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Die wilden Jahre

Die wilden Jahre

Titel: Die wilden Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Verrats militärischer Geheimnisse.«
    »Damit hat – Gott sei Dank – mein Ausschuss nichts zu tun«, versicherte Umlauf.
    »Aber die Protokolle Ihres Ausschusses werden am gleichen Ort verwahrt«, erklärte der Kriminalist.
    Umlauf begriff sofort und war erleichtert. Wenn sich bei viel gravierenderen Dingen herausgestellt hatte, daß eine Stelle des Hauses undicht war, konnte man ihm und seinen Leuten keinen Vorwurf machen, fahrlässig gewesen zu sein.
    »Sie erstatten also Anzeige gegen Unbekannt?« fragte Kubitzka.
    »Ja.«
    »Kennen Sie einen Verdächtigen?«
    »Mein Ausschuss«, antwortete Umlauf, »berät ein Gesetz, das einen Finanzmakler namens Ritt betrifft.«
    »Bekannt.«
    »Dieser Ritt hat natürlich das größte Interesse, Sand in die Maschine zu streuen.«
    Der Kriminalist nickte.
    »Die Zeitung, in der dieses Gewäsch erscheint, gehört ihm.«
    »Zum Teil«, schränkte Kubitzka ein.
    »Andere Blätter beginnen bereits, in ihren Kommentaren auf die Linie des Tageskuriers einzuschwenken. Es ist jetzt schon sicher, daß die Lex Ritt zumindest später herauskommt als …«
    »Alles keine Beweise.«
    »Beweise sind Ihre Aufgabe«, konterte der Vorsitzende. »Ich appelliere an Ihren Verstand. Seit Wochen stehen in den Boulevardzeitungen diese Ritt-Märchen; aus welch trüber Quelle sie gespeist werden, dürfte klar sein. Gleichzeitig hat diese Firma die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft angekündigt und die Zulassung von Ritt-Papieren an der Börse beantragt. Diese Aktien – ich weiß nicht, ob Sie etwas von Wertpapieren verstehen …«
    »Einiges«, antwortete der Kommissar träge.
    »… diese Aktien sind bei normalen Interessenten so gut wie unverkäuflich; jeder weiß, daß der Mann am Ende ist. Ritt mußte also etwas unternehmen, eine Bombe hochgehen lassen. Finden Sie den Zünder.«
    »Ich danke Ihnen für Ihre Geduld«, antwortete Kubitzka und verabschiedete sich.
    Er war loyal, seit je, diente seinen Herren – wenn auch verschiedenen, so doch nacheinander; Kubitzka kam von ganz unten, hatte es zu etwas gebracht und immer begriffen, worum es ging. Als er Italien nach Juden durchkämmen sollte, waren von ihm mehr ausfindig gemacht worden als von seinen Kollegen; als ihm ein Vorgesetzter in Dänemark stillschweigend bedeutete, daß er mit Juden nichts zu tun haben wolle, konnte Kubitzka keine finden – ein Mann, der Winke begriff und nunmehr auch wußte, daß hinter Umlauf eine Regierung stand, die ihn – den Mann von gestern und vorgestern – heute mit beträchtlichen Machtbefugnissen: Zeit, Geld und Handlangern, ausgestattet hatte. Kubitzka würde nichts unversucht lassen, diesen Ritt zu überführen – wenn es auch vorderhand wichtiger war, den Landesverrat aufzuklären.
    Der Kriminalkommissar, allen lokalen Schwierigkeiten enthoben, jeglichen parteilichen Reibereien entzogen, nistete sich mit seinen Helfern im Bundeshaus ein. In dem Ausschuss gab es sechzehn Abgeordnete, so daß der Kriminalist siebzehn – Umlauf mitgerechnet – auf die Liste der Verdächtigen setzte.
    Drei Bedienstete fielen der Sicherungsgruppe Bonn durch Geldausgaben auf: einer hatte geerbt, bei einem zweiten arbeitete die Frau mit, der dritte war Regierungsamtmann Wirth, ein Beamter alter Schule, gegen den lediglich der Besuch der benachbarten Spielbank in Bad Neuenahr sprach, bei dem ihn eine plappernde, dümmliche Sekretärin zufällig überrascht hatte.
    Kubitzka folgte der Spur schnell; er wies bei einem Wochenendausflug einhundertsechzehn Mark Ausgaben nach. Dieser Betrag – ungleich niedriger als die Spesen der Ermittelnden – machte Wirth so verdächtig, daß nunmehr Brieftasche, Küche, Keller, Benzintank, Wohnung, Kleidung und Bett des Beamten einer erbarmungslosen Durchleuchtung ausgesetzt wurden; Wirths Leben wurde seziert, sein Charakter analysiert, jede Sünde gefunden und nach seiner Besoldungsgruppe gewogen. Aber noch immer schnitt der Verdächtige gut ab.
    Für ihn sprachen neunundzwanzig pünktlich absolvierte Dienstjahre sowie die Tatsache, daß er Antialkoholiker war.
    Gegen ihn sprachen ein Wochenendausflug nach Neuenahr, zwei Besuche in einem Kölner Bordell, knapp fünftausend Mark Ersparnisse – trotz des Bankgeheimnisses erfuhr der Fahnder die genaue Höhe – und ein Bruder, der in der Ostzone lebte.
    Man überwachte Post und Telefon und kam nicht weiter, bis Kubitzka selbst nach Bad Neuenahr fuhr, ausgestattet mit einem Foto Wirths, das er den Croupiers vorlegte. Einer

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