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Die wilde Gärtnerin - Roman

Die wilde Gärtnerin - Roman

Titel: Die wilde Gärtnerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena-Verlag <Wien>
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ertappe mich aber gleichzeitig bei reuigen Gedanken: Hätte ich bloß nicht zugesagt! Jetzt lauert mir ihr Jünger mit Dankesbezeugungen auf, sie quatscht mich mit Hochfrequenztrillern zu und bald fallen mir Shantis ins Humusklo.
    Berta sitzt drüben vor dem Laptop.
    Kümmere mich nach dem Essen um meine Mauergestalten: Felsbirne, Feige, Weinstöcke. Die Blumenwiese belebt sich immer mehr mit Insektengebrumm, genau wie der Holunder, und um die Dächer der angrenzenden Häuser schwillt Vogelgesang an. Bleibe bis Sonnenuntergang im Garten.
    12.4 .
    Es regnet, daher ruht die Gartenarbeit. Stehe am Fenster und schaue zu Berta hinüber. Sie sieht mich. Mache ihr Zeichen, zu mir rüberzukommen. Berta nickt, packt sich zusammen und steht bald darauf vor meiner Tür. Koche Spinatknödel mit brauner Butter.
    »Weißt du, dass ich dich das erste Mal essen sehe?«, sage ich.
    »Wirklich?«, meint sie gut gelaunt, »aber du siehst, Kauwerkzeuge funktionieren, Schluckreflex auch. Du wirst das vielleicht nicht glauben, ich habe bereits mehrmals in meinem Leben Nahrung zu mir genommen, selbst wenn dir das bei deiner Observation entgangen sein mag. Ich mach das sogar in ziemlich regelmäßigen Abständen. Häufig, würde ich sagen.«
    »Das bezweifle ich. Meine Aufzeichnungen sind absolut zuverlässig und dieser Punkt ist nicht existent.«
    Bertas Gesicht verzieht sich zu einem gequälten Lächeln, wie dem eines Teenagers, dessen Eltern vor versammeltem Freundeskreis peinliche Kinderfotos herumreichen. Berta isst weiter, vertilgt drei Knödel, lässt keinen Krümel übrig, auch keinen Butterrest. Als sie fertig ist, steht statt eines Laptops ein beinahe sauberer Teller vor ihr. Ungewohnter Anblick. Sie streckt ihre Beine unter dem Tisch aus. Vom Hof her scheint Sonne durch das Küchenfenster. Der Strahl muss einen raschen Weg durch dichte Wolken gefunden haben, denn draußen regnet es kontinuierlich weiter. Bertas Haare bekommen durch das schräge Licht einen leicht rötlichen Stich. Bilde mir ein, auf dem hellen Teint ihres Nasenrückens einen zarten Anflug von Sommersprossen auszunehmen. Sollte sie ihr Gesicht in den letzten Tagen doch von ihrem Bildschirm weggetragen und dem Sonnenlicht ausgesetzt haben? Die ungewohnte Pigmentierung gibt ihr eine Leichtigkeit. »Spitzbübisch« fällt mir dazu ein. Gegen die Zuschreibung »lieblich« würde sie sich sicher wehren. Berta gefällt mir heute nicht ausschließlich wegen der Sommersprossen, sondern aufgrund ihrer kürzlich offenbarten Ansichten. Möchte mich zwar nicht in Wirtschaft, Politik und sonstige üble Machenschaften involvieren, aber es imponiert mir, dass sie sich darüber Gedanken macht.
    »Was hältst du von diesem Hackerangriff? Hast du davon gehört?«, frage ich und bin mir sicher, sie hat.
    »Ja, wieso?«
    »Was meinst du, ist das gut oder schlecht?«
    »Wie jetzt?«
    »Na bringt die Aktion was, oder nicht?«
    »Kann ich dir nicht sagen. Ich weiß ja nicht, was die Hacker sich davon erwarten. Ich persönlich finde, die Aktion hat schon was gebracht. Bisher haben die meisten nicht einmal darüber nachgedacht, was ihre monatlich vom Gehalt abgezogenen Betriebspensionen und Abfertigungen auf dem Finanzmarkt anrichten. Und jetzt bildet sich Widerstand gegen diese staatlich sanktionierten Spekulationsgelder. Die Leute wollen mitentscheiden, was mit ihren Beiträgen passiert, und außerdem wollen sie ihre Verträge kündigen. Ich glaub, das ist schon ein Erfolg.«
    »Aber wie macht man so was, jetzt rein technisch, wie hackt man eine Website?«
    »Ach, das meinst du, also, so genau kenn ich mich auch nicht aus, aber im Großen und Ganzen muss es den Hackern gelingen, an den Server zu kommen, die Sicherheitssysteme zu umgehen und dann können sie alles, was sie wollen, auf die Website stellen.«
    »Und was haben die davon?«
    Berta lacht über mich, wie über ein Kind, das hinter das System der weißen und schwarzen Cowboyhüte bei Wildwest-Filmen kommen möchte. »Eine rein sportliche Befriedigung, nehm ich an, und obendrein einen Gegner auf seinem eigenen Territorium schlagen.«
    »Versteh ich nicht,
Gegner

    »Na ja, wenn sogenannte institutionelle Investoren, und zu nichts anderem sind Vorsorgekassen gegründet worden, auf den eigenen Webseiten die ruhmlose, aber einflussreiche Beteiligung am Casino-Kapitalismus anklagen, dann hat man schon einige LOLs auf seiner Seite. Hast du dir die Webseiten angeschaut?«
    »Nein, nur die Zeitungsartikel gelesen.«
    »Oh, die gute

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