Die Wiedergeburt
sie gefangen, wie es zuvor die Flamme getan hatte. Sie konnte nichts erwidern und sich auch nicht bewegen. Es dauerte einen Moment, ehe sie begriff, dass es nichts mit Lucian zu tun hatte, sondern nur damit, dass sie zu erschöpft war, sich zu bewegen.
»Ich bin voller Schlamm«, brachte sie schließlich heraus. »Schmutzig … mache alles schmutzig.«
»Darüber solltest du dir wirklich keine Sorgen machen.« Er ging zur Tür. Ehe er den Raum verließ, sagte er: »Ich bin gleich wieder zurück.« Dann war er fort.
Alexandra sah sich nach einer Waschschüssel um. Es war nicht nur der Schmutz, den sie abwaschen wollte, sondern auch die Erinnerung an Vladimir und daran, wie sehr sie Lucian während der vergangenen Wochen vermisst hatte. Als ihre Augen den Waschtisch fanden, wollte sie aufstehen, brachte aber nicht die Kraft dazu auf. Sie saß noch immer auf der Bettkante, als Lucian mit einer kupfernen Bettpfanne voll glühender Kohlen zurückkehrte.
»Damit wird dir rasch warm werden.« Da fiel sein Blick auf sie. »Himmel, du hast ja immer noch die nassen Sachen an!« Rasch schob er die dampfende Bettpfanne unter die Decke und wandte sich ihr zu. »Brauchst du Hilfe?«
Alexandra wollte verneinen und ihn fortschicken, doch sie wusste, wenn sie es täte, würde sie es auch weiterhin nicht fertigbringen, sich zu bewegen. »Ich bin so müde«, flüsterte sie.
Er ging vor ihr in die Hocke, griff nach ihren Händen und suchte ihren Blick. »Willst du, dass ich dir helfe?«
»Ich will mich waschen.«
Lucian seufzte. »Davon lässt du dich nicht abbringen, oder?« Er ging zum Waschtisch, goss Wasser in eine Schüssel und trug sie zum Bett. Vorsichtig half er Alexandra aus dem Mantel und reichte ihr ein Tuch.
Sie wollte es ins Wasser tauchen, doch es glitt ihr immer wieder aus der Hand, sodass Lucian es für sie tränkte. Behutsam wischte er ihr den Schmutz aus dem Gesicht und von ihrem Hals und säuberte auch gleich ihre Arme und Beine, ehe er die Schüssel zur Seite stellte. »Das muss fürs Erste genügen.«
Alexandra wollte ihm danken, als sie ihn jedoch ansah, blieben ihr die Worte im Halse stecken. Seit er sie in die Nische gezogen hatte, war er es gewesen, der sie geführt und ihr gesagt hatte, was sie tun sollte. Jetzt stand er still da und sah sie an. Da war etwas in seinem Blick, als könne er nicht glauben, dass sie hier war. Vorsichtig streckte er die Hand nach ihr aus und berührte ihre Wange.
»Ich dachte, du wärst tot«, sagte er heiser.
Sie erinnerte sich an die Zeit der Schwärze, in der das Nichts sie immer weiter fortgetragen hatte. »Für eine Weile dachte ich das auch.« Das Sprechen fiel ihr eigenartig schwer, doch diesmal war es nicht die Schwäche, die ihr die Sprache raubte, sondern der Ausdruck in seinen Augen.
Ehe sie noch mehr sagen konnte, zog er sie an sich und schloss sie fest in seine Arme. Seine Nähe tat gut und seine Berührung gab ihr den Trost, den sie während der vergangenen Wochen so schmerzlich vermisst hatte. »Du warst nicht da«, flüsterte sie. »Ich dachte, du wärst gegangen.«
Er hob den Kopf und sah sie an, ohne sie dabei aus den Armen zu lassen. »Warum sollte ich das tun?«
Er ist fort. Alexandra war versucht, Lucian zu fragen, ob Bothwell das tatsächlich gesagt haben konnte, doch sie schwieg. Sie war damals am Rande der Bewusstlosigkeit gewesen und wagte nicht, sich auf ihr Erinnerungsvermögen zu verlassen. Womöglich hatte sie etwas falsch verstanden. Oder es war doch nur ein Albtraum. »Ich …« Sie schüttelte den Kopf.
»Als Robert mir sagte, du seist tot, konnte ich es nicht glauben. Ich habe versucht, dem Band zu dir zu folgen, aber es war … als sei es abgerissen. Da war nichts. Nur Leere. Wenn ich geahnt hätte, dass du am Leben bist …«
Er sagte noch mehr, doch Alexandra verstand seine Worte kaum noch. Ihre Gedanken waren bei Bothwell. Sie wusste, dass er sie nicht mochte. Dass er jedoch so weit gehen würde, selbst Lucian zu belügen, hätte sie nicht gedacht. Dennoch wollte sie Lucian zunächst nichts davon sagen. Erst würde sie selbst mit Bothwell sprechen. Vielleicht gibt es eine harmlose Erklärung , redete sie sich ein. Zugleich bezweifelte sie das.
»Alexandra?«
Aus ihren Gedanken gerissen, sah sie auf und blickte in seine sorgenvolle Miene.
»Was ist passiert? Wie konnte Robert annehmen, dass du nicht mehr am Leben bist? Wie bist du in dieses Kloster gekommen?« Immer weitere Fragen folgten und fanden erst ein Ende, als sie den
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