Die wilde Geschichte vom Wassertrinker
Ereignis
wollte ich nicht verpassen.«
Sie lächelte,
schaute jedoch zur Seite; ihre Freundinnen schienen verärgert, weil sie deutsch
redete, doch das störte sie nicht. »Das ist aber ein komischer Ort, um Mädchen
abzuschleppen«, meinte sie. »Du scheinst es nicht sehr verbissen zu sehen,
sonst würdest du es nicht an so einem Ort versuchen.«
[137] »Das
stimmt«, gab ich zu. »Hoffnungslose Sache, hier ein Mädchen abzuschleppen.«
»Richtig«, sagte sie und warf mir einen Blick
zu, der besagte, daß sie es ernst meinte. Doch sie lächelte. »Geh deinen Freund
suchen«, sagte sie. »Ich wollte sowieso noch etwas bleiben.«
Und ich war
gerade dabei, es zu tun, überlegte, wo ich zuerst nachschauen sollte. Unter den
dunklen Tischen im Kellergewölbe, wo der arme Merrill, vielleicht mit irrem
Blick, lauerte oder einfach in ein diabetisches Koma gefallen war? Oder oben in
seinem Zimmer, wo er möglicherweise betrunken einen Urintest durchführte und
die Teströhrchen ins Waschbecken schüttete?
Dann bemerkte
ich, daß es an dem Tisch hinter den beiden Mädchen mucksmäuschenstill geworden
war – daß da ein paar Männer bei einer Verschwörung saßen. Die Silhouette eines
riesigen Hundes tauchte hinter den beiden Mädchen auf, näherte sich unserem
Tisch. Herr Halling stand an der Theke, hatte einen Finger an die Lippen gelegt
und wollte sich gerade daranmachen, ein Glas blankzuputzen; er tat, als würde
er nichts merken. Dann sah man im trüben Licht, auf gleicher Höhe wie unser
Tisch, den Schatten eines Skistockes langsam auftauchen; das Ende mit der
Schlaufe näherte sich wie ein Zauberstab dem Zwischenraum zwischen dem Ellbogen
(auf dem Tisch) und dem Busen der Gewinnerin im Riesenslalom.
»Dieser
Freund«, sagte ich mit bebender Stimme, »ist nicht ganz bei Sinnen.«
»Dann such
ihn«, sagte sie, ernsthaft besorgt.
»Ich hoffe, du
hast auch Sinn für Humor«, sagte ich.
»O ja«, meinte
sie und sah mich dabei mit einem warmen Lächeln an. Sie beugte sich ein wenig
näher zu mir herüber, berührte etwas unbeholfen meinen Handrücken. Da ihr die
Größe ihrer Hände bewußt war, hielt sie sie meist gefaltet. »Bitte sieh nach,
ob es deinem Freund gutgeht«, sagte sie. Dann tanzte die Schlaufe eines
Skistocks in den nunmehr großen Spalt zwischen [138] ihrem Ellbogen und ihrem Busen; so nach vorn
gelehnt, wie sie jetzt dasaß, drückte sich ihr Busen fest gegen den Pullover;
dieses Ziel konnte nur ein Idiot verfehlen.
»Ich hoffe, du
vergibst mir«, sagte ich und berührte ihre Hand.
»Natürlich«,
lachte sie, und die Falle schnappte zu. Die Schlaufe zog ihren Busen schräg
nach oben zur Achselhöhle, und hinter ihr erhob sich Merrill Overturf auf die
Knie, sein Skistock bog sich dabei wie eine Angel, an der ein mächtiger Fang
hängt, seine Augen waren glasig und blickten wirr.
»Das
Busenlasso!« schrie er.
Da zeigte das
athletische Fräulein aus Vermont seine katzenhafte Körperbeherrschung und
enorme Kraft. Biggie befreite ihre Brust aus der Schlaufe und ergriff das Ende
des Stockes, schwang die Beine über die Bank, stieß Merrill mit ihren wuchtigen
Schenkeln um und warf ihn zu Boden. Dann war sie auf den Beinen, und mit dem
Geschick der geübten Skiläuferin stieß sie mit dem Skistock auf Merrill ein,
der sich am Boden wand und versuchte, seine Finger aus dem Teller zu befreien
und die bohrenden Stöße der Skistockspitze mit seinem blutenden Handballen
abzuwehren.
»Oh, Boggle, Blut !Man sticht auf mich ein!« ächzte
er, während Biggie ihn endgültig festnagelte, ihm einen ihrer großen
Fellstiefel auf die Brust stellte und die Stockspitze auf den Bauch drückte.
»Es war doch
nur Spaß, war nur Spaß!« kreischte Merrill. »Hab ich dir weh getan? Wirklich? Nie
im Leben hab ich dir weh getan. Nein, ich hab dir nicht weh
getan… nein, nein, nein !«Doch
Sue ›Biggie‹ Kunft war über ihm, übte gerade so viel Druck auf den Skistock
aus, daß er sich nicht zu rühren wagte, weil er sich sonst aufgespießt hätte,
und warf mir einen bösen, verletzten Blick zu. »Red mit
ihr, Boggle!« keuchte Merrill. »Wir haben dich im Fernsehen gesehen«, sagte er
zu ihr. »Wir fanden dich ganz toll!«
»Und den
Reporter fanden wir unmöglich«, fügte ich hinzu.
»Du warst
wirklich wunderschön«, sagte Merrill. »Sie haben [139] versucht, so zu tun, als wäre dein Sieg nur
Glück gewesen, aber du warst wirklich besser als die anderen Tanten.« Erstaunt
starrte sie ihn
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