Die Wilden Hühner
hoffe, das frische Stroh reicht noch.«
»Was du alles weißt!«, murmelte Frieda und beförderte das alte Stroh aus dem Fenster.
»Was soll ich mit den Eiern machen?«, fragte Trude.
»Leg sie in den Vorraum«, sagte Sprotte.
»He, hier sind auch noch welche!«, rief Frieda. »Ganz hinten unter den Stangen.«
»Ach, wieder ein verstecktes Nest«, sagte Sprotte. »Das machen sie oft. Vielleicht finden wir sogar irgendwo noch eins.« »Ist ja auch gemein, dass man ihnen ihre Eier dauernd wegnimmt«, sagte Melanie, die jetzt verbissen unter den Stangen herumkratzte.
»Würden das eigentlich alles Küken werden?«, fragte Trude und betrachtete unbehaglich das Ei in ihrer Hand.
»Quatsch!« Sprotte kicherte. »Wie soll denn das gehen ohne Hahn?«
»Ach so, ach ja!«, stotterte Trude und wurde rot. »Na, tröste dich«, sagte Sprotte. »Die Hennen denken auch, dass da Küken drinstecken. Ab und zu setzen sie sich allen Ernstes drauf und versuchen sie auszubrüten.«
Nach einer Stunde war der Hühnerstall so sauber, dass selbst Oma Slättberg nichts zu meckern gehabt hätte. Das frische Stroh duftete und die vier Mädchen waren rundum zufrieden mit sich und der Welt.
»Jetzt stellen wir uns unter den Schlauch«, sagte Sprotte. »Dahinten bei der Regentonne. Da kann uns keiner sehen.« »Bah, meine Sachen sind klitschnass geschwitzt«, sagte Frieda. »Hast du irgendwas hier, was ich nachher anziehen kann?«
»Ich hab mir was mitgebracht«, sagte Melanie, lief zu ihrem Fahrrad und holte eine große Plastiktüte.
»Ich halt's nicht aus!«, sagte Sprotte und verdrehte die Augen. Aber dann holte sie aus dem Haus doch frische T-Shirts für sich, Frieda und Trude. Oma Slättbergs Regentonne stand hinterm Haus, auf einem kleinen Plattenhof, umgeben von hohen Fliederbüschen. Die Mädchen hängten ihre verschwitzten Sachen in die Büsche und legten die frischen in sicherer Entfernung auf einen Stuhl. Dann drehte Sprotte das eiskalte Wasser auf.
Kreischend und kichernd hopsten sie in dem kalten Wasserstrahl herum, spritzten sich gegenseitig nass und tanzten auf den glitschigen Platten, bis ihre Lippen blau waren.
Aber gerade als Sprotte schlotternd zum Wasserhahn lief, um ihn abzudrehen, geschah es.
Ein paar Arme schoben sich durch die Fliederbüsche, rissen ihre Kleider von den Zweigen und packten die frischen Sachen auf dem Stuhl samt Melanies Plastiktüte. Das Ganze ging so schnell, dass die Mädchen nur wie erstarrt dastanden.
»Na?«, kiekste es zwischen den Büschen und drei Jungensköpfe grinsten sie schamlos an.
»Hui, hui!«, flötete Torte. »Das gehört sich aber nicht! Wenn das die Nachbarn sehen!«
»Verschwindet!«, brüllte Sprotte, während Frieda sich hinter der Regentonne versteckte und Melanie und Trude sich hinter Sprottes Rücken verbargen.
»Klar, wir gehen ja schon!«, sagte Torte. »Und eure Sachen nehmen wir mit. Die kriegt ihr morgen zurück. Aber kommt besser nicht so in die Schule!«
Steve kicherte hysterisch und Willi wurde dunkelrot und guckte auf seine Füße. Dann schlugen die Zweige wieder zusammen - und die Jungs samt allen Kleidern waren verschwunden.
»Ihr Spanner!«, rief Melanie ihnen hinterher. Schlotternd stürzten sie zu den Büschen, lugten hindurch und sahen die drei Räuber mit ihren Klamotten unterm Arm über Oma Slättbergs Gemüsebeete davonhüpfen.
»Haaaalt!«, schrie Sprotte. »Ihr gemeinen Kerle!«
Aber die Jungs winkten ihnen nur kichernd zu, warfen Kusshändchen und verschwanden durchs Gartentor.
Die Wilden Hühner standen bibbernd da und sahen sich an. Frieda kam hinter der Regentonne hervor.
»Dann hab ich mich doch nicht verhört«, sagte Trude. »Die ganze Zeit warn sie schon da. Garantiert.«
»Wo waren sie? Was redest du denn da?«, fragte Sprotte. »In den Johannisbeerbüschen«, sagte Trude. »Da hat's immer so komisch geraschelt.«
»Und das hast du uns nicht gesagt?«, brüllte Sprotte los. »Ich dachte doch, ich ...« Schluchzend presste Trude sich die tropfenden Finger vors Gesicht.
»Lass sie in Ruhe!«, fauchte Melanie Sprotte an. »Das hast du nun von deinem blöden Bandenquatsch.«
»Okay, okay. Ich hab's nicht so gemeint«, murmelte Sprotte. »Kommt, wir gehn ins Haus und suchen uns was anzuziehen«, sagte Frieda. »Oder wollt ihr euch 'ne Lungenentzündung holen?«
Eng aneinander gepreßt und splitternackt wie gerupfte Hühner flitzten sie ums Haus herum. Natürlich lugte gerade da mal wieder Herrn Feistkorns
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