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Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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einem lichtdurchfluteten Raum. Als sie die sanften Gesichtszüge von Onno Behrend vor sich erkannte, entspannte sie sich.
    »Na, gut geschlafen?«, fragte der alte Mann.
    Rike rieb sich die Augen. Sie nickte und sah sich um. Der Raum war der krasse Gegensatz zu der Stube im Erdgeschoss. Die Lüfter der Computer erfüllten die Luft mit einem sanften Brummen. Die drei Bildschirme auf den weißen, in U-Form angeordneten Computertischen verliehen dem Zimmer die futuristische Atmosphäre eines Raumschiffes. Tastaturen und Geräte mit blinkenden Lämpchen auf einem weiteren Tisch unterhalb des Fensters verstärkten diesen Eindruck noch. An den Wänden hingen überdimensionale Seekarten in bunten Farben. Das Fenster war abgedunkelt, die Neonleuchten an der Decke erhellten den Raum.
    »Wo bin ich hier eigentlich?«, fragte Rike schläfrig.
    Onno Behrend reichte ihr eine Tasse Tee. »Oh, das ist nur meine Einsatzzentrale«, antwortete er mit einem Lächeln. »Sie müssen sehr müde gewesen sein und sind eingeschlafen.«
    »Wie lange …?«
    »Es ist bereits Nachmittag.«
    »Wo ist Hilko?«
    »Der ist heute früh schon zurück nach Greetsiel geschippert«, erklärte Onno Behrend. »Aber kommen Sie mal her zu mir. Ihre CD ist ganz schön interessant. Ich bin übrigens Onno. Wenn wir schon eine Zeit miteinander verbringen, dann können wir ruhig du zueinander sagen.«
    »Mich nennt man Rike«, entgegnete Friederike.
    Onno Behrend nickte und wies auf den mittleren der drei Bildschirme. Rike erhob sich und trat näher. Eine Tabelle mit endlosen Zahlenreihen flimmerte ihr vom Bildschirm entgegen.
    »Das ist eine Kalkulationstabelle im Excel-Format. Sie heißt WiLaRoSa. Aber was sie bedeuten soll, davon habe ich keinen blassen Schimmer. Es sind noch zwei weitere Dateien auf der CD. Leider erkennt meine Software das Format nicht. Ich scanne gerade das Internet nach einem geeigneten Programm.«
    »Was ist das hier alles?« Rike wies auf die brummenden Geräte.
    »Hier sind wichtige Daten gespeichert«, erklärte Onno Behrend. »Vogelwanderungen, Aufkommen, Population und, und, und. Hilko wird dir von meinem Hobby erzählt haben. Es ist eine Passion. Als Pensionär muss man sich neue Herausforderungen suchen, sonst wird man wirklich alt. Im Geiste, meine ich. Der große Computer ist meine Arbeitsstation und mit dem linken gehe ich ins Internet. Alle Systeme sind vernetzt. Da hinten sind mein GPS-Scanner und das digitale Funkgerät. Sie sind an meine Computer angeschlossen und melden automatisch alle Wanderungen der von mir beringten Vögel. Ich habe natürlich eine Genehmigung von den Behörden.«
    Onno Behrend ging an einen Rollschrank in der anderen Ecke des Raumes und holte ein Buch hervor. Er reichte es Rike.
    Brutplätze des friesischen Wattenmeeres, dokumentiert und zusammengestellt von Onno Behrend, las sie auf dem Einband. »Du schreibst Bücher?«
    »Ich veröffentliche vogelkundliche Aufsätze, das ist etwas anderes als Bücherschreiben. Aber wie ich von Hilko gehört habe, bist du Biologin. Was ist denn dein Fachgebiet?«
    »Phoca vitulina«, antwortete Rike.
    »Aha, sehr interessant. Es gibt auch eine Dokumentation von dir, wenn ich mich nicht täusche?«
    Rike stellte die Tasse auf den kleinen Beistelltisch. »Leider keine erfreuliche und keine, für die sich irgendjemand interessiert«, antwortete sie trocken.
    »Oh, sag das nicht«, konterte Onno. »Wenn sie komplett auf der Seite von UnsereNatur.com im Internet veröffentlicht ist, dann interessiert sich auch jemand dafür. Ich habe sie sogar hier.«
    Onno Behrend wies auf den Rollschrank voller Bücher und Ordner. Rike folgte ungläubig dem Fingerzeig. Sie hatte nicht gewusst, dass ihre Arbeit veröffentlicht worden war, obwohl sie sich erinnern konnte, sie an einen Bekannten weitergereicht zu haben, nachdem das Ministerium stumm geblieben war.
    »Leider hilft mir das alles nicht weiter«, seufzte sie. »Mein Freund ist spurlos verschwunden, die Polizei ist hinter mir her wegen einer Sache, mit der ich nichts zu tun habe, und wer weiß, bei welchen Typen mein Name noch auf einer schwarzen Liste steht. Die Lösung muss sich auf dieser CD befinden, sonst hätte Larsen sie nicht auf Cordes Kutter versteckt.«
    »Aber welche Bewandtnis sollte es mit dem Schiff draußen im Roten Sand auf sich haben, was kann so wichtig oder sagen wir besser … ungewöhnlich daran sein?«
    »Ich glaube, das werden wir nur erfahren, wenn es uns gelingt, die Dateien zu entschlüsseln«, sagte

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