Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3
beobachten, daß er durch und durch zufrieden war mit der Wendung, welche die Angelegenheit nahm. Er machte keine Bemerkung außer der, daß wir uns zu unserer Verabredung mit Lestrade verspäten würden, wenn wir uns nicht beeilten. Und natürlich war der Polizeidetektiv schon da, als wir in der Baker Street ankamen.
Er ging in fieberhafter Ungeduld auf und ab, und sein gewichtiges Aussehen zeigte uns, daß seine Mühen nicht vergebens gewesen waren.
»Nun?«, fragte er. »Glück gehabt, Mr. Holmes?«
»Wir waren sehr beschäftigt; der Tag ist nicht gänzlich vergeudet«, sagte mein Freund. »Wir sind bei beiden Kleinhändlern gewesen und auch beim Großhändler und Hersteller. Jetzt kann ich jede der Büsten von ihrem Ursprung her verfolgen.«
»Die Büsten!« rief Lestrade. »Gut, gut, Sie haben Ihre eigene Methode, Mr. Sherlock Holmes, und es steht mir nicht zu, etwas dagegen einzuwenden, doch denke ich, ich habe ein besseres Tagewerk hinter mich gebracht als Sie. Ich habe den Toten identifiziert.«
»Was Sie nicht sagen!«
»Und den Grund des Verbrechens herausgefunden.«
»Glänzend!«
»Wir haben einen Inspektor, der Spezialist ist für Saffron Hill und das Italienerviertel. Nun, der Tote hatte irgendeine katholische Medaille um den Hals, und dies und seine Hautfarbe brachten mich darauf, daß er aus dem Süden kommen könnte. Inspektor Hill erkannte ihn sofort, als er ihn sah. Er heißt Pietro Venucci, stammt aus Neapel und ist einer der schlimmsten Messerstecher von London. Er stand in Verbindung mit der Mafia. Das ist, wie Sie wissen, eine geheime politische Vereinigung, die ihren Befehlen mit Mord Nachdruck zu verleihen pflegt. Sehen Sie, wie die Geschichte sich aufzuklären beginnt? Der andere Bursche ist wahrscheinlich auch Italiener und Angehöriger der Mafia. Er hat irgendwie deren Gesetze verletzt. Pietro ist ihm auf die Spur gesetzt worden. Wahrscheinlich ist die Photographie, die wir in seiner Tasche fanden, eine Aufnahme von dem Mann, damit er nicht die falsche Person erstach. Er schnüffelt hinter dem Kerl her, sieht ihn ein Haus betreten, wartet draußen auf ihn, im Handgemenge wird ihm selber eine tödliche Wunde beigebracht. Was halten Sie davon, Mr. Sherlock Holmes?«
Holmes klatschte zustimmend.
»Ausgezeichnet, Lestrade, ausgezeichnet!« rief er. »Aber ich konnte Ihrer Erklärung über die Zerstörung der Büsten nicht ganz folgen.«
»Der Büsten! Sie kriegen diese Büsten wohl gar nicht mehr aus dem Kopf! Nach alledem haben sie nichts zu bedeuten; Bagatelldiebstahl, sechs Monate höchstens. Es ist der Mord, hinter dem wir wirklich her sind, und ich sage Ihnen, daß ich auf dem besten Weg bin, alle Fäden in meine Hand zu bekommen.«
»Und der nächste Schritt?«
»Ist ganz einfach. Ich werde ins Italienerviertel gehen, werde den Mann finden, dessen Photographie wir haben, und ihn wegen Mord verhaften. Werden Sie uns begleiten?«
»Ich glaube nicht. Ich nehme an, wir werden auf einfachere Weise zum Ende gelangen. Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, weil alles da von abhängt… nun, alles hängt von einem Faktor ab, der sich gänzlich außerhalb unserer Kontrolle befindet. Doch ich habe große Hoffnungen – die Chancen stehen zwei zu eins –, Ihnen, wenn Sie heute abend mit uns kommen, helfen zu können, den Mann zu fassen.«
»Im Italienerviertel?«
»Nein. Ich glaube, Chiswick ist die geeignetere Gegend für eine Verhaftung. Wenn Sie heute abend mit mir nach Chiswick kommen, verspreche ich Ihnen, daß ich Sie morgen ins Italienerviertel begleite; so kann durch die Verzögerung bestimmt kein Schaden entstehen. Und jetzt, denke ich, werden uns allen ein paar Stunden Schlaf guttun. Ich habe nämlich nicht die Absicht, vor elf Uhr aufzubrechen, und es ist unwahrscheinlich, daß wir vor morgen früh zurück sein werden. Sie essen mit uns, Lestrade, und dann können Sie es sich auf dem Sofa bequem machen, bis es Zeit zum Aufbruch ist. Ich wäre Ihnen dankbar, Watson, wenn Sie nach einem Eilboten klingelten, denn ich habe einen Brief zu verschicken, und es ist wichtig, daß er sofort abgeht.«
Holmes verbrachte den Abend, indem er in Akten und alten Zeitungen herumstöberte, mit denen eine unserer Rumpelkammern vollgestopft war. Als er schließlich wieder zum Vorschein kam, stand Triumph in seinen Augen, aber er sagte keinem von uns etwas über das Resultat seiner Nachforschungen. Ich für meinen Teil war
Weitere Kostenlose Bücher