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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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das ganze Zeugs aus dem Fenster.
    Irgendwo in
Massachusetts merkte Bogus, daß er sämtliche Kraftfahrzeugpapiere und
wahrscheinlich auch Kents Führerschein mit weggeschmissen hatte; die Zigaretten
würden also zusammen mit Kents Namen und Adresse gefunden werden. Er beschloß,
Kent zu sagen, das Handschuhfach sei ausgeraubt worden.
    Auf der Fahrt durch New Hampshire entspannte sich Trumper. In
Maine wählte er die längere Route an der Küste entlang, um die Zeit mit Colm
noch etwas auszudehnen. Er dachte über Biggie nach, über Couth und darüber, was
Biggie Colm wohl über seinen Vater erzählt hatte, und auch über die Freundin
seines Vaters. Doch es waren keine bitteren Gedanken, sie waren manchmal etwas
traurig, aber freundlich. Biggie trug kein Gift in sich.
    »Gefällt es dir
in Maine?« fragte er Colm.
    »Ja, klar.«
    [263]  »Auch
im Winter? Was kann man denn im Winter am Meer machen?«
    »Am Strand
spazierengehen, im Schnee«, antwortete Colm. »Und den Stürmen zugucken. Aber
wir schieben das Boot wieder ins Wasser, wenn ich heimkomme.«
    »Ach«, sagte
Trumper, »du und Mami?« Er wollte es nicht anders, er lenkte das Gespräch
absichtlich in diese Richtung.
    »Nein«,
antwortete Colm. »Ich und Couth. Das Boot gehört Couth.«
    »Du magst
Couth, oder?«
    »Klar doch.«
    »Hat es dir in
New York gefallen?« bettelte Trumper.
    »Klar doch.«
    »Ich mag Couth
und Mami auch«, sagte Bogus.
    »Ich auch«,
sagte Colm. »Und ich mag dich«, fügte er hinzu. »Und… wie heißt sie noch mal?«
    »Tulpen.«
    »Ja, Tulpen.
Ich mag sie«, sagte Colm. »Und dich, und Mami, und Couth.«
    Da haben wir’s,
dachte Trumper. Er wußte nicht, was er fühlte.
    »Kennst du
Daniel Arbuthnot?« fragte Colm.
    »Nein, kenn ich
nicht.«
    »Also den mag
ich nicht so.«
    »Wer ist das
denn?«
    »Ein Junge aus
meiner Schule«, sagte Colm. »Der ist ganz schön doof.«
    Am Flughafen von Portland fragte Biggie Trumper, ob er mit nach
Georgetown kommen wolle; es war ja nur noch eine Autostunde entfernt, und er
könne über Nacht dort bleiben; Couth würde sich freuen. Doch Bogus spürte, daß
Biggie ihn eigentlich nicht dahaben wollte, und er wollte es eigentlich auch nicht.
    [264]  »Sag
Couth, es tut mir leid, aber ich muß zurück nach New York«, sagte er. »Ralph
sitzt wie auf heißen Kohlen wegen einem neuen Film.«
    Biggie sah zu
Boden. »Wer ist der Hauptdarsteller?« fragte sie, und als Bogus sie anstarrte –
ein Woher-weißt-du?-Blick –, sagte sie: »Ralph war hier. Er ist einmal übers
Wochenende gekommen und hat mit mir und mit Couth geredet.« Sie zuckte mit den
Schultern. »Ich hab nichts dagegen, Bogus«, sagte sie. »Aber ich verstehe
nicht, warum du irgendwas mit einem Film zu tun haben willst, der sich um…
Worum dreht er sich eigentlich?« fragte sie ihn ärgerlich. »Das möchte ich
wirklich gerne wissen.«
    »Du kennst
Ralph doch. Ich glaub nicht mal, daß er weiß, worum es in dem Film geht.«
    »Weißt du, daß
er mit mir schlafen wollte?« fragte sie ihn. »Wieder und wieder.« Sie redete
sich in Rage. »Mein Gott, selbst als er übers Wochenende gekommen ist, hat er’s
probiert, obwohl Couth doch da war…«
    Trumper
scharrte mit dem Fuß auf dem Boden. »Diese Frau«, sagte Biggie, und Trumper
blickte hoch. »Tulpen?« fragte Biggie.
    »Richtig«,
sagte Colm. »Tulpen.«
    Sie gingen ums
Auto herum. Colm war damit beschäftigt, das Fischglas auszupacken, das in
Stanniolpapier eingewickelt und mit einem Band verschnürt war.
    »Was ist mit
ihr?« fragte Trumper.
    »Also, Ralph
sagt, daß sie nett ist«, sagte Biggie. »Ich meine, wirklich nett.«
    »Ja, das ist
sie auch.«
    »Also, mit ihr
will er auch schlafen«, sagte Biggie. »Das solltest du vielleicht wissen…«
    Trumper wollte
Biggie erzählen, daß Ralph schon mit Tulpen geschlafen hatte, und daß es ihn
vielleicht fuchste, daß er es jetzt [265]  nicht mehr tun konnte, daß aber sonst nichts dahintersteckte;
doch er sagte nichts, er wirkte nur so, als läge es ihm auf der Zunge.
    »Bogus«, sagte
Biggie, »bitte sag jetzt nicht, daß es dir leid tut. Nur dieses eine Mal, sag
es bitte nicht. Du sagst es immer.«
    »Aber es tut mir leid, Big.«
    »Das sollte es
nicht«, sagte Biggie. »Ich bin glücklich, und Colm auch.«
    Er glaubte ihr,
doch warum machte es ihn so wütend? »Und du?« fragte sie ihn.
    »Was?«
    »Bist du
glücklich?«
    Er glaubte
schon, irgendwie, doch er drückte sich um eine Antwort. »Es war schön mit
Colm«, sagte er.

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