Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)
und Mitch säbelte am Schinken herum.
Lilli trank einen Schluck von der rahmigen Milch. Alle griffen zu und aßen mit herzhaftem Appetit. Nur Giulia nicht. Sie hielt ihr Notebook im Arm und drehte sich im Kreis. »Wo ist denn die Steckdose?«, fragte Giulia in einem so verzweifelten Ton, als würde sie die Antwort bereits kennen.
»Hier gibt’s koan Strom!«, murmelte Gelatino.
»Und wo ist das Bad?« Giulias Stimme bebte.
»Wir waschen uns draußen an der Quelle!«, erklärte Ole.
Mitch klopfte mit dem Messerrücken an eine Wasserkanne. »Bestes Trinkwasser!«
»Und wo ist mein Zimmer?« Giulia machte ein Gesicht, als wollte sie gleich losweinen.
Gelatino sprang um den Tisch herum, an einem Ungetüm von gusseisernem Ofen vorbei und stieß eine schmale Tür auf. »Es is nur a kloane Kammer, aber a Fenster hat’s!«
Giulia zerrte ihren Rollkoffer hinter sich her in die Kammer und knallte die Tür.
»De ist zua!«, murmelte Gelatino. »Sie braucht a Liacht!« Er griff nach einer der Taschenlampen und setzte eben an, vorsichtig an Giulias Tür zu klopfen, da wurde sie auch schon wieder aufgerissen. Giulia nahm ihm die Lampe aus der Hand und nochmals fiel die Kammertür ins Schloss, um sich kurz darauf erneut zu öffnen. »Und wenn ich mal muss?«, fragte Giulia, darum bemüht, sich einen letzten Rest Würde zu bewahren.
»Ums Haus rum!«, sagten alle vier
Olme
wie aus einem Mund. »An der hinteren Stallwand!«
Gelatino reichte Giulia eine Rolle Klopapier.
»Warte, Giulia!« Bob sprang auf. »Ich komm gleich mit!«
»Wir auch!«, verkündeten die anderen Mädchen.
Also schnappte sich jedes
Wilde Küken
eine Taschenlampe und dann wanderten sie hinter Giulia her um das Haus herum. Eine nach der anderen marschierte über den schmalen Weg zwischen den beiden Gebäuden, bog um die Ecke und blieb neben Giulia stehen. Alle fünf Taschenlampen leuchteten auf eine Brettertür, in die ein herzförmiges Loch gesägt war.
Nicht nur Giulia rümpfte die Nase – und auch nicht nur Very, sondern alle. Die Klohütte war etwa so groß wie eine Telefonzelle. Statt einer Toilettenschüssel mit Spülung gab es ein Brett über einer Sickergrube und einen Eimer mit Wasser.
Es dauerte eine Weile, bis alle fertig waren. Die Jungs waren so freundlich, gleich mehrere Eimer zu füllen und vor dem Klohäuschen abzustellen.
Zum Händewaschen führten die Jungs die Mädchen über den Vorplatz an den Brunnen der Alm. Leise plätschernd ergoss sich dort Quellwasser aus einer Holzrinne in den länglichen Trog, der aus einem ausgehöhlten Baumstamm bestand.
Lilli hielt ihre Hände in den eiskalten Wasserfaden. Ole schöpfte einen weiteren Eimer aus dem Brunnentrog. »Man gewöhnt sich dran, Oberküken!«
Obwohl Lilli stark bezweifelte, sich jemals an die Herzchenbude gewöhnen zu können, nickte sie müde.
Gelatino hatte drinnen inzwischen den Tisch abgeräumt und trat vor die Kammertür. »Wenn was is, Giulia, klopfst einfach an d’Wand!« Von Giulia kam keine Antwort. »I schlaf in dem Kabuff glei’ neben deiner Kammer!«
Lilli leuchtete mit der Taschenlampe in den Raum, den Gelatino Kabuff genannt hatte. Die Tür war noch schmaler als die von Giulias Kammer. Links und rechts standen Regale mit allen möglichen Werkzeugen und Utensilien und dazwischen war ein Feldbett gezwängt, auf dem ein Schlafsack lag.
Gelatino wies mit dem Strahl seiner Taschenlampe auf eine Stiege. »
Wuide Küken
und
Olme
da nauf!« Er blies die Kerzen aus und verzog sich in sein Kabuff.
Wie echte Kavaliere trugen die
Grottenolme
das Gepäck der Mädchen die steile Stiege hinauf und zeigten ihnen ihren Schlafplatz. Eine Bretterwand teilte den Dachboden in zwei Hälften, links und rechts davon lagen vier dünne Matratzen auf dem Boden.
Während Lilli, Bob, Very und Enya diesseits der Bretterwand noch die Matratzen verrückten und ihre Schlafsachen auspackten, machten es sich die
Grottenolme
jenseits der Bretterwand bereits gemütlich und schalteten ihre Taschenlampen aus.
Die Mädchen sortierten die vielen Kissen, die es hier in allen Größen und in unterschiedlich gutem Zustand gab. Very schnüffelte an jedem und verzichtete zu guter Letzt ganz darauf. Endlich schlüpften auch die
Wilden Küken
in ihre Schlafsäcke.
»Pennen die schon?«, flüsterte Bob.
Alle vier
Küken
richteten ihre Taschenlampen auf die Bretterwand und lauschten kurz. Erst regte sich nichts. Aber dann kam einer der Jungs mit einem Stapel Wolldecken im Arm hinter der Brettwand
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