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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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sie auch, dass er nicht mehr dazu sagen würde. »Willst du eure Freundschaft so einfach wegwerfen?«
    »Falls es dir entgangen sein sollte: Er hat versucht, dich umzubringen!«
    Dessen war sie sich nicht sicher. »Wenn das wirklich seine Absicht gewesen wäre, hätte er mich ebenso gut in einer Seitengasse zurücklassen können. Stattdessen hat er dafür gesorgt, dass Gavril mich findet.«
    Er fuhr zu ihr herum. »Warum nimmst du ihn in Schutz?«
    »Ich versuche nur, ihn zu verstehen.« Bothwells Verhalten gab jedoch mehr Rätsel auf als es löste. »Er ist seit so vielen Jahren dein Freund. Willst du ihn wirklich verlieren? Soll es so enden?«
    Lucian blieb vor dem Kamin stehen und starrte in die erkaltete Feuerstelle. Ohne zu wissen, was sie sagen oder wie sie ihn trösten konnte, ging Alexandra zu ihm. Lucian griff nach ihrer Hand und verflocht seine Finger mit ihren. So standen sie lange Zeit da, schweigend, in stummem Trost verbunden.

15
    Schließlich hatte sich Alexandra auf ihr Zimmer zurückgezogen, um Lucian Zeit zum Nachdenken zu geben. Es war anstrengend, sich so lange auf den Beinen zu halten, doch es gelang ihr nicht, Ruhe zu finden.
    Es war nicht das erste Mal gewesen, dass Bothwell sie als eine Gefahr für Lucian bezeichnet hatte. Seine Vorwürfe gingen über ein banales »Sie werden ihn ins Unglück stürzen« hinaus. Er war in seiner Wortwahl sehr konkret gewesen. Je länger sie darüber nachdachte, desto öfter mischten sich Fragmente aus ihren Träumen darunter. Jener Traum, in dem sich ein Schatten über Lucian legte und ihm das Schwarze Kreuz ins Herz stieß. Beim letzten Mal war sie es gewesen, die Lucian vernichtet hatte. Das konnte unmöglich ein Zufall sein!
    Entschlossen, Bothwell zur Rede zu stellen, streifte sie Morgenmantel und Nachthemd ab und schlüpfte in Hemd und Hose. Glücklicherweise besaß sie ein zweites Paar Stiefel, denn ihres hatte sie im Kloster zurücklassen müssen. Die ganze Prozedur des Ankleidens erschöpfte sie, und als sie endlich fertig war, pochte ihre Seite dumpf.
    Als sie sich ein wenig erholt hatte, zog sie ihren Gehrock über. Auf dem Tisch lagen die Waffen, die Lucian ihr gegeben hatte, als sie nach St. Giles aufgebrochen war. Mit geübten Handgriffen lud sie die Pistole, verstaute sie neben dem Dolch im Hosenbund und befestigte einen Beutel mit Munition am Gürtel. Einen weiteren schob sie in die Taschen ihres Gehrocks.
    Noch einmal nahm sie sich einen Moment Zeit, um wieder zu Atem zu kommen, ehe sie auf den Gang hinausschlüpfte. Aus der Küche waren Geräusche zu hören. Vermutlich arbeitete Lucian an den Bestandteilen des Rituals. Nach allem, was er berichtet hatte, mussten das die letzten Handgriffe sein, ehe alles fertig war. Sobald sie mit Bothwell gesprochen hatte, war es an der Zeit, sich mit Lucian darüber zu beraten, wie es weitergehen solle. Sie hatte noch nicht einmal Gelegenheit gefunden, ihm zu sagen, dass sie das Kreuz brauchen würden! Ganz zu schweigen davon, dass sie ihm noch immer nicht ihre Gefühle offenbart hatte. Sie hätte es ihm sagen können – vorhin, im Salon –, doch der Zeitpunkt war ihr nicht richtig erschienen. Wie konnte sie von Liebe sprechen, wenige Augenblicke nachdem er mit seinem besten Freund gebrochen hatte?
    Alexandra wartete noch einen Moment, ehe sie nach unten schlich und sich aus dem Haus stahl. Draußen empfing sie ein kühler Ostwind, der bedrohlich dunkle Regenwolken vor sich herschob. Der letzte Guss lag noch nicht lange zurück, das Pflaster glänzte noch immer nass, doch nach all den Wochen, die sie ans Bett gefesselt gewesen war, fühlte es sich gut an, endlich wieder frische Luft zu atmen. Sie genoss die kühle Brise, die über sie hinwegstrich und ihre aufgewühlten Gedanken ein wenig zur Ruhe brachte.
    Bis zum White Horse Inn war es nur ein kurzer Fußmarsch. Es war erst später Vormittag, die Gäste für das Mittagessen würden noch eine Weile auf sich warten lassen, während das Frühstück längst vorüber war. Nur wenige Tische waren besetzt, die meisten von Kaufleuten, die versuchten, lukrative Geschäfte abzuschließen. An einem Tisch in der Ecke saß Bothwell und starrte auf einen Humpen Ale.
    Der Geruch von schalem Bier hing in der Luft und mischte sich mit dem Rauch, der aus dem schlecht belüfteten Kamin kroch. Alexandra bahnte sich einen Weg zwischen den Tischen hindurch zu Bothwell.
    »Verschwinden Sie«, sagte er ohne aufzusehen.
    »Nicht, solange Sie mir nicht sagen, warum Sie meine

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