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Die wilde Gärtnerin - Roman

Die wilde Gärtnerin - Roman

Titel: Die wilde Gärtnerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena-Verlag <Wien>
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an«, war Helen etwas verzweifelt über die Wunschlosigkeit ihrer Mieterinnen und Mieter.
    »Warum richten wir nicht einen Fahrradraum in der Gerätekammer ein?«, hat Kirstin gefragt.
    Ich hab Helen schlucken gesehen. Richtig nervös ist sie geworden. Ich kenne sie ja so gut, ich hab sofort gewusst, jetzt muss das nächste Stück losgelassen werden. Ich bin ganz ruhig auf meinem Platz geblieben, hab mich nicht in das Gespräch eingemischt. Stattdessen hab ich Helen Energie geschickt. »Lass los«, hab ich ihr telepathisch übermittelt, »lass den Raum gehen.« Ihre Wange hat ein wenig gezuckt und dann hat sie gesagt: »Na gut, dann brauche ich aber Freiwillige, die mir aufräumen helfen.« Das war alles. So einfach. Sie hätten sehen müssen, wie viel Dynamik plötzlich in die Gruppe gekommen ist. Es braucht meist nur einen kleinen Funken, um einen Flächenbrand an Freude freizusetzen. Als würde sie hinter jeder Ecke warten, gerufen zu werden. »Ja klar, ich bin dabei!« – »Ich weiß, wo wir eine günstige Fahrradbefestigung herkriegen.« – »Ich helfe beim Ausmalen.« Gleich haben sich einige gemeldet. Die Kinder wollten auch mittun und den Fahrradraum mit Fingerfarben verschönern. Ich hab gespürt, wie kristallklares weißes Licht in die Gruppe eingeströmt ist, bloß weil Helen sich ein bisschen geöffnet hat.
    »Apropos Gartengeräte«, hat plötzlich eine gesagt, »Helen, könnten wir nicht ein wenig im Garten mittun?« Da hätten Sie Helen sehen sollen! Pure Verzweiflung ist ihr im Gesicht gestanden. Und ich hab ihr wieder Kraft geschickt, mehr hab für sie nicht tun können. Stille war im Raum.
    »Wisst ihr, das ist keine Kleinigkeit für mich«, hat Helen gesagt, »in meinem Garten muss ich allein sein.« Sie hat gezögert, mit ihren inneren Widerständen gekämpft, was völlig in Ordnung ist. Wir haben von klein auf gelernt, nur unsere angeblichen Schwächen zu sehen, deshalb fühlen wir uns oft defizitär. Aber wenn wir es schaffen, unsere Ängste offen anzusprechen, haben wir sie beinahe schon überwunden. Helen hat noch kurz mit den Backenzähnen geknirscht. »Na ja, könntet ihr euch mit einem mobilen Garten anfreunden? Beginnen wir vielleicht einmal nur mit einigen Gemüsekisten in der Einfahrt, geht das?«, hat sie gefragt, und die Gruppe hat ihre Arme geöffnet und Helen liebevoll in Empfang genommen.
    [...] Das Nächste, was mir aufgefallen ist? Eines Tages ist Benno im hellen Leinenanzug vor meiner Tür gestanden und hat mich zu Helen zum Abendessen eingeladen.
    »Haben wir was zu feiern?«, habe ich ihn gefragt.
    »Jeden Tag«, hat er geantwortet und mich umarmt. Drüben hat Helen uns geöffnet und wunderschön ausgesehen. Offene, wallende Haare, barfuß, tief dekolletiertes, bodenlanges Kleid, in Lila mit zarten weißen Linien, wie Pinselstriche auf japanischer Seide.
    »Du siehst fantastisch aus«, hab ich sie angestaunt. Vor lauter Bewunderung hab ich darauf vergessen, dass sie Komplimente nicht ausstehen kann.
    »Danke, mir war danach«, war ihre Bemerkung. Ohne Augenrollen oder Gereiztheit. »Erstaunlich, was Konsum aus Menschen machen kann«, hat Benno seine Bewunderung in etwas charmantere Worte gefasst. Erst da hab ich kapiert, dass Helen einkaufen war. Verstehen Sie? Sie hat, ohne von mir dazu aufgefordert worden zu sein, das Haus verlassen.
    +++ Anonymous kapert erneut FPÖ-Webseite +++ Europa bereitet sich auf Flüchtlingsstrom vor +++ Schuldenkrise drückt Euro-Währung auf Zweijahrestief +++ Kurssturz bei italienischen Bankenaktien +++ Reiche hinterziehen weltweit 230 Milliarden Dollar Steuern +++

1987
    Hannelore Strabeck wollte ihre feuchten Augen vor ihrer Tochter verbergen. Dankenswerterweise musste Antonia Strabeck alle Kraft für ihre Schultüte aufwenden, die sie mit beiden Händen trug, damit sie nicht am Boden streifte. Hannelore hätte ihrer Tochter gerne geholfen, ihr diese Last abgenommen oder ihre monströse Schultasche getragen. Aber Antonia war rechtzeitig zu ihrem ersten Schultag selbstständig geworden und schaffte das alles alleine. Das tat Hannelore weh. Ihre Tochter nicht mehr an der Hand zu führen, sie nicht zu beschützen, läutete Hannelores wachsende Bedeutungslosigkeit ein, mit der sie sich nicht so rasch anfreunden konnte.
    »Alles Gute für diesen wundervollen Tag, meine Schöne!«, rief eine bunte Frau auf einem noch bunteren Fahrrad zum Gehsteig hin, wo Helena Cerny einen Fuß vor den anderen Richtung Volksschule setzte. Mit einer instinktiven

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