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Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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»Dein Freund wurde ermordet?«
    Rike schnäuzte ihre Nase und nickte stumm.
    »Dann frage ich mich, wer diese ominöse Briefbombe an diesen Politiker geschickt hat«, murmelte er. »Wir sollten wieder nach oben gehen und weiter an der CD arbeiten. Wer immer in Verbindung mit dem Tod deines Freundes steht, kann sich jetzt sicher sein, dass die Polizei annehmen wird, dass du ganz alleine hinter dem Anschlag gestanden hast.«
    »Aber ich war doch in Australien! Ich hab mein Flugticket und meine Buchungen …«
    »Das kann man fälschen. Hast du Zeugen?«
    »Ja!«
    »Und wo sind die?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie. »Bob war aus Wellington, Jean stammte aus Belgien und Harry aus den USA. Außerdem waren da noch Marlin, Tony, Sam und …«
    »Und alle waren sie aus allen Teilen der Welt und von allen kennst du die Vornamen und alle werden hier erscheinen, wenn du sie brauchst …?«
    »Aber auf der Arctic Sunrise muss es doch Listen geben. Aufzeichnungen …«
    »Und die werden sie dir geben?«
    »Aber ich habe nichts mit der Bombe zu tun«, schrie sie entsetzt.
    Onno hob beschwichtigend die Hände. »Ich glaube dir, aber deine Karten stehen jetzt noch schlechter als zuvor. Ich glaube, dass dein Freund wegen dieser CD sterben musste. Wir müssen herausfinden, was damit los ist, sonst ist er umsonst gestorben.«
    Rike nickte. Ihr Gesicht verriet die zurückgekehrte Entschlossenheit. »Du hast recht. Das bin ich Larsen schuldig.«
    *
    »Das darf doch nicht wahr sein!« Kirner warf das Fax zurück auf den Schreibtisch. Die Auricher Kollegen informierten ihn, dass Doktor Thomas Esser mit lebensgefährlichen Verletzungen im Koma lag. Von dem flüchtigen Fahrer fehlte jede Spur, nach dem blauen Peugeot 306 wurde fieberhaft gefahndet. Die Kollegen der Verkehrspolizei hatten von allen Peugeots mit Auricher Kennzeichen eine Auflistung erstellt. Nur drei blaue waren darunter. Die Überprüfungen der Fahrzeughalter waren noch nicht abgeschlossen.
    »Es sieht wohl eher so aus, als ob es ein weiterer Anschlag war?«, folgerte Kirners Kollege.
    »Jetzt stehen wir ganz schön blöd da. Es wird Zeit, Larsen offiziell zu suchen. Die Verdachtsmomente sind zwar vage, aber bei wohlwollender Betrachtung reichen sie vielleicht für eine Öffentlichkeitsfahndung aus. Kümmere dich bitte gleich darum, ich spreche mit dem Bereitschaftsstaatsanwalt.«
    »Ach, da ist noch was«, antwortete der Kollege. »Gestern hat eine Mitarbeiterin aus der Spurensicherung für dich angerufen. Sie bat dringend um Rückruf. Ich habe einen Zettel auf deinem Schreibtisch hinterlassen.«
    »Gut, das erledige ich später, mach dich jetzt bitte an das Fahndungsfernschreiben.«
    »Und was soll ich als Grund anführen?«
    »Was schon, Mordverdacht!«, erwiderte Kirner trocken.

19
    Der Parkplatz lag im Halbschatten einiger trüber Peitschenlaternen, die ein bleiches und unwirtliches Licht verströmten. Die Einsamkeit hatte sich mit dem beginnenden Abend über den Platz im Industriegebiet jenseits des Hafens von Wilhelmshaven gelegt. Wo sich tagsüber Menschen mit Einkaufswagen tummelten, war trügerische Ruhe eingekehrt.
    Sie saßen zu dritt in einem weinroten Mercedes, dessen goldfarbene Zierfelgen im Lichtschein schimmerten. Außer den im leichten Wind schaukelnden Ästen einiger junger Birken, die in geplanter Symmetrie die asphaltierten Flächen auflockerten, bewegte sich nichts an diesem Ort. Es war zehn Minuten vor Mitternacht.
    »Werden sie kommen?«, fragte der bärtige Fahrer den blonden jungen Mann, der lässig auf dem Beifahrersitz lümmelte und auf seinem Kaugummi kaute.
    Der Holländer lächelte. »Das Geschäft ist zu verlockend. Sie werden kommen.«
    Der Holländer hatte recht. Die Stuttgarter standen unter Druck. Das Baden-Württembergische Landeskriminalamt hatte in einem Supercoup den gesamten Markt rund um seine Landeshauptstadt leer gefischt. Vier Kilo Heroin von hoher Qualität war ein harter Schlag gegen die Szene. Dealer und Konsumenten saßen seit Wochen auf dem Trockenen. Den Schwaben blieb gar nichts anderes übrig, als den hohen Preis des Holländers zu akzeptieren. Und im Frühjahr, wenn sein Bruder wieder mit dem großen nigerianischen Tanker in Rotterdam festmachen würde, stand ein weiteres gutes Geschäft in Aussicht. Zumal die Quelle der Schwaben auf lange Sicht versiegt war, weil der türkische Großhändler die nächsten Jahre in Stammheim hinter Gittern verbringen würde. Trotzdem hatte sich der Holländer nicht blindlings

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