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Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Momente, wo ich darüber nachgedacht habe, einfach alles hinzuschmeißen. Wo man sich fragt, warum man das alles tut. Aber das sind nur Phasen. Ich glaube nicht, dass ich deswegen meine Grundsätze aufgeben würde. Ich denke, käuflich zu sein, ist in erster Linie eine Frage des Charakters.«
    Sechs Klingelknöpfe gab es an diesem Neubau, der wohl kaum älter als zwei Jahre war. Die beiden Bäumchen im mit Rindenmulch bedeckten Vorgärtchen waren gerade mal schulterhoch gewachsen und noch immer mit einer Schnur an einem massiven Stickel festgebunden. Liebler wohnte in einer der Dachwohnungen mit einer großen Loggia zur Straße hin.
    »Und Ihre Kollegen sind auch pünktlich?«, fragte Trevisan.
    »Sie kommen, wenn ich sie rufe.« Kirner drückte auf den Klingelknopf. Die Sprechanlage knackte und eine Frauenstimme meldete sich mit einem lang gezogenen »Ja, wer ist da?«
    »Mein Name ist Kirner vom Landeskriminalamt. Ich muss mit Herrn Liebler sprechen.«
    Der Türöffner summte. Die schwarz-weiß gesprenkelten Steinplatten glänzten wie frisch gewischt. Das Haus war gepflegt und die Ausstattung nicht billig. Am Treppenaufgang lockerte ein mit Farnen bestückter Pflanzkübel den nüchternen Eindruck auf. Die Treppengeländer waren aus poliertem Aluminium. Die Tür zur Dachgeschosswohnung stand offen und eine dunkelhaarige Frau mit rot geschminkten Lippen, in einen blauen Bademantel gehüllt, erwartete die beiden Kriminalbeamten. Trevisan schätzte ihr Alter auf etwa Mitte dreißig.
    Kirner streckte ihr seine Dienstmarke unter die Nase. »Wir müssen dringend mit Herr Liebler sprechen, ist er zu Hause?«
    Die Frau trat einen Schritt zur Seite und nickte.
    Durch einen breiten Flur betraten sie das helle Parkett des Wohnzimmers. Die lederne Couchgarnitur stand um einen runden Glastisch, darunter lag ein dunkelblauer Teppich. Eine Regalkombination aus Kirschbaumholz vervollständigte den gediegenen Eindruck. In einer Ecke stand ein Großbildfernseher, darunter eine Stereoanlage und vier große Lautsprechersäulen. Liebler hatte weder Kosten und Mühen gescheut, um sich ein angenehmes und luxuriöses Zuhause zu schaffen. Auch an die Feinheiten war gedacht, Figürchen aus Porzellan, Schalen in der Farbe des Teppichs und ein riesiges, abstraktes Ölgemälde. Zwei benutzte Weingläser standen auf dem Tisch neben einer geöffneten Flasche. Dem Etikett nach ein gutes Tröpfchen.
    Trevisan wandte sich um, die Frau war verschwunden. Er warf Kirner einen fragenden Blick zu, doch der Kollege zuckte mit der Schulter.
    Etwa eine Minute lang warteten sie, bis sich Liebler blicken ließ. Offenbar hatte er geduscht, seine Haare waren noch nass.
    »Ich kenne Sie doch«, sagte er, als sein Blick auf Kirner fiel.
    Die Frau steckte den Kopf durch die Tür. »Ich geh dann jetzt. Ruf mich an, wenn du wieder mal Zeit hast.«
    Liebler lächelte entschuldigend. »Ich ruf dich an. Wie immer, auf dem Handy.«
    Die Frau hatte die Eingangstür bereits zugeschlagen.
    »Was führt Sie zu mir?«, wandte sich Liebler den beiden Polizisten zu. »Noch dazu in meiner Freizeit.« Er bot ihnen mit einer Geste Platz auf der Couch an. »Und noch dazu am frühen Morgen.«
    Trevisan und Kirner setzten sich.
    Kirner knöpfte seine Jacke auf. »Sie wissen, dass ich im Fall Esser ermittle?«
    »Wir sind uns im Amt begegnet, als die Briefbombe entdeckt wurde«, bestätigte Liebler. »Wir haben uns die ganze Zeit gefragt, wer hinter dem feigen Anschlag steckt.«
    Kirner musterte das Gesicht des Mannes, der sich gegenüber niedergelassen hatte. »Wir wissen es jetzt.«
    »Diese weltfremden Umweltschützer wissen gar nicht, was sie anrichten. Das sind Extremisten, Terroristen, nichts anderes. Aber da ist unser Gesetz offenbar machtlos. Mich wundert immer wieder, dass sie noch frei herumlaufen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass unser Justizsystem gar nicht mehr funktioniert.«
    Trevisan schaute sich provokativ im Zimmer um. »Die Einrichtung war wohl nicht gerade billig.«
    »Das ist richtig«, bestätigte Liebler. »Auf der anderen Seite: Kauft man Qualität, dann hat man wirklich länger etwas davon. Auf lange Sicht gesehen, lohnt sich die Investition.«
    »Na ja, ich bin ein kleiner Beamter, da muss man sich schon ganz schön strecken.«
    Liebler nickte. »Ohne Erbschaft hätte ich das auch nicht gekonnt. Wollen Sie etwas trinken?«
    »Wir sind aus einem anderen Grund hier«, sagte Kirner. »Kennen Sie einen Herrn Romanow aus Sankt Petersburg?«
    Lieblers

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