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Die wilde Gärtnerin - Roman

Die wilde Gärtnerin - Roman

Titel: Die wilde Gärtnerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena-Verlag <Wien>
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dürrer Mann mit Skorbut, der sich auf zwei Krücken stützte und ein Hosenbein in Höhe seines Knies zu einem Knopf zusammengebunden hatte. Ihre Mutter forderte sie auf: »Sag Servus zu dei’m Papa.« Aber Erna fragte nur ungläubig: »Der is mein Papa?« Auf
den
hatten sie also all die Jahre gewartet? Von
dem
hatte ihre Mutter immer erzählt? Um
den
hatte sie sich Sorgen gemacht? Also so einen würden sie doch zuhauf auf der Straße finden. So einen würden sie nachgeschmissen bekommen. Erna bewegte sich nicht. »Na geh«, sagte Amalia Panticek. »Lass«, sagte Josef, »sie wor no so klan, wie i weg bin. Sie kann si nimmer erinnern.« Er rückte seine Krücken nach vor, verlagerte seinen Oberkörper, zog das Bein nach. Dann nahm er die Krücken in eine Hand, schob mit der anderen einen Sessel neben Erna und setzte sich umständlich. Josef streckte ihr seine freie Hand entgegen. »Servas Erna, i bin dei Papa. Wir werden uns scho wieder aneinander gewöhnen«, sagte er. Erna schüttelte seine Hand. Sie schaute zu Amalia, ob die auch ja bemerkte, welch gute Manieren sie hatte. Ihr angeblicher Vater lächelte sie an. Er hatte furchtbar schlechte Zähne, aber seine grün-grauen Augen waren freundlich. »Wo is dein zweiter Fuß?«, fragte sie. »Waßt, i bin angschossen worn«, ganz ruhig sagte Josef das, als würde er über einen Einkaufszettel reden. »Mei Wadl is durchg’schossen worden. Zuerst hab i nix gmerkt. Oba auf amoi hod da Fuaß so zum Zittern angfangen, so.« Mit dem Bein, das ihm geblieben war, zeigte er Erna, wie das jetzt amputierte Bein hin und her geschlagen hatte. »I hab zwa Löcher im Stiefel g’sehen. Beim an is die Kugel eine, beim andern wieder ausse. Und dann hom’s mi ins Födlazarett brocht.« – »Und die ham deinen Fuß wegnommen?« Erna war schon nach Josefs ersten Worten ungeduldig geworden. Er sprach so langsam und umständlich. Sie wollte doch wissen, weshalb er so aussah, wie er aussah und zwar schnell. »Waßt, es woa dreckig im Lazarett. Dreckig, laut und voll. Und es hod nur an Oarzt geb’n und kane Medikamente. Da is da Dreck in mei Wunden einekummen, des is ned guad.« Na servas, dachte Erna, dann hatt die Mama recht. Amalia predigte ihr immer, dass man von Dreck krank werden würde. Deshalb putzte ihre Mutter auch so viel, obwohl die Wohnung überhaupt nie schmutzig war. Aber dass einem der Fuß abgeschnitten wurde, nur weil man schmutzig war, das hatte Erna nicht gedacht. Sie schaute verschreckt in Josefs graugrüne Augen, dann zu ihrer Mutter, die sich zu ihnen an den Tisch gesetzt hatte. »Wundbrand haßt des«, erklärte Josef weiter. »Tut das weh?«, fragte Erna. Das musste zuallererst abgeklärt werden. Wenn Dreck auch noch wehtat, dann würde sie nie wieder barfuß auf die Straße laufen, was ein ziemlich schwieriges Unterfangen werden würde, denn sie hatte nur ein Paar Schuhe. »Sehr«, meinte Josef, »deshoib ham’s ma den Fuaß obgschnitten, oberhoib vom Durchschuss.« Wieder zeigte Josef an seinem Bein, was mit dem anderen geschehen war. »Nur leider is no amoi brandig wurn.« Das reichte Erna. Dass Schmutz derart gefährlich war, hätte sie ihrer Mutter nie geglaubt. Aber diesem Mann glaubte sie. »Si ham mir den Fuaß oberhalb vom Knie obnehmen miassen.« Diesmal zeigte er nicht auf sein Bein, denn Erna sah ohnehin, wie wenig sie davon übrig gelassen hatten. »Hat des wehtan?« Sie war sich fast sicher, dass das ungeheuer wehtun musste. Aber sicherheitshalber wollte sie fragen, wenn da schon jemand saß, der das genau wusste. »Jo, unhamlich. Oba zum Glick bin i eh glei in Ohnmocht gfoin.« Ohnmacht. Damit kannte Erna sich bestens aus. Schließlich war sie dabei gewesen, als Frau Wolny im Luftschutzkeller bewusstlos geworden war. Erna erinnerte sich gut an die Blutmengen, die aus Frau Wolnys relativ kleiner Wunde am Hals geflossen waren. Sie rechnete sich aus, wie schlimm es erst bluten musste, wenn einem der Fuß abgeschnitten wurde. »Tut ma leid, Papa«, sagte sie und schaute verlegen zu Boden. Sie schämte sich. Weil sie abschätzig über ihren Vater gedacht hatte, als er vorhin im Zimmer stand. Sie schämte sich, weil er so schlimme Dinge erlitten hatte. Sie schämte sich, weil er nur mehr ein Bein und sie noch beide hatte. »I brauch dir ned leid tun, überhaupt ned, Erna.« Josef nahm Ernas Hände und drückte sie leicht. »I bin der glücklichste Mensch auf da Wöd, weil i wieder bei dir bin.« Dann grub er sein Gesicht in Ernas Haare. »Und jetzt geh

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