Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
Vom Netzwerk:
verlieh dem Ausflug ein echtes Throgsgafen-Feeling. Einer
der Hunde gehörte Ralph. Er hatte ihn Matje als Schwangerschaftsgeschenk
gekauft, nicht zuletzt deshalb, damit sie auf den Straßen von New York einen
gewissen Schutz hatte. Dieses keiner Rasse zuzuordnende Vieh namens Loom
verlieh der Fahrt von New York nach Maine einen gewissen Nervenkitzel. Trumper
steuerte seinen Volkswagen, Tulpen saß neben ihm und hielt Baby Merrill auf dem
Schoß; im Fond kämpften Ralph und seine schwangere Matje mit Loom. [476]  Auf dem vollbeladenen
Dachgepäckträger befanden sich Merrills Wiege, warme Kleider, Körbe mit Wein,
Schnaps und ein paar Köstlichkeiten, die Couth und Biggie in Maine nicht
bekommen konnten: ein seltener Käse und Räucherfleisch. Biggie war für die
Hauptgerichte zuständig.
    Der andere Hund – Trumpers Geburtstagsgeschenk für Colm – war bereits in Maine. Ein Chesapeake-Bay-Apporthund
mit einem dicken, öligen Fell wie eine abgetretene Fußmatte – Couth nannte ihn
Great Dog Gob.
    Trumper und
Tulpen hatten keinen Hund. »Ein Baby, vierzig Fische und zehn Wasserschildkröten
reichen«, meinte Bogus.
    »Aber du
solltest dir wirklich einen Hund zulegen, Thump-Thump«, redete Ralph ihm zu.
»Ohne Hund ist man einfach keine richtige Familie.«
    »Und du
solltest dir ein Auto zulegen, Ralph«, konterte Trumper und bugsierte den vollbepackten
Volkswagen auf die Autobahnauffahrt nach Maine hoch. »Ein richtiges, großes
Auto, Ralph«, sagte Trumper. Loom, das Untier auf dem Rücksitz, geiferte ihm in
den Nacken.
    »Vielleicht
sogar einen Bus«, tutete Tulpen ins gleiche Horn.
    Als sie Boston
erreichten, gab es in dem winzigen Handschuhfach keinen Platz mehr für Merrills
volle Windeln, und Matje mußte, weil sie schwanger war, achtmal pinkeln.
Trumper fuhr verbissen weiter und hielt den Blick stur auf die Straße vor sich
geheftet; er ignorierte Baby Merrills Jammern, Ralphs endlose Beschwerden über
den Platzmangel und Looms beharrliches Schnaufen. Was hab ich mir da nur
eingebrockt? fragte sich Trumper. Es kam ihm vor wie ein Wunder, daß sie
schließlich doch bei dem nebelverhangenen, von überfrorenem Regen bedeckten
Haus ankamen.
    Gob und Loom
wurden gleich Freunde; sie stürzten sich in den Schlick am Strand, ein
geiferndes Knäuel; und Colm wurde fast verrückt dabei, als er die Biester
voneinander trennen wollte.
    [477]  Den
Tag vor Throgsgafen verbrachten sie im Haus; die Männer spielten Billard und
scherzten herum, wer was mitgebracht hatte.
    »Wo ist der
Bourbon?« fragte Bogus.
    »Wo ist das
Hasch?« meinte Ralph.
    »Wir haben
keine Butter mehr«, sagte Biggie zu Couth.
    »Wo ist das
Klo?« fragte Matje.
    Biggie und
Tulpen unterhielten sich darüber, wie klein Matjes Bauch war. Sie war eine
zierliche Person, und obwohl es bis zur Entbindung nicht mehr lange dauerte,
glich ihr Bauch einer kleinen Honigmelone.
    »Meine Güte,
ich hab damals anders ausgesehen«, sagte Biggie.
    »Du bist auch
anders gebaut, Big«, meinte Bogus.
    »Du warst auch
dicker, Tulpen«, sagte Ralph zu Tulpen. Sie sah Bogus an und überlegte, ob er
sich nicht beschissen fühlte, weil er keinerlei Erinnerung an die
Schwangerschaft seiner zweiten Frau besaß. Sie ging zu ihm hinüber und faßte
ihm unauffällig zwischen die Beine.
    Dann drängten
sich die Männer an Matje heran und tasteten unter dem Vorwand, das Geschlecht
des Kindes herausfinden zu wollen, an ihrem Bauch herum. »Ich sag’s nur ungern,
Ralph«, meinte Bogus, »aber ich glaube, Matje kriegt eine Weintraube.«
    Die Frauen
legten Anna und Baby Merrill nebeneinander auf eine Anrichte im Eßzimmer. Anna
war älter, doch beide waren noch in dem Alter, wo sie nur schlafen, essen und
gewaschen werden wollen.
    Besichtigungen
beschränkten sich bei diesem häßlichen Wetter auf die Brüste der beiden
stillenden Mütter und Matjes wachsenden Bauch, also gab es viel schlechtes
Billard und viel guten Alkohol. Ralph spürte als erster die Wirkung. »Ich muß
schon sagen«, sagte er feierlich zu Couth und Bogus, »ich mag alle unsere
Ladies.«
    Draußen, im
dichten Nebel und Schneeregen, kämpften Great Dog Gob und der nicht
einzuordnende Loom im Matsch.
    [478]  Nur
Colm war übellaunig. Zum einen war er nicht an so viele Gäste gewöhnt, zum anderen
waren die Babys ruhige, langweilige Kreaturen, die nicht spielen wollten, und
die tobenden Hunde schienen ihm etwas gefährlich. Außerdem war es bisher immer
so gewesen, daß Bogus ihm seine ungeteilte Aufmerksamkeit

Weitere Kostenlose Bücher