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Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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und ein paar Tage ausspannen. Wir kommen schon klar.«
    Johannes Hagemann lachte auf, seine Brust hüpfte auf und ab und das Lachen floss nahtlos in einen Hustenanfall über, der ihn ordentlich durchschüttelte. Trevisan erschrak und versuchte ihn zu stützen, doch Johannes wehrte ab.
    »Eine nette Art, mir zu sagen, dass ich überflüssig bin«, krächzte er, nachdem er sich wieder beruhigt hatte.
    Trevisan legte die Hand auf seine Schulter. »Du weißt, wie ich es meine.«
    Johannes lächelte ihn an. »Du siehst übrigens auch mitgenommen aus, wie durchgekaut und ausgespuckt. Wie läuft es bei dir?«
    »Paula kommt zu mir zurück.« Trevisan setzte sich wieder auf die Schreibtischkante. »Erst einmal für ein halbes Jahr.«
    »Und davor hast du Angst«, stellte Johannes fest und schüttelte ein paar gelbe Pillen aus einer braunen Medizinflasche. »Wegen der Verantwortung.«
    Trevisan nickte. »Sie war so glücklich bei mir. Ich hatte nicht einmal richtig Zeit für sie, aber sie hat Klara erzählt, dass sie von Grit und ihrer Freundin hin- und hergeschoben wird und sich wie ein Plagegeist vorkommt. Sie ist nicht glücklich in Kiel.«
    »Mach sie glücklich, deine kleine Tochter. Stell dich der Aufgabe. Du wirst genauso wie sie lernen müssen, wie ihr am besten miteinander auskommt. Sie ist ein liebes Mädchen. Ich glaube nicht, dass du Probleme mit ihr haben wirst. Und ehe du dich versiehst, ist sie erwachsen.«
    »Und die Pubertät? Was, wenn sie mit den Frauenproblemen zu mir kommt?«
    »Mensch, Junge, das ist noch so weit weg. Hast du damals deine Eltern gebraucht? Haben sie dir erklärt, wie es ist, wenn man langsam ein Mann wird? Wie man sich ein Mädchen angelt, ihr den Hof macht und dann nachts, wenn es so weit ist?«
    Trevisan schüttelte den Kopf. »Meine Eltern waren altmodisch.«
    »Dir wird etwas einfallen, wenn es so weit ist, da bin ich mir sicher. Übrigens, wo ist denn der Kerl vom LKA, dieser Kirner?«
    »Der ist heute noch vor Mittag weggegangen«, antwortete Trevisan und erhob sich. »Er wollte noch etwas überprüfen.«
    »Und wie machen wir jetzt weiter?«
    Trevisan griff nach dem Notizbuch, das vor Johannes auf dem Schreibtisch lag. Er schaute auf die Uhr. Es war kurz nach drei. »Wir telefonieren weiter. Ich nehme dir die Hälfte ab.« Trevisan riss die Seite mit den Telefonnummern in zwei Teile. »Was macht eigentlich Alex?«
    Johannes blickte auf. »Eine Internetrecherche. Mit dem Jungen hat unsere Abteilung einen guten Fang gemacht, der hat was drauf. Er sagt, wenn dieser Onno Behrend irgendwo mal in Erscheinung getreten ist, mal etwas publiziert hat, dann findet er ihn. Offenbar war der Mann ein Vogelkundler und die Hobbyforscher tauschen sich gerne über das Netz aus.«
    Trevisan lächelte. »Endlich einer, der sich an den brummenden Kästen auskennt. Dann bleibt uns nur die konventionelle Methode. Gute, alte Handarbeit.«
    *
    Es war kurz nach halb sechs. Mutlos warf Trevisan den Telefonhörer zurück auf die Gabel. Drei Teilnehmer hatten sich als Nieten erwiesen und Alex hatte inzwischen zwar im Internet etliche Seiten gefunden, auf denen von Onno Behrend die Rede war, aber keine Adresse. Im Gegenteil, möglicherweise lebte er sogar weit im Landesinneren und verbrachte nur die Ferien hier im Norden. Einige Artikel sprachen von Kongressen und Treffen in München, in Bonn und in Nürnberg. Doch die hinterlegten Seiten stammten aus früheren Jahren.
    Als sich draußen das letzte Tageslicht verzogen hatte, legte Trevisan den Zettel beiseite. Morgen war auch noch ein Tag. Alex und Johannes waren jetzt schon beinahe zwölf Stunden im Dienst. Auch für sie war es Zeit für den Feierabend. Er wollte sich gerade erheben, als plötzlich seine Tür aufflog.
    »Sie haben das Schiff!«, keuchte Hagemann. »Dieser Schwedenkreuzer liegt im Hafen von Norderney. Der Küstenschutz hat es gemeldet.«
    »Norderney?« wiederholte Trevisan. »Wie weit bist du mit den Telefonnummern?«
    »Alle bis auf eine negativ.«
    »Habt ihr auch das Einwohnermeldeamt von Norderney überprüft?«
    Johannes schaute betroffen zu Boden. »Verflucht, an die Inseln habe ich gar nicht gedacht. Er soll in der Nähe eines Krankenhauses wohnen, deswegen. Aber du hast recht. Die Kliniken auf Norderney. Verdammt, jetzt haben die Ämter geschlossen. – Über das Polizeirevier, ich kümmere mich darum!« Er verschwand.
    Trevisan überlegte. Das Schiff lag in einem Hafen, aus dem es jederzeit, auch bei Niedrigwasser, auslaufen konnte.

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