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Die wilde Gärtnerin - Roman

Die wilde Gärtnerin - Roman

Titel: Die wilde Gärtnerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena-Verlag <Wien>
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weiteren Aufmerksamkeit. Er hat scheinbar fertiggehört, steht auf, sagt leise: »Danke«, drückt mir den Becher meiner Thermoskanne in die Hand und geht.
    Bin kurz vor Einbruch der Dämmerung in der Wohnung. Sehe im Badezimmerspiegel mein mit Erde verschmiertes Gesicht. So schaut man aus, wenn man sich mit Arbeitshandschuhen die Haare aus der verschwitzten Stirn wischt. Wie ein verschütteter, chilenischer Bergarbeiter nach drei Wochen im Stollen. Der Jünger muss einen großen Willen zur Ernsthaftigkeit besitzen. Hätte bei meinem Anblick losgebrüllt vor Lachen.

FORTSETZUNG VERHÖRPROTOKOLL, 24. JULI 2012
    […] Meine Altengruppe? Weil ich sie mag und es mir Freude macht, ihnen Freude zu bereiten. […] Ja, ich hab mich schon von vielen verabschieden müssen. Das gehört dazu. Aber es ist lehrreich, wissen Sie. Lehrreich und beruhigend. Ich hab dabei gelernt, dass nicht viel übrig bleibt von unserer komplizierten und komplexen Gesellschaft. Meist der Wunsch nach Zuneigung und Aufmerksamkeit, und den erfülle ich gern. Am Sterbebett genügt oft die Nähe eines anderen Menschen. Da gibt es keine großen Gesten mehr. Ein kurzes Aufatmen, leichte Entspannung, das ist alles. Es sind diese winzigen Nuancen, die mich glücklich machen. Glauben Sie mir, es ist ein rein egoistischer Akt, meine Zeit im Hospiz oder mit alten Menschen zu verbringen. In diesen Begegnungen werde ich so reich beschenkt. Das sind wertvolle Erfahrungen und ein Glück, das ich niemals zurückgeben kann. Wobei dieses wirtschaftliche Gegeneinander-Aufrechnen natürlich Schwachsinn ist. – Dank meiner Freundinnen und Freunde hat sich meine Angst vor dem Tod relativiert. Einen größeren Reichtum kann ich mir nicht vorstellen. Der Mensch ist die Arznei des Menschen, heißt es. Ich weiß nicht, wer das gesagt hat, aber es stimmt, und das habe ich durch meine Freundinnen und Freunde gelernt. Auch wenn es bei ihnen keine Heilung im medizinischen Sinn gibt. Für Sie mag das wieder sehr pathetisch klingen, aber die Menschheit ist eine Gemeinschaft, die zusammengehört. Davon bin ich überzeugt. Wie unausstehlich wir uns auch finden mögen, wir brauchen einander. Denn, glauben Sie mir, letztendlich ist jeder froh, nicht allein zu sein.
    […] Ja, stimmt, Helen ist gern allein. Zumindest, wenn sie zuhause ist. Ob das jetzt auch zutrifft, bezweifle ich. Aber ich bin sicher, sie wird bald wieder zuhause sein. […] Der Unterschied zwischen Einsamkeit und Helens Alleinsein ist die Selbstbestimmung. Helen hat ihre Einsamkeit selbst gewählt und kann sie jederzeit ablegen. Also, wenn sie nicht gerade im Gefängnis sitzt, so wie jetzt. Und glauben Sie mir, es hat schon Momente in Helens Leben gegeben, da war sie sehr dankbar, nicht allein zu sein.
    […] Eifersüchtig? Auf Benno? Wie kommen Sie denn darauf? […] Ach, darauf wollen Sie hinaus. Nein, damit hat das nichts zu tun, das ist doch etwas völlig anderes. Wie ich Berta und Helen gemeinsam in der Küche angetroffen hab, haben sich meine Emotionen auf einer ganz anderen Ebene abgespielt. Nein, wegen Benno ist keine Eifersucht aufgetaucht. Also, ich befürchte, Sie verstehen gar nichts! Das mit Benno hat mich gefreut, sehr sogar, und das kam ja erst viel später.
    +++ Miniwarenkorb zum Vorjahr um 4,1 Prozent gestiegen +++ Griechenland erhöht Pensionsantrittsalter auf 67 Jahre +++ Moody’s bestätigt Österreichs Triple-A mit negativem Ausblick +++ ESM soll notfalls auf zwei Billionen gehebelt werden +++ Lücke im griechischen Haushalt um 20 Milliarden größer, als angenommen +++

1945
    Anton konnte es nicht fassen. Das durfte nicht wahr sein. Das würde bedeuten, dass alles völlig umsonst gewesen war. All die Angst, die Toten, die Vergewaltigungen. Alles. Schon als er in der Straße ihr unversehrtes Haus gesehen hatte, hatte er gedacht: Wir hätten in Wien bleiben müssen. Nachdem sie die Stube des Wirtshauses betreten hatten, alle Sessel und Tische intakt waren, die Budel ohne Kratzer, sogar die Fensterscheiben ganz; nachdem er die Wohnungstür im 1. Stock aufgesperrt, ihre Möbel, die Betten, den Ofen gesehen hatte. »Wir hätten einfach hier bleiben sollen, Mama. Uns wär nichts passiert, uns wär alles erspart geblieben«, sagte er. Magda betrat ihre Wohnung, die sie vor einem dreiviertel Jahr als anderer Mensch verlassen hatte. »Mama, das is doch verrückt. Hier is nichts zu Bruch gegangen. Wären wir hier geblieben, uns wär nichts …«
    »Das kannst nicht sagen, Anton«, unterbrach sie ihn und

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