Die Wiedergeburt
aus dem Haus zu stehlen, lief sie Gefahr, dass Lucian sie aufhielt. Durch Roberts Ablenkung jedoch würde es für sie leichter werden, unbemerkt zu verschwinden.
Als die Jägerin in die Eingangshalle trat und nach Lucian rief, blieb Robert draußen neben der Tür stehen. Schritte erklangen. »Ist etwas nicht in Ordnung?«, hörte er Lucian fragen. Dann: »Himmel, warst du etwa draußen? Du sollst dich doch noch schonen! Was, wenn du den Jägern in die Arme gelaufen wärst?«
»Es geht mir gut«, erwiderte sie ruhig. »Ich musste gehen, denn es gibt etwas, was du dringend klären solltest. Bothwell?«
Robert trat in den Türrahmen. Bei seinem Anblick kehrte Lucians Zorn schlagartig zurück. »Du!« Er machte einen Schritt auf ihn zu, als wolle er ihn erneut angreifen, doch die Jägerin vertrat ihm den Weg.
»Hör ihn an, Lucian. Bitte.« Lucian setzte zu einer Antwort an, doch sie schüttelte den Kopf. »Ich verlange nicht von dir, dass du ihm verzeihst. Aber gib ihm zumindest die Möglichkeit, sich zu erklären.«
Lucian stand da, als wäre er aus Stein gemeißelt. »Also gut«, sagte er endlich an Robert gewandt. »Rede!«
Robert unterdrückte einen Fluch. Er wollte mit Lucian sprechen, wollte ihn um Verzeihung bitten, doch nicht hier, in der Halle. Damit wäre der Jägerin nicht gedient.
»Ich würde vorschlagen, ihr geht ins Esszimmer und setzt euch«, kam sie ihm zu Hilfe.
Lucian knurrte etwas, das eine Zustimmung zu sein schien, denn er bedeutete Robert mit einem knappen Nicken, einzutreten. Robert folgte seiner Aufforderung. Als Lucian vorangehen wollte, hielt die Jägerin ihn zurück.
»Ich will dein Wort, dass du ihn nicht noch einmal schlägst«, verlangte sie leise. »Hör ihn an.«
Lucian antwortete nicht.
»Dein Wort!«
»Ich werde ihm nichts tun«, sagte er endlich.
Sie nickte zufrieden und ging an ihm vorbei zur Treppe. Auf der untersten Stufe blieb sie noch einmal stehen und wandte sich um. »Ich lege mich ein wenig hin.«
»Geht es dir nicht gut?« Sofort war er bei ihr und legte ihr eine Hand auf den Arm.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin nur müde.« Als Lucian seine Hand zurückziehen wollte, griff sie danach und hielt sie fest. »Danke«, sagte sie leise. »Für alles.«
Lucian lächelte, nicht ahnend, dass die Jägerin von ihm Abschied nahm. Sie zog ihre Hand zurück und stieg die Stufen hinauf, ohne sich noch einmal umzudrehen. Zu wissen, dass Lucian sie nicht wiedersehen würde, schnürte Robert die Kehle zusammen. Er hatte gesehen, wie sehr sein Freund gelitten hatte, als er sie tot wähnte. Wenn sie jetzt ginge, würden die Wunden erneut aufreißen. Es muss sein! Es gibt keinen anderen Weg!
Im Esszimmer waren die Vorhänge vorgezogen. Aus Gewohnheit ging Robert zur Anrichte und entzündete die beiden Lampen, die dort standen.
»Setz dich«, forderte Lucian ihn kühl auf, kaum dass die Tür hinter ihnen geschlossen war. Während Robert der Aufforderung folgte, füllte Lucian ein Glas zwei Finger breit mit Whisky und schob es ihm über den Tisch zu.
Robert nippte daran. Der Alkohol brannte auf seiner aufgeplatzten Lippe, trotzdem nahm er noch einen Schluck, ehe er das Glas wieder abstellte. Noch immer waren ihm keine passenden Worte eingefallen, mit denen er beginnen konnte.
»Warum bist du gekommen?«, verlangte Lucian zu wissen.
»Alexandra sagte mir, dass du noch immer wütend bist.«
»Das ist wahr.«
»Sie sagte auch, dass du mich vermissen würdest – eines Tages.« Ehe Lucian widersprechen konnte, fuhr Robert fort: »Ich weiß, dass du zornig bist, und ich kann es verstehen. Alles, was ich möchte, ist, dass du mich anhörst. Bitte.«
Lucian schwieg. In seinen Augen jedoch sah Robert die Angriffslust aufblitzen, und womöglich wäre er auf ihn losgegangen, wenn er der Jägerin nicht sein Wort gegeben hätte, es nicht zu tun.
»Vielleicht hast du recht und sie ist wirklich etwas Besonderes«, sagte er schließlich. »Dennoch kann ich meine Augen nicht vor der Prophezeiung verschließen. Du bist die einzige Familie, die ich je hatte – Vater, Bruder und bester Freund zugleich. Denkst du wirklich, ich könnte tatenlos mit ansehen, wie du sehenden Auges ins Verderben läufst?« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß, dass es ein Fehler war, dir zu sagen, sie sei tot.« Selbst jetzt, Wochen später, konnte er Lucians Anblick noch immer nicht vergessen. Die Hoffnungslosigkeit, die ihn erfasst und jegliche Freude und Zuversicht mit einem Schlag ausgelöscht hatte, war
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