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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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gerade eine weitere Nische, als jemand von hinten einen Arm um ihre Taille schlang. Eine Hand legte sich über ihren Mund und erstickte ihren überraschten Aufschrei, als sie in die Nische gehoben wurde.
    »Hab keine Angst«, vernahm sie ein vertrautes Flüstern an ihrem Ohr. Lucian! Doch auch ohne seine Stimme zu hören, hätte sie gewusst, dass er es war. Sie hatte es beinahe sofort gespürt. Erleichtert lehnte sie sich gegen ihn, da nahm er die Hand von ihrem Mund und zog sie tiefer in die Schatten.
    »Robert«, flüsterte er. »Ablenkung.«
    Neben ihm löste sich Bothwell aus der Dunkelheit und lief ohne ein weiteres Wort in die Richtung davon, in die sich Alexandra bewegt hatte. Lucian schlüpfte aus seinem Mantel und legte ihn ihr um die Schultern, ehe er sie hinter sich in die Schatten schob. Bibbernd vor Kälte wickelte sich Alexandra in den Stoff und drängte sich eng an Lucians Rücken. Sie musste ihn berühren, um zu begreifen, dass er tatsächlich hier war. Eine Hand hatte er nach hinten gestreckt und mit ihrer verschränkt, während er sich nach vorne neigte und um die Ecke spähte. So verharrten sie in angespanntem Schweigen, bis plötzlich Schritte das gleichmäßige Prasseln des Regens durchbrachen. Kurz darauf drangen Stimmen an ihr Ohr, noch zu weit entfernt, um die Worte verstehen zu können, doch eindeutig die Jäger.
    Ob Vladimir uns riechen kann! Die Vorstellung ließ sie erstarren. Würde Lucian mit den beiden fertig werden? Alexandra konnte nur hoffen, dass der Regen ihren Geruch abwusch und Vladimir nicht auf ihre Spur führte. Als die Jäger näher kamen, hielt sie unwillkürlich die Luft an.
    Kurz vor der Nische blieben die beiden stehen, erschreckend nah und doch nicht nah genug, dass Alexandra sie deutlich ausmachen konnte. Vladimir hatte sich halb der Nische zugewandt, doch sein durchdringender Blick schweifte den Weg zwischen den Gebäuden entlang. Sein Anblick erinnerte sie an Gavrils Worte: Etwas an ihm ist anders. Er wirkte größer. Gefährlicher. Bedrohlicher. Da war noch mehr, doch sie konnte nicht sagen, ob es etwas war, was sie sah, oder mehr ein Gefühl. Ganz sicher jedoch war das nicht der Vladimir, den sie all die Jahre gekannt hatte.
    Lucian richtete sich zu voller Größe auf, jeden Muskel angespannt. Er war bereit.
    Vladimir wandte den Kopf. Jeden Augenblick musste er sie entdecken. Sog er die Luft durch die Nase ein? Witterte er sie? Dann hob Mihail plötzlich den Arm und deutete den Weg entlang. »Da!«
    Die Jäger wechselten einen raschen Blick und rannten los.
    Lucian ließ noch einige Momente verstreichen, ehe er sich zu Alexandra herumdrehte und sie in seine Arme zog. »Sieht ganz danach aus, als hätten sie Robert entdeckt«, flüsterte er ihr ins Ohr. Eine Weile standen sie stumm und eng aneinandergeschmiegt da und warteten. Schließlich löste sich Lucian von ihr. Er beugte sich vor und warf einen raschen Blick nach allen Seiten. »Ich denke, sie sind weg«, sagte er leise und hob sie hoch. »Sehen wir zu, dass wir fortkommen!«
    Erleichtert, sich nicht länger auf den Beinen halten zu müssen, lehnte sie den Kopf an seine Schulter. Die Welt wankte bei jedem seiner Schritte, und während sie die Augen kaum mehr offen halten konnte, fragte sie sich, ob Lucian tatsächlich hier war. Womöglich lag sie noch immer in der Pfütze unter dem Fenster und bildete sich seine Anwesenheit nur ein, da sie sich so sehr gewünscht hatte, dass er kam.

14
    Alexandra konnte sich später kaum daran erinnern, wie sie nach Canongate zurückgekommen war. Lucian hatte sie zur Droschke getragen, so viel wusste sie noch. Sie glaubte, entfernte Schüsse gehört zu haben, doch ebenso gut konnte es die Tür der Karosse gewesen sein, die Lucian zugeschlagen hatte.
    Das Erste, was sie wieder bewusst wahrnahm, war das gleichmäßige Ticken der Standuhr im Flur, als Lucian sie nach oben trug. In ihrem Schlafzimmer angekommen, setzte er sie vorsichtig aufs Bett. Benommen und frierend wickelte Alexandra sich fester in seinen Mantel und beobachtete, wie er eine Lampe entzündete. Die kleine Flamme nahm ihren Blick vollkommen gefangen, als verfüge sie über hypnotische Kräfte. Sie starrte sie an, während Lucian zum Fenster ging und die Vorhänge zuzog. Als er zu ihr zurückkehrte, legte er ein frisches Nachthemd und ein Handtuch neben ihr auf das Bett.
    »Du musst aus den nassen Sachen raus«, sagte er ruhig. »Trockne dich ab, zieh das Nachthemd an und dann leg dich hin.«
    Seine Augen hielten

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