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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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schenkte, wenn er zu
Besuch kam. Jetzt gab es hier einen Haufen Erwachsene, die dummes Zeug
miteinander redeten. Das Wetter war scheußlich, aber draußen war es immer noch
besser als drinnen, und so demonstrierte Colm seine Langeweile, indem er jede
Menge Matsch ins Haus schleifte und die beiden wilden Hunde immer wieder
hereinließ und es geradezu darauf anlegte, daß sie die wertvollen Vasen der
Pillsburys zerbrachen.
    Schließlich
erkannten die Erwachsenen Colms Problem und gingen abwechselnd im kühlen Naß
mit ihm spazieren. Colm brachte einen Erwachsenen nach dem anderen klitschnaß
nach Hause. »Und wer geht jetzt mit mir raus?« quengelte er dann.
    Schließlich war
es an der Zeit, mit einer kleinen Aufwärmfete für den Abend zu beginnen –
nichts im Vergleich zum Hauptfest am nächsten Tag, versteht sich.
    Tulpen hatte
etwas Fleisch aus New York mitgebracht.
    »Ah, Fleisch
aus New York«, alberte Ralph und kniff sie in den Hintern.
    Matje drohte
Ralph mit dem Korkenzieher.
    Nach dem Abendessen herrschte eine nahezu himmlische Ruhe; die
Babys lagen im Bett, die Männer waren vollgegessen und leicht angedudelt. Doch
Colm war total übermüdet und sauer, weil er nach oben gehen sollte. Biggie
versuchte, ihm freundlich zuzureden, doch er weigerte sich, den Tisch zu
verlassen. Dann erbot sich Bogus, ihn nach oben zu tragen, weil er so müde war.
    »Ich bin nicht
müde«, widersprach Colm.
    »Wie wär’s mit
einer Geschichte aus Moby Dick ?«fragte
Bogus. »Na, komm schon.«
    [479]  »Couth
soll mich ins Bett bringen«, sagte Colm.
    Ganz
offensichtlich war er einfach knatschig, also hob Couth ihn hoch und trug ihn
zur Treppe. »Wenn du willst, bring ich dich ins Bett«, sagte er zu Colm, »aber
ich kenne Moby Dick nicht, und ich kann auch nicht so
gut Geschichten erzählen wie Bogus…« Doch Colm war schon eingeschlafen.
    Bogus, der am
Tisch zwischen Biggie und Tulpen saß, spürte, wie Biggie unter dem Tisch ihre
Hand auf sein Knie legte; fast gleichzeitig berührte Tulpen das andere Knie.
Sie dachten beide, er könne verletzt sein, deshalb beruhigte er sie: »Colm ist
einfach schlecht aufgelegt. Für ihn ist der Tag nicht so toll gewesen.«
    Auf der anderen
Seite des vollbeladenen Tisches saß Ralph und hatte die Hand auf Matjes
Weintraube gelegt. »Weißt du, was, Thump-Thump?« sagte er. »Wir könnten den
Film eigentlich auch hier in Maine drehen. Das hier ist schließlich fast eine
Burg…«
    Er redete von
seinem nächsten Filmprojekt: Akthelt und
Gunnel. Alles
war schon durchgeplant. Sie würden nach Europa gehen, wenn Trumper mit dem
Drehbuch fertig war; eine Produktionsfirma in München hatte bereits finanzielle
Unterstützung zugesagt. Sie wollten Frauen und Kinder mitnehmen, doch Trumper
hatte Ralph gedrängt, Loom dazulassen. Sie hatten sogar daran gedacht, Couth
als Kameramann einzustellen, doch der war nicht interessiert. »Ich bin Fotograf «,
sagte er. »Und ich lebe in Maine.«
    Einen kurzen,
unfreundlichen Augenblick lang dachte Bogus, der wahre Grund, warum Couth nicht
an dem Film interessiert war, wäre Biggie. Bogus konnte irgendwie spüren, daß
Biggie immer noch nicht gefiel, was er machte, doch als er das Tulpen gegenüber
erwähnte, war er von ihrer Antwort überrascht.
    »Ehrlich
gesagt«, hatte Tulpen gemeint, »bin ich froh, daß Couth und Biggie nicht
mitkommen.«
    »Magst du
Biggie nicht?« wollte Bogus wissen.
    [480]  »Das
ist es nicht«, antwortete Tulpen. »Natürlich mag ich Biggie.«
    Da überkam
Bogus wieder die alte Verwirrung, wie einen pubertierenden Jüngling.
    Es war Zeit zum
Schlafengehen. Die erschöpften Gäste hatten Schwierigkeiten, sich im riesigen
ersten Stock des Herrenhauses zurechtzufinden, sie verirrten sich auf den
vielen Fluren und platzten in die falschen Schlafzimmer.
    »Wo soll ich
schlafen?« fragte Ralph immer wieder. »Lieber Gott, führ mich…«
    »Wenn man
bedenkt, daß das erst der Tag vor Throgsgafen ist«, meinte Couth nachdenklich.
    Biggie saß
gemütlich auf dem Klo, als Bogus ins Bad platzte. Wie immer ließ er die Tür
hinter sich offen. »Was hast du hier zu suchen?« fragte sie ihn und zog sich
den Bademantel zu.
    »Ich will mir
nur schnell die Zähne putzen Big«, sagte Bogus. Ihm schien nicht bewußt zu
sein, daß er nicht mehr mit ihr verheiratet war.
    Couth schielte
durch die offene Tür ins Bad herein, war gelinde erstaunt. »Was macht er da?«
fragte er seine Frau.
    »Ich glaub, er
putzt sich die Zähne«, antwortete Biggie.

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