs Meter überwunden, die sie vom Boden trennten, als sie ihre Kräfte verließen. Ihr Bein rutschte vom Sims ab, sie verlor den Halt und fiel.
    Ihre Seite sandte einen brüllenden Protest durch ihren Leib, als sie in einer Pfütze aufschlug. Benommen und nass setzte sie sich auf und versuchte aufzustehen, doch der Schmerz zwang sie in die Knie. Sie kroch zur Hauswand und zog sich daran hoch. Mit dem Rücken an das Mauerwerk gelehnt, blieb sie stehen und versuchte wieder zu Atem zu kommen. Über ihr war das Hämmern verstummt. Abgesehen von ihren eigenen, keuchenden Atemzügen, drang nur Stille an ihr Ohr.
    Noch immer an die Wand gelehnt, schob sie sich voran, der Hausecke entgegen, als über ihr am Fenster Vladimir rief: »Da unten ist sie! Los! Ihr nach!«
    Alexandra blickte nach oben und sah, wie Vladimir ein Bein aus dem Fenster schwang.
    Eine Hand an die Mauer gestützt, lief sie weiter. Immer wieder eilte ihr Blick voraus, folgte den Klostermauern. Was sie von der Anlage sah, waren die Umrisse eines schnörkellosen, quadratischen Kastens, die sich aus der Nacht erhoben. Keine Seitentüren und auch sonst nichts, was ihr als Versteck hätte dienen können. Sie stolperte um die Hausecke, auf der Suche nach einem Unterschlupf. Zu ihrer Linken erstreckte sich der Hauptbau weiter, während sich zu ihrer Rechten die Rückseite eines langgezogenen Nebengebäudes befand. Alexandra folgte dem Weg zwischen den Gebäuden hindurch. In regelmäßigen Abständen waren Nischen ins Mauerwerk eingelassen. Sie war versucht, sich dort in den Schatten zu verbergen, doch sie bezweifelte, dass sie Vladimir auf diese Weise entgehen konnte.
    Obwohl sie erst wenige Meter zurückgelegt hatte, fiel ihr jeder Schritt schwerer als der vorige. Nirgendwo fand sich eine Tür, durch die sie ins Gebäude hätte schlüpfen können, um sich dort zu verstecken, und eine weitere Kletterpartie traute sie sich nicht mehr zu, nicht einmal durch eines der Erdgeschossfenster. Sie geriet immer öfter ins Straucheln und zog sich bald mehr an der Wand entlang, als dass sie sich aus eigener Kraft fortbewegte.
    Sie passierte

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