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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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sie sich später Gedanken machen. Jetzt musste sie erst einmal von Lucian fort, ehe sie es nicht mehr über sich bringen würde, ihn zu verlassen.
    »Gleich jetzt werde ich den Splitter aus dem Haus holen und danach nicht noch einmal zurückkommen.« Sie wollte schon aufstehen und gehen, doch der Gedanke, dass Lucian bald vollkommen allein sein würde, hielt sie zurück. »Lucian ist wütend«, sagte sie deshalb, »aber es wird der Augenblick kommen, in dem er Sie vermissen wird. Geben Sie auf ihn acht und sorgen Sie dafür, dass er nicht noch einmal in meine Nähe kommt.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, stand sie auf und nickte Bothwell noch einmal kurz zu. Als sie sich abwandte, sagte er: »Die Zutaten für das Ritual stehen in der Küche. Nehmen Sie sie mit und vernichten Sie sie!«
    Ohne sich noch einmal umzudrehen, nickte sie. Müde und traurig verließ sie das Gasthaus und machte sich auf den Rückweg.
    Die Luft roch nach Regen, doch noch immer gaben die Wolken, die wie eine dunkelgraue Decke tief über der Stadt hingen, ihn nicht frei. Kurz bevor sie das Haus erreichte, wurde ihr bewusst, dass sie keinen anderen Plan hatte, als unbemerkt hineinzugehen, alles Nötige zusammenzupacken und sich ebenso unbemerkt wieder davonzustehlen.
    »Was gibt es sonst zu wissen?«, murmelte sie.
    Das Einzige, was zählte, war, dass Lucian nichts bemerkte.
    Als sie nicht mehr weit vom Haus entfernt war, vernahm sie hinter sich Schritte. Nicht der gemächliche Gang eines Spaziergängers, sondern schnelle Tritte, die rasch näher kamen. Unwillkürlich dachte sie an die Jäger und stellte sich vor, wie die Männer ihre Pistolen zogen und auf sie anlegten. Als sie sich jedoch umwandte, erblickte sie Bothwell. Erstaunt blieb sie stehen. »Warum folgen Sie mir?«
    »Sie sind kein schlechter Mensch«, sagte er zu ihrem Erstaunen. »Sie würden ihm nicht absichtlich etwas antun.«
    »Nein, das würde ich nicht.« Seine Worte kamen einer Entschuldigung gleich, dabei trug sie ihm längst nicht mehr nach, was er getan hatte. Es gab nichts mehr zu sagen – bis auf eines: »Falls mir etwas zustößt, sagen Sie Lucian, dass der Splitter und das Schwarze Kreuz nur zusammen vernichtet werden können. Die beiden Teile werden immer zueinanderfinden.«
    Nach ihrem Tod, wann immer das auch sein mochte, konnte ihm die Prophezeiung nicht mehr zum Verhängnis werden, sodass es keinen Grund mehr gäbe, den Splitter nicht zu zerstören.
    Bothwell sah sie entsetzt an. »Zueinanderfinden? Soll das heißen, Sie müssen zu den Jägern?«
    Alexandra nickte. Als Bothwell etwas sagen wollte, kam sie ihm zuvor: »Ich komme zurecht.«
    »Ohne zu wissen, wo die Jäger wohnen?«
    Daran hatte sie nicht gedacht.
    »Zumindest in dieser Hinsicht kann ich Ihnen helfen.« Er griff nach ihrem Arm, drehte sie herum und deutete die Straße hinunter. »Folgen Sie der Straße am Netherbow vorbei«, begann er seine Beschreibung, die Alexandra geradewegs zum Haus der Jäger führen würde. Als er schließlich endete, musterte er sie einen Moment lang zweifelnd, dann seufzte er: »Es gibt noch etwas, was ich tun kann.«
     
    *
     
    Robert stand neben der Haustür im Schatten und beobachtete, wie die Jägerin die Tür öffnete. Sie war in der Tat kein schlechter Mensch, auch wenn er das lange Zeit nicht hatte sehen wollen. Dass sie gehen wollte, um Lucian zu schützen, rechnete er ihr hoch an. Zweifelsohne hatte sie bei dem, was vor ihr lag, Hilfe nötig, doch die konnte Robert ihr nicht geben. Fortan war sie auf sich allein gestellt. Einzig hier konnte er noch etwas für sie tun, indem er Lucian ablenkte, während sie ihre Habe zusammenpackte und sich aus dem Haus stahl. Robert hätte ohnehin noch einmal versucht, mit Lucian zu sprechen. Nach all den Jahren, die sie gemeinsam verbracht hatten, fiel es ihm schwer zu glauben, dass ihre Freundschaft auf diese Weise enden sollte. Womöglich war es noch zu früh und Lucian würde ihn nicht einmal anhören. Dennoch musste er es zumindest versuchen.
    Roberts Vorschlag, Lucian abzulenken, war bei der Jägerin auf wenig Begeisterung gestoßen. Ihr eigener Plan hatte vorgesehen, sich ins Haus zu schleichen und unbemerkt wieder zu gehen. Auf diesem Wege hätte sie eine Begegnung mit Lucian vermeiden können. Zweifelsohne war das der Grund, warum ihr seine Idee nicht gefiel, denn nun musste sie Lucian noch einmal unter die Augen treten. Ein letztes, schmerzhaftes Aufeinandertreffen. Doch es musste sein. Wenn sie allein versuchte, sich

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