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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Sorgen um ihre Brustwarzen wegen der Hupe.
    Erst als ich
sehe, wie der Edsel durch das Sojafeld düst, wird mir mein Schicksal bewußt. Und so erfror er am entenüberflogenen Ufer des Coralville-Stausees!
    Also begann ich mich durch die Sojafelder zu kämpfen, ohne den
Blick von dem dreckbespritzten Edsel zu lösen, der sich in der Ferne durch das
Maisstoppelfeld wühlte. Die Straße, auf der wir hergekommen sein mußten, konnte
ich nur mit Mühe als schwachen Strich in der Landschaft erkennen. Ich rannte
und rutschte nackt durch diesen Sumpf und setzte darauf, daß ich, wenn ich am
Seeufer entlanglief, ihr eventuell den Weg abschneiden und sie anhalten konnte.
Bis dahin war sie vielleicht eher in der Stimmung, sich anhalten zu lassen.
Aber womit sollte ich ihr zuwinken? Etwa mit meinem seltsam bekleideten Glied?
    Das
Kleiderbündel sicher und trocken unter den Arm geklemmt, watete ich durch
schmerzendes, messerscharfes Gras und schwammigen Dreck am vereisten Rand des
Stausees entlang. Ein schwarzer Schwarm Wasserhühner ergriff vor mir die
Flucht; [232]  ein paarmal
sank ich bis zu den Knien ein und spürte schrecklich glitschige, verfaulende
Dinge im schlammigen Untergrund. Aber mein Kleiderbündel hielt ich die ganze
Zeit hoch, und es blieb trocken.
    Dann war ich
auf einem noch nicht abgeernteten Maisfeld, inmitten von abgebrochenen
Pflanzenstengeln; das Laufen auf den unter den Füßen raschelnden Hülsen, die
spröde waren und scharf wie zerbrochenes Geschirr, war äußerst schmerzhaft. Ein
kleiner Teich lag zwischen mir und dem flachen Band der Straße; er war nicht so
fest zugefroren, wie es schien, und ich brach bis zu den Hüften ein und trat
auf den Stacheldraht eines Zaunes, der in den Teich gekippt war und von dem man
nur am Ufer die Pfähle sah. Doch ich war zu benommen, um die Schnitte noch zu
spüren.
    Jetzt konnte
ich unseren glücklichen Zusammenstoß schon vorhersehen. Lydias meergrüner Edsel
zog eine Staubwolke hinter sich her wie ein Drachen, der im Begriff ist, sich
in die Lüfte zu erheben. Ich erreichte den Straßengraben ein kurzes Stück vor
ihr, war aber zu erschöpft, um ihr zuzuwinken; ich stand nur da, mein
Kleiderbündel lässig unter den Arm geklemmt, und sah zu, wie sie vorbeidröhnte,
die Brüste gerade nach vorn gerichtet wie Scheinwerfer. Sie drehte den Kopf
keinen Millimeter herum, das Bremslicht leuchtete nicht einmal für den
Bruchteil einer Sekunde auf. Benommen begann ich ihr ein Stück
hinterherzulaufen, in ihrer Staubwolke, die so dicht war, daß ich von der
Straße abkam und nach Luft ringen mußte, ehe ich keuchend weitertapsen konnte.
    Ich lief immer
noch weiter, als der Edsel die Entfernung zwischen uns vergrößerte, und sah –
so nah, daß ich fast hineingerannt wäre – einen kleinen, roten Pritschenwagen,
der am Straßenrand stand. Ich lehnte mich gegen die Tür und merkte, daß ich nur
ein paar Schritte von einem Jäger entfernt war, der auf der Motorhaube eine
Ente säuberte. Er hatte den schlaffen Hals des [233]  Vogels über die Halterung des Außenspiegels
gehängt, so daß Blutstropfen und Erdklumpen auf die Straße herabfielen; an
seinem Jagdmesser und seinem dicken Daumen klebten Daunenfedern.
    Als er mich
sah, hätte er sich um ein Haar die Pulsader aufgeschnitten; er zuckte so heftig
zusammen, daß die Ente über die Motorhaube geschleudert wurde und am Kotflügel
entlang hinabrutschte, und stieß einen Schrei aus: »Ich glaub, ich spinne,
Harry…«
    Ich keuchte.
»Nein«, schnaufte ich, »ich heiße nicht Harry.« Den Mann auf dem Fahrersitz sah
ich nicht, obwohl sein Ellbogen nur ein paar Zentimeter von meinem Ohr entfernt
war.
    »Meine Scheiße,
Eddy«, antwortete der Fahrer, so nah, daß ich einen Satz zur Seite tat.
    Ich brauchte
eine kleine Verschnaufpause, um mich wieder zu fangen, und fragte dann ganz
beiläufig: »Fahren Sie nach Iowa City?«
    Sie starrten
mich eine ganze Weile an, aber ich war zu stolz und auch zu erschöpft, um mein
Bündel auseinanderzuwickeln und mich anzuziehen.
    Dann fragte
Harry: »Mein Gott, wollen Sie etwa nach Iowa City?«
    »So wird man
Sie bestimmt nicht in die Stadt lassen«, meinte Eddy, der wieder die
blutverschmierte Ente hielt.
    Ich zog mich
neben dem Lieferwagen an und bemerkte dabei, daß mein Kondom immer noch
dranhing. Aber wenn ich es jetzt abgenommen hätte, hätte ich damit vor den
beiden Jägern zu offen zugegeben, daß ich tatsächlich so ein Ding trug. Ich zog
also, ohne es überhaupt zu beachten,

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