Die wilde Jagd - Roman
nächsten Kreuzung und spähte um die Ecke. Feuerschein rahmte sein Gesicht ein, und sofort duckte er sich in die Schatten. Gair packte die Zügel des Grauen und lenkte Shahe neben ihn.
»Was ist passiert?«
Alderan blickte finster drein. »Ich war der Meinung, dass keine Bücher mehr verbrannt werden«, knurrte er. »Sieh es dir selbst an.«
Gair stieg ab und steckte den Kopf um die Ecke des Hauses. Auf der anderen Seite des Platzes stand die Kirche; ihre zersplitterten Türen hingen schief in den Angeln – wie gebrochene Zähne im Mund eines verprügelten Mannes. Gestalten in weißen Roben huschten hinein und heraus und trugen zahllose Bücher zu einem lodernden Feuer am Fuß der Treppe, die zu den Türen hochführte. Im zuckenden gelben Licht ermunterte eine massige, bärtige Gestalt eine Menge von zweihundert oder mehr Bürgern zu lautem Jubelgeschrei.
Der Mann hatte die Arme weit ausgebreitet, und sein Kopf schnellte vor und zurück, während er mit dröhnender Stimme einen Schwall von Worten auf Gimraeli ausstieß. Gair verstand kaum etwas, doch der Hass und die Wut des Mannes benötigten keine Übersetzung. Gair schaute entsetzt zu, als zwei Personen aus der Kirche kamen und gemeinsam ein einzelnes, riesiges Buch trugen. Der kultistische Eiferer wirbelte herum, deutete auf das Buch, und die beiden anderen hoben es hoch und öffneten es bei einer wundervoll ausgeschmückten Seite, sodass alle es sehen konnten.
»Das ist das Buch Eador!«, stieß Gair hervor.
Unter den zustimmenden Rufen der Menge trat der Eiferer auf seine zwei Helfer zu, riss eine Seite nach der anderen aus dem Buch und warf sie in die Flammen. Dann schleuderten die drei gemeinsam den ganzen Band in das Feuer, das Funken und Rauch spuckte. Die Stimme des Eiferers wurde noch schriller, und Speichel flog aus seinem Mund, als er auf die sich kräuselnden Seiten zeigte.
Gair wurde übel. »Sie verbrennen heilige Bücher, Alderan. Wie können sie es wagen? Wie …«
Alderan zerrte ihn von dem Platz weg und drückte ihm Shahes Zügel in die Hand. »Wir müssen von hier verschwinden, bevor sie bemerken, dass wir nicht hierher gehören, und wir denselben Weg wie die Bücher nehmen.«
Gair stieg auf. Ihm war noch immer schwindlig von dem, was er beobachtet hatte. »Welchen Weg nehmen wir?«
»Quer über den Platz, dann scharf nach links und südwärts, und zwar so schnell du kannst.«
Der alte Mann gab seinem Pferd die Sporen, und der Graue sprang vorwärts. Shahe brauchte keine Ermunterung, um dem anderen Pferd zu folgen. Einige überraschte Rufe ertönten von der Treppe vor der Kirche. Durch das Hufgeklapper hindurch hörte Gair das Geräusch eiliger Schritte und stellte sich vor, wie der Pöbel hinter ihnen herstürmte. Er beugte sich tief hinunter, bis er fast auf dem Hals der Stute lag, und trieb sie zum Galopp an.
Straße um Straße flog an ihnen vorbei, und kein menschliches Wesen ließ sich mehr blicken. Hier und dort quietschten Fensterläden, und manchmal wurden Türen zugeschlagen, als die Reiter vorbeistürmten. Das Hufgetrappel hallte durch die dunklen Straßen. Die Laute der Verfolger blieben rasch zurück, doch Gair hörte noch immer die Stimme des hasserfüllten Kultisten, so ätzend wie Säure, und er sah noch immer, wie sich die handgeschriebenen Seiten des heiligen Buches kräuselten und zu Asche zerfielen.
Der Platz vor dem Südtor lag silbrig im Mondlicht. Fackeln brannten an dem gedrungenen Torhaus, und das Tor selbst war geschlossen. Beim Klang der Hufe sprangen vier Wächter mit weiteren Fackeln aus dem Gebäude; es waren Stadtwachen in gehärteten Lederrüstungen und mit Krummschwertern an der Hüfte. Hastig zog Gair sich den Sandschleier vor das Gesicht.
»Wer ist da?« Der Hauptmann der Wache hielt seine Fackel hoch und blinzelte in die Nacht.
Alderan lenkte sein Pferd quer über den Platz: Staub wirbelte unter den Hufen des Grauen auf. »Öffnet die Tore!«, brüllte er. Er benutzte die gemeinsame Sprache, aber mit einem schweren Gimraeli-Akzent. »Ein Kurier will hinaus!«
»Halt!« Der Hauptmann der Wache trat vor und hielt die Fackel vor sich. »Verflucht, ich sagte hal t !«
Alderan musste sein Pferd zügeln, damit er den Mann nicht in Grund und Boden ritt. Hinter ihm hielt Gair Shahe mit einigen Schwierigkeiten an, denn die Stute tänzelte und brach immer wieder aus. Unter seinem Gewand griff er nach dem Griff des Qatan.
»Tritt beiseite! Ein Bote Seiner Majestät!«, rief Alderan.
»Auf wessen
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