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Die Wiederkehr des gefallenen Engels

Die Wiederkehr des gefallenen Engels

Titel: Die Wiederkehr des gefallenen Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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auch wenn Gott ihn verstoßen hatte und er sein erbitterter Feind war, so wusste er doch um seinen Platz in der göttlichen Ordnung. Er war die letzte Mauer vor der Finsternis. Es lag an ihm, die Dämonen aufzuhalten. Fiele er, würde das Universum untergehen.
    Satan schaute die hohen Mauern der Festung hinab. Schwindelerregend ging es in die Tiefe. Was er sah, beeindruckte selbst ihn. Es war ein einziges wildes Zucken, das die Augen blendete. Ein Gewimmel von unvergleichlichem Ausmaß. Erst wenn es einzelnen Dämonen gelang, die Brüstung zu überwinden, konnte man in diesem Chaos Fratzen ausmachen. Fratzen voller Hass und Gier. Die Feuer spuckten und in Kampfeslust brüllten. Dann sangen die Schwerter und Äxte der dunklen Engel. Lanzen bohrten sich in muskelbepackte Leiber, aber das Sterben nahm auf beiden Seiten kein Ende.
    Ein hünenhafter Dämon tauchte vor Satan auf. Die Augen unter den Knochenwülsten funkelten ihn fast schon obszön an. Das Wesen sprang mit einem einzigen Satz über die Mauer und schwang eine mächtige Keule, aber bevor es zuschlagen konnte, durchbohrte eine Lanze den mächtigen Körper und stieß den Dämon in die Wogen der Angreifer zurück. Der Fürst wandte den Kopf und blickte in das Gesicht eines seiner Krieger. Den Helm hatte er verloren, schwarzes, ungezügeltes Haar fiel bis weit über die Schultern hinab. Die Augen waren fast weiß.
    »Danke, mein Sohn«, sagte Satan.
    Der dunkle Engel ließ sich auf die Knie fallen, senkte sein Haupt.
    »Kenne ich dich?«, fragte der Fürst, während um sie herum der Schlachtenlärm schwächer wurde, um schließlich ganz zu versiegen. Die bereits kämpfenden Dämonen zogen sich ein Stück zurück, um neue Horden herandrängen zu lassen. Nur ein weiteres Atemholen in dieser Schlacht.
    »Herr?«
    »Sag mir deinen Namen!«
    »Kelaar.«
    Satan kam einen Schritt näher. Eine Hand legte sich sanft unter das Kinn des anderen, bedeutete ihm, sich zu erheben. Kelaar gehorchte.
    »Ich erinnere mich. Du warst ein Freund Damians. Ich habe euch oft zusammen gesehen. In der großen Schlacht hast du an seiner Seite gekämpft.«
    Satan dachte kurz an den verlorenen Krieger, der sich so unerwartet gegen ihn gestellt hatte. Er hatte seinem treuen Diener Damian befohlen, ihm seine Tochter zu bringen, damit das Ritual an ihr vollzogen werden konnte. Aber sein einstiger Vertrauter hatte sich gegen ihn gewandt und ihn verraten. Lara war noch immer frei und Damians Verrat ungestraft.
    »Ja, Herr. Damian …«
    »Nein«, sagte der Fürst leise. Seine Stimme zischte. »Du musst dich nicht für ihn entschuldigen. Er ist ein Verräter, das kläre ich später, aber du …«
    Satan blickte den Krieger an, der es nicht wagte, ihm in die Augen zu sehen. Plötzlich begann die Luft um den Höllenfürsten, zu flirren, zu vibrieren. Satan verwandelte sich in einen Dämon von doppelter Mannshöhe. Kelaar zitterte. Das menschliche Gesicht verschwand, wurde zu einer rot glühenden Fratze mit Nüstern und gewaltigen Reißzähnen, von denen Geifer zu Boden tropfte. Über den muskelbepackten Körper jagten Flammenzungen, ließen Satans Konturen fließen, als wäre sein Körper aus Feuer geboren. Mächtige Hörner wuchsen aus dem Schädel. Zwei bogen sich vor die geschlitzten Pupillen, die anderen beiden umschlossen den stämmigen Hals. Als die Verwandlung vollendet war, starrte ein Monster auf Kelaar hinab.
    Kelaars Furcht war unbeschreiblich. Wieder ließ er sich auf die Knie sinken.
    »Herr, was habe ich getan? Was hat deinen Unmut erregt?«, stieß er ängstlich hervor.
    »Du bist ein Freund Damians. Vielleicht steckt auch in dir der Keim des Verrats.«
    Kelaar wollte aufschreien, sich verteidigen, Satan ewige Treue schwören, aber eine mächtige Pranke schoss auf ihn zu und umklammerte seinen Hals. Kein Wort verließ seinen Mund, als Satan ihn hochhob. Der Fürst starrte in die schreckgeweiteten Augen. Die Fratze verzog sich zu einem Lächeln. Er beugte sich vor. Heißer, stinkender Atem strich über Kelaar hinweg, der jeden Widerstand aufgegeben hatte und nun wie eine zerbrochene Puppe in seiner Faust herabhing.
    »Verzeih mir, mein Krieger, aber ich kann dir nicht mehr vertrauen.«
    Der gigantische Arm schoss nach vorn, die Faust öffnete sich. Kelaar wurde hinab in die Tiefe geschleudert. Eine Feuersäule verkündete das Ende seiner Existenz.
    Satan nahm wieder seine ursprüngliche Gestalt an. Seine schwarze Rüstung glänzte im fahlen Licht, als er sich umwandte. Überall senkten

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