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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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»Wir sind in den Zoo gegangen und in ein Puppentheater…«
    »Und in ein
Museum!« sagte Colm. Er hatte das Fischglas ausgepackt und hielt es hoch, um es
Biggie zu zeigen. Doch der Fisch trieb auf der Wasseroberfläche.
    »Oh, wie
schön«, sagte Biggie.
    »Er ist tot«,
sagte Colm, doch es klang nicht sehr erstaunt.
    »Du kriegst
einen neuen«, sagte Trumper. »Du kannst ja noch mal zu uns kommen«, fügte er
hinzu, ohne Biggie anzusehen. »Möchtest du?«
    »Klar.«
    »Oder dein
Vater kann uns besuchen kommen«, sagte Biggie.
    »Ja, und ich
kann dir einen Fisch mitbringen«, sagte Bogus.
    »Da war ein
gelber und ein roter«, erzählte Colm Biggie. »Und ganz viele Wasserschildkröten.
Vielleicht wäre eine Schildkröte nicht so schnell gestorben.«
    Ein kleines
Flugzeug hob in der Nähe ab, und Colm beobachtete es. »Ich wünschte, ich wäre
mit dem Flugzeug zurückgekommen«, jammerte er. »Mit dem Flugzeug dauert es
nicht so lange, und dann wäre der Fisch vielleicht nicht gestorben.«
    Trumper, dem
Fischtöter, lag es auf der Zunge zu sagen: [266]  ›Vielleicht kann ihn der großartige Couth wieder lebendig
machen.‹ Doch eigentlich wollte er es gar nicht sagen, im Gegenteil, er fühlte sich
hundeelend, weil er es überhaupt gedacht hatte.

[267]  20
    Sein Schritt
    Er ließ Frau und Kind in Iowa zurück
    und kaufte sich ein Flugticket.
    Ralph Packer,
aus der Erzählung
›Der Griff in die Scheiße‹
    Er steht auf dem dunklen Bürgersteig, durch eine Hecke vor dem
Licht der Straßenlaterne geschützt, und erweist Biggies hellerleuchtetem
Fenster und Mr. Fitch, dem Nachtwächter seines eigenen und der benachbarten
Rasen, seine Reverenz. Fitch winkt ihm zu, und Bogus humpelt vorsichtig los in
Richtung Innenstadt, schleppt sich langsam den Grasstreifen zwischen Gehweg und
Straße entlang; im Schatten zwischen den Laternenpfählen fällt er in einen
Laubhaufen, den jemand dort zusammengekehrt hat.
    »Man muß früh
aufstehen, wenn man Enten jagen will!« ruft ihm Mr. Fitch zu, der einem
wirklich alles glaubt.
    »Genau!« ruft
Bogus zurück und blutet weiter in Richtung ›Benny’s‹, wo er Ralph Packer in
einem Meer von Bier vorfindet. Doch Trumpers schmerzvoller, spektakulärer
Auftritt ernüchtert Ralph schlagartig.
    Packer ist so
vernünftig und interveniert, als Bogus sich auf einen harmlosen dicken
Studenten in weißem Gandhigewand mit einem Tao-Abzeichen und Punkerfrisur
stürzt. Bogus faucht ihn an: »Wenn du sagst, du liebst alle Menschen, dann
werde ich dir mit einem Glasaschenbecher deinen fetten Wanst aufschlitzen…«,
nimmt einen und sagt: »Mit diesem Glasaschenbecher hier.«
    [268]  Packer
schiebt Bogus vor seiner eigenen Bierfahne her hinaus auf die Clinton Street
und schleppt ihn am Bordstein entlang zu seinem Rennrad. Mit dem typischen
Durchhaltevermögen des Volltrunkenen strampelt Ralph sich und Bogus hinunter
zum Fluß, über die Brücke und den langen, lungenmordenden Hügel hinauf zur
Universitätsklinik. Dort wird Trumper wegen eiternder Fußverletzungen,
Hautabschürfungen und Schnittwunden behandelt und wieder nach Hause entlassen.
    Den ganzen Sonntag verbrachte Trumper rücklings auf Ralphs
Couch, die Füße, in denen das Blut pochte, auf einen Stapel Kissen gelegt.
Fiebervisionen in Ralphs häßlichem Zweizimmerapartment: Er hatte den Geruch von
Kotz, wie er Ralphs Köter nannte, und den Duft von Pomade, der durch die Dielen
von dem Friseursalon direkt unter Ralphs Wohnung in der Jefferson Street
hochstieg, in der Nase.
    Einmal
klingelte das Telefon, das auf einem Tisch hinter seinem Kopf stand. Nur mit
Mühe kam Bogus an den Hörer, und eine seltsame Frau teilte ihm mit, er solle
sich ins Knie ficken. Er erkannte die Stimme nicht, aber ob es nun am Fieber
lag oder seiner festen Überzeugung entsprang, jedenfalls glaubte er keinen
Augenblick, daß der Anruf für Ralph bestimmt war.
    Bis zum
Einbruch der Dunkelheit hatte Bogus mehrere vage, impulsive Ideen in eine Form
gebracht, die man mit viel Wohlwollen als Plan bezeichnen konnte. Overturf, der
es nie unter einem Drama tat, hätte es wahrscheinlich ein Komplott genannt.
    Trumper hatte Mühe, sich an den kurzen Brief seines Vaters zu
erinnern, den er, in kleine Fetzen zerrissen, zu Risky Mouse hinuntergeworfen
hatte:
     
    Mein Sohn,
    nach langen,
ernsthaften Überlegungen möchte ich zunächst [269]  feststellen, daß mir dein bisheriges Verhalten,
sowohl im Privatleben als auch in bezug auf deine berufliche Karriere,

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